links-lang fetzt!

30.06.2001
geistige Sprengsätze nun hinter Gittern basteln

Nu isser weg vom Fenster. Erstmal. Denn am Freitag hat das Landgericht Rostock den 72jährigen Altnazi Manfred Roeder zu fünfzehn Monaten Haft verurteilt, weil er im Wahlkampf '98 zum gewaltsamen Umsturz der BRD aufgerufen hatte.
Vom Gericht herausgestellt wurde Roeders Rolle als geistiger Brandstifter, dessen haßerfüllter Rassismus vor allem bei aktionsorientierten Jugendlichen auf fruchtbaren Boden fällt. Früher hat er sich nicht nur damit zufriedengegeben - schon 1980 wurde ihm "Rädelsführerschaft in einer terroristischen Vereinigung" vorgeworfen, wie die Ostseezeitung berichtet. Bei einer Reihe von Sprengstoff- und Brandanschlängen wurden zwei Menschen aus Vietnam ermordet. Weitere seiner Taten für Deutschland sind beim IDGR nachzulesen.
Ob die Strafe auf Bewährung ausgesetzt ist, darüber wird in den Pressemitteilungen geflissentlich geschwiegen. Aber vielleicht wird sie sowieso noch geändert, denn die Verteidigung des Nazis behielt sich eine Revision vor. Roeder hatte auf eine Strafe von 60 Tagessätzen wegen Beleidigung des damaligen Vorsitzenden des Zentralrates der Juden, Ignatz Bubis, als "Gauleiter" bestanden.

30.06.2001
Tore zu für Nazis

Immer noch nicht einig sind sich die offiziellen Kräfte Neubrandenburgs über ihren geplanten Protest gegen die Nazi-Demo in der Stadt am 14. Juli, wie die Neubrandenburger Zeitung, Regionalausgabe des Nordkuriers, berichtet. Ein Verbot hält der momentane Oberbürgermeister Helmut Zimmermann, SPD, rechtlich nicht für möglich. Trotzdem hatten sich alle drei Fraktionen des Stadtrates darauf geeinigt, ihn aufzufordern, die Demo nicht zu genehmigen.
Mit "demokratischen und friedlichen" Mitteln soll dann auch am Tag des Aufmarsches gezeigt werden, daß Faschismus in der Stadt unerwünscht ist. Ein Fest mit Vereinen, Verbänden und Institutionen ist geplant, dessen Einzelheiten jedoch noch festgelegt werden müssen. Dieses ist für die Stadtpräsidentin Dolores Brunzendorf, PDS, etwa an allen vier Toren der Stadt verknüpft mit einer Abschlußveranstaltung in der Marienkirche oder am Markt denkbar. Wahrscheinlich schön weit weg vom Nazi-Aufmarsch. Ignorieren ist schließlich eine beliebte Methode öffentlicher Entscheidungsträger, mit Faschisten umzugehen.

30.06.2001
Urteil um Obdachlosenmord in Wismar

Zu lebenslanger Haftstrafe wurde der Haupttäter im Prozeß um den wismarer Obdachlosenmord, der 21jährige Bernd J., verurteilt. Vier weitere Täter wurden wegen Mordes aus niederen Beweggründen oder Totschlags zu Strafen zwischen sechs Jahren und neun Monaten und vier Jahren und drei Monaten verurteilt. Nur einem einzigen der Täter wurde eine verminderte Schuldfähigkeit zugesprochen, weil er nach der Zechtour zum 21. Geburtstag von Sven Sch. schon arg betrunken war. Die Verteidigung kündigte an, Berufung einzulegen.

Das Urteil war das letzte von vieren in einer Reihe von Urteilen wegen Morden an Obdachlosen in McPomm. Zwei Menschen in Greifswald und ein weiterer in Ahlbeck wurden außerdem noch im letzten Jahr ermordet. Während nicht in allen Fällen feste Verbindungen zur rechtsextremen Szene vorliegen, ist interessant und auffällig, daß diese mitunter in der Presse konstruiert wurden. Eine gesunde Volksgemeinschaft, in der Schwache und Schmarotzer nichts zu suchen haben, ist in der Tat eines der Wesensmerkmale des Rechtsextremismus, das durch dessen kulturelle Hegemonie in McPomm auch in die Köpfe von Menschen, die nicht unbedingt den Nazis zuzurechnen sind, gepflanzt wird. Doch nicht zu leugnen ist auch, daß das gegenwärtige System aus Kapitalismus und Demokratie die vom Nationalsozialismus auf die Spitze getriebene Leistungsideologie predigt. Als aktuelles Beispiel sei nur die Faulenzerdebatte genannt, die ja auf fruchtbaren bei Feuilletonisten und Kommentatoren fällt, für die sonst auch die Nazis beliebte Schuldgruppe sind...

27.06.2001
beste "Kapitalverwertungsbedingungen" in Neustrelitz - Bahnbetriebswerk muß schließen

Sie schimpfen und zetern, sie sind empört und enttäuscht, die Beschäftigten und Gewerkschaftler, aber vor allem die Politiker. Die böseböse Bahn, die da das Bahnbetriebswerk in Neustrelitz zum Ende des Jahres schließen will, hat sich konstruktiven Lösungen verweigert, hat sogar den Eindruck erweckt, es weiter zu betreiben. Nu wird zum Ende des Jahres dichtgemacht.
Mit dem Weiterschieben der Schuld machen es sich die Volksvertreter da aber etwas zu einfach. Wird doch die Umstrukturierung der Deutschen Bahn von ihren Parteien vorangetrieben und wurde theoretisch als Teil der Privatisierung aller öffentlichen Betriebe auch vorgedacht. Daß da so ein kleines Reparaturwerk in der Pampa schließen muß, das nutzlos geworden ist, ist Teil der Rationalisierungsmaßnahmen. Gewinn, Gewinn, Gewinn, weg von der Bahn für die Bürger zur Bahn für Betuchten, dafür steht das neue Konzept der Bahn, und das wird auch von den Bütteln in der Politik getragen.
Anteilnahme ist da nur heuchlerisch. Das Land kann entscheidenden Einfluß auf die Bundespolitik nehmen, wenn es nur will, und sich zum Beispiel auch mit anderen betroffenen Ländern kurzschließen. Ein Hoffen jedoch, daß es von den Umsetzern bester "Kapitalverwertungsbedingungen" in der Wirtschaft, wie sie ja neuerdings auch die PDS fordert, übersehen wird, ist einfältig.
Gerede und Gerede, das nützt den über 200 betroffenen ArbeiterInnen und knapp 50 Lehrlingen auch nix. Weder von Seite der Bahn, der Politik noch unserer bescheidenen hier. Vielleicht können ihnen ja erstere noch Stellen vermitteln, als Kutscher bei den Louisefestspielen oder Stadtführer, das ist schließlich die gewollte Zukunft Mecklenburgs. Wir würden als Betroffene die Möglichkeit der vielen durch Arbeitslosengeld finanzierten freien Zeit für den Versuch nutzen, das hinter den Rationalisierungen steckende System besser durchblicken zu können. Und vielleicht erste Schritte in die Richtung tun, es zu destablisieren, gegen die Wand fahren zu lassen. Und ohne Betriebswerke kanns dann auch nicht mehr repariert werden.

27.06.2001
Giftgas in Rostock

Untenstehende Info, die schon vom 18. Juni und damit etwas älter ist, haben wir auf der Seite des greifswalder Zeitschriftenprojekts Likedeeler gefunden:

Proben für den E-Fall? MilitärgegnerInnen narrten Bundeswehr und AnwohnerInnen
Für viel Wirbel, Entsetzen, Verärgerung und klammheimliche Freude hat letzte Woche in Rostock ein Flugblatt gesorgt, das eine vermeintliche Giftgas-Übung auf dem Gelände der Hanse-Kaserne in Reutershagen ankündigte. Auf dem Flugblatt mit dem Briefkopf des Bundeswehrstandortes wurden für den 18. Juni "ABC-Abwehrübungen zur Abwehr eines Giftgasangriffs im Ernstfall" angekündigt. Im Mittelpunkt würde "die Überprüfung der Auswirkungen von Giftgas in eng umgrenzten Gebieten" stehen. Weiter heißt es: "Eine Gefahr für die umliegende Bevölkerung kann nach unseren Erkenntnissen (zahlreiche Laborversuche) ausgeschlossen werden. Um auch das letzte Risiko zu vermeiden, möchten wir Sie bitten, am 18. Juni von etwa 18 bis 24 Uhr Fenster und Türen geschlossen zu halten. ... Besonders Asthmatiker, Allergiker und empfindliche Menschen (Kinder, Frauen, Alte) sollten diesen Rat dringend befolgen." Für weitere Informationen waren Nummern des Marine-Amtes und der OZ angegeben. Verständlicherweise wurden diese dann auch recht rege genutzt und im Marine-Amt kligelten ständig die Telefone.

Überhaupt nicht komisch fand diesen Streich der Marinesprecher Johannes Dumrese: "Dieses Flugblatt ist eine Fälschung. Der Inhalt entbehrt jeder Grundlage". Ebenfalls nicht viel übrig für diese Art von Humor hat offenbar auch der verantwortliche Chef des Marine-Amtes Wolfgang Nolting. Er will gegen die unbekannten MacherInnen dieser Fälschung Anzeige erstatten. "Ich bin empört, wie hier versucht wird, vor allem ältere Menschen und Kinder zu verunsichern. Dies ist umso schlimmer, als dass wir uns immer um gut nachbarschaftliche Beziehungen bemüht haben und bemühen werden"

26.06.2001

Mehr zur Razzia in Neustadt-Glewe war heute in der Schweriner Volkszeitung zu finden. Besonders die Aussage des Staatsschutzleiters Egon Pornhagen, daß es bisher "keine Erkenntnisse über derlei rechtsextremistische Tendenzen in Neustadt-Glewe gegeben" habe, entblößt, wie "gut" die Polizei sich entgegen eigener Aussagen in der rechtsextremen Szene auskennt...

Rechte Szene im Visier
Polizei stellt Nazi-Fahne, Propagandamaterial und Fotos sicher
Im Vorfeld einer rechtsgerichteten Veranstaltung am kommenden Wochenende zeigen Polizei und Staatsschutz in Neustadt-Glewe Präsenz. Unter anderem gab es eine Razzia in einem Szenetreff rechter Jugendlicher.

Es ist ein ansehnlicher Fundus, auf den die Polizei am Freitagabend bei der Razzia auf dem ehemaligen Lederwaren-Werksgelände in Neustadt-Glewe stieß: Hakenkreuzfahne, Uhren mit faschistischen Symbolen, CDs, Liedtexte einschlägigen Inhalts und anderes rechtsextremistisches Propagandamaterial, hochwertiges elektronisches Gerät ungeklärter Herkunft und diverse Fotos. Sie zeigen u.a Mitglieder der rechten Szene, ganz stramm mit Hitlergruß vor einer Hakenkreuzfahne.

Fundstücke All dies stellte die Polizei sicher, ebenso wie die Personalien von 18 Personen, die sich zum Zeitpunkt der Razzia in dem fensterlosen Lagerraum auf dem Werksgelände aufhielten. Dieser verpachtete Raum gilt als Szenetreff rechter Jugendlicher und Übungsraum einer nach Polizeieinschätzung rechtsextremistischen Musikband. Das zur Gefahrenabwehr beschlagnahmte Material werde jetzt ausgewertet, sagte gestern der amtierende Leiter der Polizeidirektion Schwerin, Rainer Becker, vor der Presse in Schwerin. Gegen zwei Personen sei Strafanzeige wegen des Tragens verfassungswidriger Symbole erstattet worden.

Polizei als auch Staatsschutz bezeichnen den aktuellen Schlag als "Zufallstreffer". Der fragliche Szenetreff liege relativ versteckt auf dem Werksgelände, sagte Günter Bürckner von der Polizeiinspektion Ludwigslust, "ein glücklicher Umstand, dass wir darauf aufmerksam gemacht wurden". Bislang habe es keine Erkenntnisse über derlei rechtsextremistische Tendenzen in Neustadt-Glewe gegeben, sagte auch Egon Pornhagen, Staatsschutz-Leiter bei der Kripo Schwerin. Eine fest strukturierte Szene gebe es dort nicht, vielmehr Mitläufer.

Zuvor hatten Polizeibeamte und Angehörige der Mobilen Aufklärungsgruppe Extremismus (MAEX) im Neustädter Ortsteil Hohewisch eine so genannte Sonnenwendfeier mit einer Verbotsverfügung belegt und einige der Gäste des Feldes verwiesen. Der Teilnehmerkreis habe darauf schließen lassen, dass dies entgegen der Feststellung der Veranstalter kein Grillabend ohne politischen Hintergrund werden sollte, sagte Polizeidirektor Becker zur Begründung.

Dort, in Hohewisch, soll am kommenden Wochenende auch ein Fest der rechtsgerichteten Zeitung "Signal" als geschlossene Veranstaltung steigen (SVZ berichtete). Polizei und Landkreis würden nun prüfen, ob es dagegen rechtliche Handhabe gebe, sagte Becker. "Wir werden die Instrumentarien voll ausschöpfen." Die Polizei geht davon aus, dass wie im vergangenen Jahr 120 Teilnehmer zu besagtem Fest kommen werden.

Nach Einschätzung der Polizei gibt es im Landkreis Ludwigslust zurzeit einen harten Kern von zehn bis 15 Angehörigen rechter Gruppierungen mit Schwerpunkt Ludwigslust. Federführend sei hier die NPD. Die Verbindungen sind weit verzweigt, sie reichen über die Grenzen des Bundeslandes hinaus, beispielsweise nach Hamburg. Im Landkreis Ludwigslust hat die Mobile Aufklärungsgruppe MAEX seit Jahresbeginn Kontakt zu etwa 40 Personen der rechten Szene - führend im gesamten Zuständigkeitsbereich der Polizeiinspektion Schwerin.

25.06.2001
Polizisten gegen Rechts

Es gibt viel zu tun! Und wenigstens ein paar Mal kann man sich ja dann auch mal an die Erledigung dieser Aufgaben machen, so scheinen die Überlegungen bei der Polizei des Landes dieses Wochenende gewesen zu sein. Vielleicht brauchten die Beamten ja auch nur mal neue Erfolge im Kampf gegen den Rechtsextremismus, bei dem sonst so manche Augen zugedrückt werden.
So führte der Einsatzbefehlt 25 Beamte nach Neustadt-Glewe bei Ludwigslust in einen "Szenetreff", wie die üblichen Regionalzeitungen McPomms berichten, wo aus dem Proberaum einer Fascho-Band "u.a. eine Hakenkreuzfahne, Liedtexte mit volksverhetzendem Inhalt sowie Fotos, die Mitglieder der rechten Szene mit Hitlergruß zeigen", beschlagnahmt wurden; "zuvor hatte die Polizei bereits Uhren mit faschistischen Symbolen und Musik-CDs sichergestellt".
In dem Dorf Kuhlmorgen bei Torgelow im Uecker-Randow-Kreis wurde ein geplantes Nazi-Konzert mit zwei Bands aufgelöst, was nicht genehmigt worden war. Knapp 60 Rechtsradikale mußten dann nach Personalienfeststellung enttäuscht nach Hause gehen.
Weiter weiter mit der MAEX. Auf dem Alten Friedhof in Stralsund wurde gegen vier Jugendliche zwischen 14 und 20 Jahren "vorgegangen", die sich unter anderem mit "Sieg Heil"-Gebrülle verständigten. Und zwei von ihnen schienen sogar relativ nüchtern gewesen zu sein, denn nur "bei zwei der Tatverdächtigen wurde ein Atemalkoholwert von 1,83 und 2,54 Promille festgestellt". Und in Sagard auf Rügen schließlich wurde ein 38jähriger in Gewahrsam genommen, der bei einem Volksfest "Heil Hitler" von sich gab und die Polizisten als "politisch angestiftete Verbrecher" bezeichnete.

24.06.2001
NPD-Infostand mit viel Gegenwind

Etwas anders sollte der Vormittag bestimmt verlaufen für die paar NPD'ler, die sich am vergangenen Sonnabend in Burg Stargard eingefunden hatten. Ein Infostand von neun bis zwölf Uhr, viel Propagandamaterial und sogar knapp zehn Fascho-Skins zur Unterstützung, falls sich Antifas einfinden sollten. Von denen waren jedoch ab neune arg wenige zu sehen.
Was sich schnell ändern sollte. Mehr als vierzig Leute unterschiedlichster Spektren fanden sich im Verlauf der nächsten Stunde am Markt ein, um angeregte Diskussionen mit den NPD'lern zu führen - die sich dem jedoch verweigerten. Infomaterial wollten sie an die Anwesenden, die sich um den Stand scharten, nicht verteilen, auch der spontane Entschluß einiger Punks, NPD-Mitglied zu werden ob so griffiger Forderungen nach Todesstrafe für Drogendealer oder einem Ende der Einwanderungswelle fand keine Beachtung. Stattdessen nur Ignoranz und Beschimpfungen von Seiten der nationalen Parteikämpfer, deren Skinhead-Schutztruppe zwischendurch teilweise von den Eltern abgeholt wurde. Beleidigungen wie "Hippies" trugen mitsamt der antifaschistischen Transparente und Musik zur Heiterkeit der Standbesucher bei.
Nach zwei Stunden dann verschlechterte sich die Wetterlage und die NPD mußte ihren vom Winde verwehten Stand abbauen. Die AntifaschistInnen halfen natürlich freundlicherweise dabei, stellten sich jedoch ein wenig ungeschickt an, so daß einiges zu Bruch ging und auch das gesamte Werbematerial verstreut wurde. Doch auch hier wieder Entgegenkommen von den "Hippies", die Müllsacke sofort parat hatten. Darüber erfreut, gute Taten vollbracht zu haben, konnten sie sich dann auch langsam auf den Heimweg machen.

Danke für die uns zugeleiteten Infos!

Update 25. 06 Und hier noch eine kurze Pressemeldung aus der Neubrandenburger Zeitung, Regionalausgabe des Nordkuriers:
In Burg Stargard fühlten sich 15 Mitglieder des NPD-Kreisverbandes bei einer aufgebrachten Diskussion mit gut 50 Gegnern bedroht, teilte die Polizei gestern mit. Die Polizisten konnten beide Parteien beruhigen. Die Rechtsextremen hatten auf dem Markt einen genehmigten Informationsstand aufgebaut. Dagegen protestierten Burg Stargarder, Stadtvertreter und linke Gruppen.

24.06.2001

Folgende Info von der Autonomen Antifa Schwerin zu dem Naziaufmarsch am 8. Juli in der Landeshauptstadt war bei nadir zu finden:

Schwerin: Nazidemo am 8.Juli smashen!

Hallo! Der nachfolgende Aufruf ist von der autonomen antifa schwerin und betrifft die Nazidemo am 8. Juli in Schwerin! Nähere Infos Watch out und kommt nach Schwerin!

Am Sonntag, den 8.Juli 2001 will die faschistische NPD, gefolgt von "Freien Kameradschaften" durch Schwerin marschieren. Nachdem bereits in den vergangenen Wochen und Monaten überwiegend kleinere Orte, wie Parchim, Ludwigslust oder Gadebusch von rechten Demonstrationen heimgesucht wurden, zieht es die KameradInnen wieder einmal in die vermeintliche Großstadt. Daß in einer solchen für sie kein Blumentopf zu gewinnen ist, hat speziell die NPD- Demonstration in Greifswald am 14.01. diesen Jahres gezeigt, der nicht nur von Seiten autonomer AntifaschistInnen entschlossener Widerstand entgegengebracht wurde. Mit einer Pluralität der Aktionsformen, die von Kundgebungen, über Sitzblockaden bis zu direkten Aktionen gegen die Nazis reichten, gelang es eine ungestörte Verbreitung faschistischer Positionen zu verhindern

mv als ruhiges hinterland für nazis

Die bis dato ungebrochene Motivation der rechten Szene in Mecklenburg- Vorpommern in geringen Zeitabständen Demonstrationen mit bis zu 500 TeilnehmerInnen abzuhalten, läßt sich aus einer angestrebten Verankerung rechter Inhalte im öffentlichen Raum herleiten. Über die massive Straßenpräsenz soll der Akzeptanz und der Normalisierung rechter Ideologie Vorschub geleistet und das gesellschaftliche Koordinatensystem nach rechts verschoben werden. Mit diesem Konzept waren die Nazis in der Vergangenheit vor allem in den ländlichen Regionen recht erfolgreich. So ist bspw. in weiten Teilen Vorpommerns eine Dominanz rechter Alltagskultur spürbar, die sich neben einer selbstbewußten Nazi- Jugendszene, in einem rassistisch, reaktionären Wertekonsens widerspiegelt
Der geplante Aufmarsch in Schwerin wird in diesem Sinne als neuerlicher Auftakt für eine Reihe von faschistischen Demonstrationen verstanden, die nach Angabe der OrganisatorInnen, namentlich dem NPD Kreisverband Nordwestmecklenburg, sowie "freien Kräften", in Greifswald und Stralsund eine Fortsetzung finden sollen. Deswegen ist es wichtig, den Nazis entgegenzutreten und bereits ihren ersten Aufmarsch zu einem Fiasko werden zu lassenWenn die NPD und ihre Gefolgschaft sich nun Anfang Juli bemühen in Schwerin wieder ein hoffentlich gequältes "Gesicht zu zeigen", dann tut sie dies, wie das Motto "Gegen Sozialabbau und Oneworld" bereits andeutet, unter der Fahne der "Ökonomiekritik".
Daß diese Kritik jedoch nur Ausschnitte des Kapitalismus problematisiert, ohne dessen Komplexität anzugreifen und das herrschende Wirtschaftssystem in seiner Absolutheit abzulehnen, ist nicht allzu schwer erkennbar. Bereitet doch gerade der Kapitalismus den Boden, auf dem sich Unterdrückungsverhältnisse, wie Sexismus, Rassismus oder Faschismus erst herausbilden können. Da Kapitalismus demnach die Basis rechter Ideologie darstellt, gilt es das Paradoxon einer rechten Kritik auseinanderzunehmen, indem zunächst die Gründe aufgezeigt werden, warum wir Kapitalismus fundamental ablehnen.
Mit dem Einbruch des "sozialistischen" Ostblocks und dem Wegfall der bipolaren Wirtschaftsordnung aus Planwirtschaft und Kapitalismus, trat letzterer seinen endgültigen Siegeszug an. Ein Siegeszug, der von Ausbeutung, Unterdrückung und Verelendung geprägt war und ist. Während die BesitzerInnen der Produktionsmittel Milliarden verdienen, verarmt ein Großteil der Menschheit, ist gezwungen sein Leben im Zeichen von Obdachlosigkeit, Hunger und/oder (vernichtender) Arbeit zu fristen. Dieses sehr verkürzte und in simplen schwarz/ weiß Schattierungen gezeichnete Bild, zeigt überspitzt den Kern der kapitalistischen Realität.
Die Globalisierung- ist die Internationalisierung des Kapitals. Deswegen ist das Gerede vom "Neuen" im Kapitalismus oder der "entfesselten Macht der Konzerne" nur eine verkürzte Analyse der herrschenden Zustände. Bereits ein Blick ins "Kapital" von Marx oder das mit Engels zusammen verfaßte "Kommunistische Manifest" würde eine verblüffende Erkenntnis reifen lassen: Der Kapitalismus besitzt von Natur aus einen expansiven Charakter. Vom Profitstreben getrieben, drängt das Kapital danach seine Einflußsphären zu erweitern, neue Absatzmärkte bzw. Produktionsmittel und -ressourcen zu erschließen. Wo der nationale Markt zu klein geworden ist, wird der Griff aus den Grenzen des Staates hinaus, notwendig und selbstverständlich

globalisierungskritik von rechts?

Genau der Punkt, an dem die heimliche Volksgemeinschaft wackelt, weil "immer offenkundiger wird, daß die Machthaber in der BRD vorwiegend fremden Interessen dienen" sie von "internationalen Konzernen gekauft sind" und Deutschland an die Welt verjubeln, dient als Aufhänger rechter Globalisierungskritik.

Die Diskurse setzen dort an, wo faschistische Ideologie durch die Veränderungsprozesse des Kapitalismus in der Gesellschaft überflüssig und sogar hinderlich geworden ist. Die von den Nazis befürchtete Internationalisierung von Gesellsch! aft, die aus der Internationalisierung der Märkte resultiere, hat es angesichts von starken Migrationsbewegungen und einem staatlich erwünschten Multikulturalismus teilweise gegeben. Die Erschütterung rechter Grundfeste, wie Familie, Heimatgefühl oder Nationalstolz läßt hingegen leider noch auf sich warten.

Prägend ist in der faschistischen Argumentationslogik das Hochhalten der "souveränen deutschen Wirtschaft, die als oberstes Ziel das Überleben unseres Volkes" sichert. So erfolgt eine Unterscheidung in guten, nämlich "heimischen, bodenständigen, kontrollierten" und "ungezügelten, raffenden" Kapitalismus. Getreu der faschistischen Ökonomieanalyse, nach der das Finanzkapital das Industriekapital unterwirft und es zum Gewinnemachen zwingt, wird die "Kritik" auf die Ebene antisemitischer Verschwörungstheorien gezogen. Durch die mehr oder weniger latent mitschwingende Vorstellung vom "jüdischen Finanzkapital, das die ungebremste Kapitalakkumulation in Händen hält und von außen die Fäden zieht", erfährt die vereinfachende, traditionelle Argumentation alter Nazis eine neue Konjunktur. Der Rückgriff und die Beschwörung von Staat und Nation wird in diesen "Denkschemen" zum propagierten Notausgang aus Globalisierung und Neoliberalismus. Um so schlimmer, daß auch ein offenbar geistig verwirrter Teil der Linken den Staat beschwört, der deregulierten Wirtschaft einen Riegel vorzuschieben

Dieser Erklärungsansatz einer vermeintlichen Linken verkennt in ungeheuerlicher Weise die Struktur, die Funktion und den Charakter von Staatlichkeit, als Funktionsinstanz des Kapitalismus. So schafft der Staat auf der einen Seite die Grundbedingungen für profitorientiertes Wirtschaften, indem er es ideologisch schwängert, z.B. durch die stete Propagierung von Arbeit als gesellschaftlichem Wert. Auf der anderen Seite setzt Staatlichkeit einen strukturellen Rahmen für die kapitalistische Verwertung. Soll heißen, er sorgt durch das Bestehen oder auch Abschaffen eines Sozialsystems für eine Deregulation bzw. Regulation der Arbeitskraft. Im einen Falle wird eine Reservearmee auf der Auswechselbank des Kapitalismus erhalten und gepflegt, im Anderen wird sie ins soziale Abseits geschoben, um gesellschaftliche Unsicherheit als Antrieb für ein leidenschaftliches Funktionieren im System zu produzieren. Trotz punktueller Differenzen, das Grundinteresse des bürgerlichen Staates ist immer mit dem der Wirtschaft gekoppelt. Wer demnach gegen Kapitalismus ist, der kann auch den Staat nicht wollen!

zur internationalisierung des staates...

Mit dieser Erkenntnis, wirft ein Blick in die Realpolitik einige Zweifel auf. Wenn sich PolitikerInnen zur Globalisierung äußern, ist oft zu vernehmen, man wolle sie ja gar nicht, sei ihr aber unterworfen und müsse deswegen so handeln, wie es die Wirtschaft verlangt. Die Auseinandersetzung mit dem Thema läßt sich in jenen Teilen der Gesellschaft unter dem Schlagwort "Ideologie des Sachzwanges" zusammenfassen. Sie dient lediglich als Rechtfertigung dafür, unliebsame Maßnahmen aus dem Willen heraus einzuleiten, den Standort Deutschland für den funktionierenden Kapitalismus aufzubereiten. Bedingt diese Umstrukturierung nun aber eine Auflösung des Staates?
Dieser Frage kann ein schlichtes "nein" entgegnet werden. Wie will man auch glaubhaft erklären, daß etwa die BRD, die sich derzeit wieder zu einer imperialistischen Weltmacht aufschwingt und bspw. in den Krieg zieht, kurz vor ihrem Zusammenbruch steht? Ferner fungiert der Staat als politisches Subjekt des Weltmarktes. Mit dem Willen der heimischen Wirtschaft, als ökonomischem Subjekt, eine unbeschränkte Expansion zu ermöglichen, bemüht er sich um die Verhandlung der Bedingungen für eine Ausdehnung des ökonomischen Einflusses mit anderen Nationalstaaten. Es werden quasi bisher innerökonomische Konkurrenzverhältnisse auf eine staatliche Sphäre verlagert.

Zudem ist das Modell der Staatlichkeit in Hinblick auf die Gesellschaft weitergehenden Veränderungen unterworfen. Jene Umformung verläuft jedoch nicht in einer konstanten Linie, sondern wird durch gegenläufige Bewegungen gekennzeichnet. Zum einen ist ein Nationalisierungsschub zu verzeichnen, der in den letzten Wochen und Monaten in der Findung des Nationalstolzes zum Ausdruck kam. Quer durch alle Parteien und gesellschaftlichen Schichten wurde das Bekenntnis zu Deutschland entdeckt und eingefordert. Die Deutschen rückten als Deutsche zusammen und kuschelten sich an ihre selbstbewußte, nationale Identität. Der aggressiven, völkischen Ideologie steht die durch die rot- grüne Regierung forcierte "Zivilgesellschaft" entgegen. In selbiger kommt eine tatsächliche Internationalisierung des Staates zum Tragen, die sich z.B. in der von der Regierung aus Standortinteressen abgenötigten, Multikulturalität niederschlägt. Während MigrantInnen (zumindest Computer- SpezialistInnen) zu gern gesehenen "Gästen" werden, trifft die vormals als Vollstrecker des herrschenden Willens mordenden Nazis nun der Arm des Gesetzes bzw. der breiten Bevölkerung.

faschismus bekämpfen! das gilt noch immer...

Der zivilgesellschaftliche Ruck gegen rechts- durch den Antifaschismus aus der Mitte der Gesellschaft besetzt wurde, drängt einer autonomen Antifabewegung seit dem sogenannten "Antifa- Sommer" unweigerlich die Hinterfragung des eigenen Ansatzes bzw. der getätigten Praxis auf. Obwohl nun Antifaschismus, sowohl als direkter Selbstschutz gegen Nazis, als auch als Hebel für Kapitalismuskritik vor allen in den Metropolen grundsätzlich verworfen wurde, verkennt dieser Schluß die Tatsache starker, struktureller Differenzen in den einzelnen Regionen. Gerade weil es einen "Aufstand der Anständigen", die Brechung eines rechten Konsens in weiten Teilen Mecklenburgs niemals hinreichend gegeben hat, ist autonomer Antifaschismus hier nicht überflüssig, sondern genauso notwendig, wie bereits die Jahre zuvor.

Daß die Formel des "Linksradikalen" als Bestimmungspunkt einer Antifa grundsätzlich mit dem letzten Sommer abstarb, da autonomer Antifaschismus innerhalb der "zivilgesellschaftlichen Demokratie" integrierbar wurde, zwingt eine radikale Linke zwar zu einer politischen Neuverortung- jedoch nicht ohne Antifa mitzudenken. Unser Ziel an diesem Tag soll in der Verhinderung des Naziaufmarsches und nicht in bloßen Lippenbekenntnissen liegen. Es ist an der Zeit den "Aufstand der Anständigen" nicht fernab der Nazis zu praktizieren, sondern den Widerstand direkt vor Ort in die Tat umzusetzen. Laßt uns zusammen diese Auftaktveranstaltung für weitere faschistische Aktivitäten in Mecklenburg- Vorpommern smashen! Kommt alle mit `ner Menge Power und Ideen im Gepäck und unterstützt uns bei diesem Vorhaben!

knock out fascism.
gegen nazis, staat und kapital.
für eine herrschaftsfreie gesellschaft!

autonome antifa schwerin [08/06/01]

21.06.2001
Kommen. Sehen. Spaß haben.

Einen Infostand hat die NPD am folgenden Sonnabend in Burg Stargard angemeldet. Von neun Uhr an werden die Nasen versuchen, ihre nationalistische Propaganda unter die Leute zu bringen. Einen solchen Versuch hatten sie bereits im April unternommen, wurden jedoch damals durch die Präsenz von knapp 30 beherzten AntifaschistInnen daran gehindert. Deshalb ist es wahrscheinlich, daß dieses Mal mehr als nur drei NPD'ler anwesend sein werden.
Wer also Lust hat, sich die Nazi-Show anzuschauen oder sie abzusetzen, kann ja einfach mal gegen neune, halb zehn am Marktplatz von Burg Stargard am 23. Juni vorbeischauen. Nähere Infos gibts bei den üblichen regionalen Antifa-Ansprechpartnern.

21.06.2001
"Geh raus aus Deutschland" - Antisemitismus in Greifswald

Touristen aus Israel wurden in Greifswald mit Antisemitismus konfrontiert - ein Bericht aus der Ostseezeitung.
Greifswald wird von Neonazis seit einiger Zeit zu einer NPD-Hochburg stilisiert, was angesichts regelmäßiger Veranstaltungen von Faschos und Schüler- und Bürgerinitiativen, die von der NPD angeleitet werden, auch in der Realität ein leider einigermaßen zutreffender Fakt ist.


Ausländische Gäste bedroht und beschimpft
Greifswald (OZ) Sie kamen in friedlicher Absicht, wollten ein Wochenende lang Greifswald kennenlernen, da sie von unserer "schönen Stadt" gehört hatten. Doch die dreiköpfige israelische Familie wird sicher nie wieder nach Greifswald kommen. Denn mit ihrem Kurzbesuch verbinden sich Gefühle der Angst und des Entsetzens. Es war der 2. Juni (die OZ erfuhr erst jetzt in einem Brief davon), als Benjamin Shalev¤ mit seiner Frau und dem sechsjährigen Sohn in unsere Stadt kam. "Wir besuchten zunächst die Gemäldegalerie und waren von den Bildern, aber auch von der Freundlichkeit der Mitarbeiter und ihrer Geduld unserem Sohn gegenüber beeindruckt", schreibt der Mann und führt fort: "Auch das gepflegte Stadtzentrum mit den vielen renovierten Gebäuden gefiel uns sehr." Es bestehe daher kein Zweifel, dass Greifswald ein lohnenswerter Anziehungspunkt für Touristen sei.

Nach dem Besuch der Galerie wollte sein Filius einen Spielplatz aufsuchen. Der Weg führte die Familie, die seit 18 Monaten in Deutschand lebt, zum Wall. "Wir erschraken über NPD-Graffiti und Hakenkreuz-Schmiereien", notiert Shalev im Brief. Doch die schrecklichen Erlebnisse sollten erst folgen. Ein Wortwechsel des Vaters mit dem Sohn in der Muttersprache machte vier junge Männer zwischen 15 und 20 Jahren auf die Spaziergänger aufmerksam. "Flaschenschwenkend rannten sie auf unseren Sohn zu und riefen: Geh raus aus Deutschland!" Unflätige Beschimpfungen folgten. Benjamin Shalev lief schützend zum Kind. Doch die Männer ließen nicht ab von der Familie. Beleidigten sie weiter, schmissen mit Matsch, blockierten ihren Weg. "Sie strahlten Hass und Brutalität aus. Wir fühlten uns tödlich bedroht", so die Zeilen des Israeli. Erst am Ende des Parks ließ man von ihnen ab. Geschockt, aber nicht handlungsunfähig, taten die Gäste das einzig Richtige: Sie erstatten Anzeige bei der Polizei. Wie aus dem Brief hervor geht, den uns die Greifswalder Beamten überließen, ist die israelische Familie sehr traurig über diesen Vorfall. "Wir haben erlebt und sind überzeugt, dass viele Menschen in Greifswald leben, die solche Handlungsweisen ablehnen. Aber die Attraktivität der Stadt für Touristen leidet natürlich sehr durch solche Vorkommnisse", meint Benjamin Shalev und gibt zu bedenken: "dass die Greifswalder selbst dafür verantwortlich sind, neonazistischen und ausländerfeindlichen Handlungen keinen Spielraum zu geben." Es bedarf wohl noch vieler Tage wie dem 14. Januar, an dem Greifswald aufstand gegen Menschenverachtung; und All-Tage, an denen Menschen wie jenen vier heranwachsenden Tätern gezeigt wird: So nicht!

(¤Name von der Red. geändert.)

20.06.2001
Folgende Info kam heute bei uns an:

Gestern, am 19. Juni, hatten wir, ein paar Jugendliche, einen kleinen Infostand am Neustrelitzer Markt aufgebaut. Neben den üblichen Infos wie Broschüren über Rechtsextremismus verteilten wir Flyer über das EU-Gipfeltreffen in Göteborg und die skandalösen Schüsse auf Demonstranten durch die Polizei. Der Stand war gut besucht, vor allem Jugendliche interessierten sich auch für anderes Material als die EU-kritischen Flyer, die wir Passanten in die Hand drückten. Aber auch letztere reagierten überwiegend positiv, nur wenige meinten, sie wollen die Flyer nicht. Es kam auch zu vielen kurzen Gesprächen mit den Leuten, die, wie es nicht anders zu erwarten war, zwar von den Krawallen in Göteborg, aber nicht den Inhalten der Protestbewegung aus den Medien erfahren hatten.
Nach drei Stunden dann bauten wir den Stand ab und machten uns mit dem Gefühl, daß wir mit relativ wenig Arbeit doch so einige Leute erreicht haben, auf den Heimweg.

20.06.2001
keine Revision gegen Neonazi-Opa

Ein wenig aufatmen darf er nun. Die Staatsanwaltschaft Schwerin läßt vom Revisionsverfahren gegen den Neonazi Manfred Roeder ab. Dieser hatte 1998 bei einer NPD-Propagandashow den Holocaust geleugnet, indem er meinte, daß es diesen "bekanntlich nie gegeben" hat. Im Dezember '99 wurde er dafür vom Amtsgericht Grevesmühlen zu zwei Jahren Gefängnis verurteilt, der 72jährige frühere braune Bombenleger bekam jedoch im Berufungsverfahren vor dem Landgericht Schwerin nur ein Jahr auf Bewährung. Dieses Urteil rief damals hohe Wellen der Empörung hervor, daß die Justiz eine so niedrige Strafe verhängt.
Nun ist diese Bestätigung für das justitiale blinde rechte Auge klein in der Zeitung zu lesen, nicht jedoch ohne den Zusatz, daß ja die Akten in einem weiteren Verfahren gegen Roeder, daß vor dem Landgericht Rostock läuft, genutzt werden. Dort muß er sich wegen Beleidigung des früheren Präsidenten des Zentralrates der Juden in Deutschland, Ignatz Bubis, sowie des Aufrufes zum Umsturz des Staates verantworten. Die Bewährungsstrafe fließt dabei in die Gesamtstrafe mit ein.

20.06.2001
Obdachlosenmörder von Wismar vor Gericht

Vor dem Landgericht Schwerin stehen immer noch fünf junge Männer vor Gericht, die im letzten Sommer in Wismar einen 52jährigen Obdachlosen ermordet haben. Während die Verteidigung Strafen zwischen Bewährung wegen Körperverletzung und acht Jahren wegen Totschlags fordert - die Angeklagten bestritten die Tötungsabsicht -, so besteht die Staatsanwaltschaft auf Haftstrafen zwischen zehn Jahren und lebenslang wegen Mordes.

Ach ja, und eine rechte Gesinnung haben die Mörder auch bestritten. Das rechtsextremistische Material, was die Polizei bei der Durchsuchung ihrer Wohnungen sichergestellt haben, müssen dann wohl Kobolde reingeschmuggelt haben. Oder hinterlistige Obdachlose. Diese Schurken sind ja zu allen fähig...

17.06.2001
Neues über die Vorbereitungen Neubrandenburgs auf den Naziaufmarsch am 14. Juli in der Neubrandenburger Zeitung, der Lokalausgabe des Nordkuriers:

Stadtparlament einig gegen rechte Demo

SPD-Antrag von allen Fraktionen einhellig begrüßt

Neubrandenburg. Einig in dem Bestreben, einer Demonstration von Rechten in der Viertorestadt entgegen zu treten, zeigte sich auf ihrer jüngsten Sitzung die Neubrandenburger Stadtvertretung. Der von der SPD-Fraktion eingebrachte Beschlussvorschlag unter dem Titel "Demonstrationsverbot" wurde quer durch alle Fraktionsbänke begrüßt.
Er wendet sich gegen eine am 14. Juli von 12 bis 16 Uhr geplante Veranstaltung unter dem Motto "Gegen Globalisierung und Eurowahn" (NZ berichtete). Sie sei von einem Nicht-Neubrandenburger beantragt worden und es gehe um etwa 300 Teilnehmer, informierte der amtierende Oberbürgermeister Helmut Zimmermann (SPD) auf Nachfrage der Abgeordneten. Der Antragsteller sei, so hätten Recherchen ergeben, dem Rechtsspektrum zuzuordnen. Eine Aufforderung an den Oberbürgermeister, Gegenmaßnahmen zu organisieren, sei rechtlich nicht möglich, der OB dürfe nicht in eine parteiliche Rolle gedrängt werden.

Bündnis wird vorbereitet

Der OB sei möglicherweise gezwungen, die Demonstration formell zu genehmigen, sagte CDU-Fraktionsvorsitzender Michael Nötzel, "wir entscheiden aber politisch und wollen, dass das letzte Haar in der Suppe gefunden wird, um die Demonstration zu verhindern. Und wenn das nicht möglich sein sollte, sie dann wenigstens einzuschränken". Er unterstütze den Vorschlag des SPD-Fraktionschefs Joachim Lübbert, alle rechtlichen Möglichkeiten gegen die Rechtsdemo einzusetzen. Auch Punkt zwei des Beschlusses, der die Neubrandenburger im Falle, dass ein Verbot nicht durchsetzbar sei, auffordert, ihre Ablehnung gegen rechte Umtriebe deutlich zu machen, fand Zustimmung. Geeignete Maßnahmen müsse man vorbereiten, ein Bündnis schmieden, forderten die PDS-Ratsfrauen Irina Parlow und Dolores Brunzendorf. Die Stadtpräsidentin befürwortete eine Abstimmung mit dem "Zentrum für Demokratie und Toleranz Mecklenburg-Vorpommern".
Am 14. Juli steht Neubrandenburg überregional im Blickpunkt: An diesem Tag soll nämlich das zweite Eröffnungskonzert in der Marienkirche stattfinden.

16.06.2001
Showdown im wilden Norden - Schüsse auf Widerstand gegen EU-Gipfeltreffen

Zieh, Desperado - gezogene Waffen in Göteborg Osterweiterung und sicheres Europa - altbackene Themen standen auf der Tagesordnung des EU-Gipfeltreffens in Göteborg, das diese Woche stattfand. Selbst das überraschende Referendum Irlands gegen das Abkommen von Nizza letztes Wochenende, das eigentlich eine Erweiterung verhindert, war nun nicht mehr erwähnenswert. Stattdessen wurden Maßnahmen gegen "gewalttätige" DemonstrantInnen angekündigt, deren Vorgehen verabscheuenswürdig sei und die angeblich keine politischen Inhalte, sondern nur Bock auf Randale hätten.

Daß dem nicht so ist, ist jedem, klar, der nicht nur die Bilder aus dem TV geistig blind konsumiert. Gegen ein Europa, das in Konkurrenz mit den USA eine Weltmachtrolle anstrebt, stattdessen ein friedliches und solidarisches Zusammenleben der Menschen. Keine weitere Begünstigung der Reichen und eine zunehmende Verarmung weiter Bevölkerungsschichten, sondern ein gleichberechtigtes Zusammenleben, das den gesellschaftlichen Reichtum für ein möglichst arbeitsfreies Leben in Wohlstand für alle Menschen beinhaltet. Und statt einer weiteren Abschottung der Festung Europa ein Bewegungsrecht für alle Menschen überall und Beseitigung von Fluchtursachen, nicht Flüchtlingen.

Die Vorstellung dieser Ideen und die Diskussion von Alternativen zur herrschenden Politik wurden dieses Mal jedoch gleich im Keim erstickt. So stürmte die Polizei am Donnerstag das Convergence Center, in dem der Gegengipfel stattfinden sollte und das vielen Menschen als Unterkunft diente. Die Eingänge wurden sogar mit Containern verbarrikadiert; ein mit der Polizei vereinbarter friedlicher Abzug der sich in der Schule befindenden Menschen wurde zunichte gemacht, als diese wahllos Verhaftungen durchführte.

wenns nicht zum Außenminister reicht - verbeamtete Steineschmeißer in Schweden In eine spontane Demonstration von mehr als tausend Menschen knüppelten teilweise berittene Polizisten und sprengten in die Menge hinein. Am Donnerstag und am Freitag kam es so zu den üblichen Auseinandersetzungen, Barrikaden wurden gebaut, ein paar McDonalds-Filialen verwüstet und beide Seiten bewarfen sich mit Steinen. Am Freitag fand eine angemeldete Reclaim-the-streets-Party statt, an der mehr als tausend Menschen teilnahmen. Wie Zeugen berichten, wurde diese plötzlich von Polizisten gestürmt, worauf sich die Menge zerstreute. Dann jedoch wehrte sie sich gegen die nachrückende Polizei. Plötzlich schießen die Riot-Cops in die Menge, mindestens zwei Demonstranten werden getroffen; ein schwedischer schwebt am Sonnabend noch immer in Lebensgefahr, ein deutscher wurde ins Bein getroffen. Außerdem soll anderswo noch ein dritter Demonstrant angeschossen worden sein. Schüsse in die Luft oder Warnungen gingen den besagten nicht voran. Fernsehbilder zeigten, daß auf die Menge zielende Polizisten keine Seltenheit waren.

Auf die erschütternden Ereignisse hin kam es der Betroffenheit, aber auch der Empörung der DemonstrantInnen wegen zu keinen weiteren größeren Ausschreitungen. So gingen am Sonnabend tausende von Menschen auf die Straßen und protestierten friedlich gegen den Gipfel, verbanden Spaß und Widerstand.

Update vom 17.6.: In vielen Städten in der BRD, Österreich und der Schweiz gingen Menschen am Wochenende auf die Straße, um ihre Solidarität mit den DemonstrantInnen in Göteborg und ihre Empörung über die Polizeigewalt auszudrücken. Am Sonnabend demonstrierten in Göteborg 25 000 Menschen friedlich.
Viele weitere Infos bei indymedia Deutschland

16.06.2001
leere Häuser in McPomm

Deutsche werden aus Wohnungen rausgeekelt, Ausländer bekommen sonstwas für tolle Wohnungen zugewiesen, während Deutsche keine zur Verfügung stehen, sagt die eine, extrem rechte, Seite. Dezentrale Unterbringung von Asylbewerbern ist nicht möglich, weil zu wenige Wohnung leerstehen, sagt eine andere, behördliche, Seite.
Gegenteilige Fakten gibt ein Artikel vom 16. Juni in der Schweriner Volkszeitung zum besten, der mitteilt, daß jede zehnte Wohnung im Land, 28 000 in Zahlen, die im Besitz von kommunalen oder genossenschaftlichen Unternehmen sind, leerstehen. Über 100 Millionen Mark gehen dadurch an Mieteinnahmen verloren.
Eine alternative sich anbietende Möglichkeit wäre die erwähnte dezentrale Unterbringung von Asylbewerbern in "normalen" Wohnungen statt in Sammelunterkünften. Könnte doch das Geld, das die Landkreise bisher den meist privaten Betreibern von Heimen zahlen, so in die Kassen der Wohnungsunternehmen fließen. Von der besseren Integration nicht zu reden. Aber die ist scheinbar nicht erwünscht.

15.06.2001
bitte lächeln! - Videoüberwachung öffentlicher Plätze kommt voran

Sicherheit vor Bürgerrechten? Für die CDU ist diese Frage leicht mit "ja" beantwortet, wie verschiedene ihrer Politiker im Verlauf einer von der Partei veranstalteten Fachtagung gestern in Rostock klarstellten. Auch Vertreter von Polizei und SPD sprachen einer Videoüberwachung öffentlicher Räume ihre Effektivität zur Abschreckung von Tätern und einem erhöhten Sicherheitsgefühl der BürgerInnen nicht ab. Sie mahnten jedoch, daß in McPomm kein Bedarf besteht, wie eine noch immer aktuelle Umfrage, die vor zwei Jahren bei den Polizeidirektionen stattfand, beweist.

Für die CDU kein Hindernis - dann setzt sich halt die Legislative über die Erfahrungen der Exekutiven hinweg. Und so will sie ein Pilotprojekt in Rostock anleiern, was auch mit Landesmitteln gefördert werden soll. Dieses soll in sogenannten "Angst-Räumen" "Bürger, Touristen und Gewerbetreibende" sich sicherer fühlen lassen. Bezeichnend ist es, daß die Christdemokraten, entgegen den Kritiker, Bedenken wie die der Speicherung der Daten, der Bewegungsfreiheit, der Verhältnismäßigkeit oder der Auswahl der Orte unerwähnt lassen. Starker Staat juche!

Informelle Selbstbestimmung? Zählt für die CDU nicht. Ihre Politiker reden von einem Gesinnungswandel, der eingesetzt habe. "Wen es nicht störe, dass er auf einem großen Bahnhof von Dutzenden Kameras erfasst werde, der akzeptiere auch die Beobachtung von gefährlichen Plätzen und Straßen zu seiner eigenen Sicherheit", heißt es da.
Impliziert die Aussage, daß es gerechtfertigt ist, wenn Menschen, die Kameras stören, eine fehlende Akzeptanz ihrerseits aktiv und selbstbestimmt gegen Kameras und Überwachungsapparat durchsetzen?

13.06.2001
Protest gegen Nazi-Demo in Neubrandenburg nimmt Formen an

Auf eine Demonstration der rechtsextremen freien Kameradschaften am 14. Juli bereiten sich die gesellschaftlich aktiven Menschen Neubrandenburgs vor. So bestätigte auf Anfrage der Neubrandenburger Zeitung, Lokalausgabe des Nordkuriers, der stellvertretende Bürgermeister Helmut Zimmermann, SPD, daß seit Anfang des Monats eine Anmeldung eines Menschen, der der rechten Szene zuzuordnen sei und nicht aus der Stadt komme, vorliege. Rechtliche Möglichkeiten einer Verhinderung der Demonstration werden geprüft, wobei die SPD-Fraktion in einem Papier meint, daß ein Verbot wegen der gleichzeitig stattfindenden Eröffnung der Marienkirche und des Imageschadens für die Stadt durch einen Polizeieinsatz erfolgreich sein könnte.

Gleichzeitig soll laut dem Papier in dem Fall, daß die Nazis marschieren dürfen, die Stadtvertretung dazu aufrufen, "sich gemeinsam mit allen demokratischen Kräften diesem Marsch in den Weg zu stellen, wie jüngst in Greifswald," teilt die Zeitung weiter mit. Dazu muß die Stadtvertretung, an deren Fraktionen sich das Zentrum für Demokratie und Toleranz mit der Bitte um Unterstützung gewandt hat, das ganze jedoch erst einmal beschließen.

Löblich von der Politik, sich gegen Nazis zu engagieren und nicht, wie etwa in Neustrelitz üblich, totschweigen als angemessen zu betrachten. Wie jedoch das propagierte "in den Weg stellen" aussehen wird, darauf darf mensch gespannt sein. Sieht das doch woanders meist so aus, daß schön weit weg von der Fascho-Demo ein Volksfest organisiert wird und dort Nazis als Image-Schaden und nicht Problem der Politik oder gar für ein paar Opfergruppen rechter Gewalt gebranntmarkt werden.

Hier der ganze Artikel vom 13. Juni:

Stadt will Rechtsdemo verhindern

Protest formiert sich

Neubrandenburg (EB/A. Biermann). In der Viertorestadt formiert sich der Widerstand gegen eine von offenbar rechten Kreisen für den 14. Juli angemeldete Demonstration. Das Zentrum für Demokratie und Toleranz hat sich Anfang der Woche an alle Fraktionen der Ratversammlung mit der Bitte um Unterstützung gewandt.
Der amtierende Oberbürgermeister Helmut Zimmermann (SPD) bestätigte gestern gegenüber NZ, dass seit Anfang des Monats eine Anmeldung für eine Demonstration vorliege. Der Anmelder sei nicht aus Neubrandenburg und nach den im Rathaus vorliegenden Informationen der rechten Szene zuzuordnen. Das Motto der Veranstaltung laute "Gegen Globalisierung und Eurowahn". Nach NZ-Informationen stehen hinter dem Aufruf u.a. Freie Nationalisten und Kameradschaftsbünde Usedom und Anklam.

Verbot wird geprüft

Die Stadt prüft nach Angaben Zimmermanns rechtliche Möglichkeiten, diese Veranstaltung zu verhindern. Am Rande der morgigen Stadtvertretersitzung wolle er sich mit den Fraktionsspitzen treffen, um ein gemeinsames Vorgehen abzustimmen. Mittlerweile liegt NZ eine Drucksache aus der SPD-Fraktion vor. Damit soll der OB zur Prüfung der Verbotsmöglichkeiten veranlasst werden. Sollte ein solches Verbot aber nicht durchsetzbar sein, so heißt es in der Vorlage, solle die Stadtvertretung aufrufen, sich gemeinsam mit allen demokratischen Kräften diesem Marsch in den Weg zu stellen, wie jüngst in Greifswald.
Dabei erwarte man, dass sich der OB in der Spitze einreiht. Nach Ansicht der SPD hätte ein Verbotsantrag gute Chancen, weil an dem Wochenende die Eröffnung der Marienkirche erfolgt und ein möglicherweise massiver Polizeieinsatz einen großen Schaden für die Stadt bringen könne.

12.06.2001
Prozeß um greifswalder Obdachlosenmord beendet

Und dann war da ja noch das Verfahren gegen drei Jugendliche in Stralsund, die im November in Greifswald einen Obdachlosen grausam getötet hatten, das am 8. Juni zu Ende ging. Die zwei 16jährigen und ein 21jähriger Täter hatten auf ihr Opfer, den 42jährigen Eckhard Rütz, mit Baumstämmen eingeschlagen, weil er "dem deutschen Steuerzahler auf der Tasche". Später sind die drei, die der rechtsextremen Szene Greifswalds zuzuordnen sind, zu dem Obdachlosen zurückgekehrt, um ihn "mundtot" zu machen und damit eine Anzeige zu verhindern - sprich: ihn zu ermorden.

Über die Grausamkeit der Tat waren selbst erfahrene Gerichtsmediziner und Richter schockiert - der Schädel des Opfers war so zerstört, daß er während der Obduktion auseinanderfiel. Während der Haupttäter Maik J. anfangs noch die Tötungsabsicht dementierte, wurde sie später von den Angeklagten zugegeben, was zusammen mit gezeigter Reue und umfassenden Geständnissen als strafmildernd gewertet wurde. So muß Maik J. für siebeneinhalb und Marcel L. für sieben, der 21jährige Maik D., der nicht nach dem Jugendstrafrecht verurteilt wurde und sich bei der Tat zurückhaltender verhielt als die anderen beiden Faschos, für zehn Jahre ins Gefängnis.

Die extreme Rechte distanziert sich währenddessen von ihren Kameraden. So sei einer der 16jährigen, der der NPD angehörte, ja kurz vor der Tat aus dieser ausgeschlossen worden. Daß jedoch nicht die Parteimitgliedschaft das neonazistische Weltbild voraussetzt, sondern ständige Agitation und Beeinflussung im gesamten kulturellen Umfeld, sollten gerade die Macher des rechtsextremen Propagandadienstes stoertebeker.net eigentlich wissen. Aber vielleicht bekommen sie ja über die Hilforganisation für Nationale Gefangene einen PC in die Zelle. Dann können sie täglich Nazi-Nachrichten diverser Dienste lesen und lernen, daß Morde nicht begangen werden, solange die nationale Revolution noch nicht geglückt ist...

Hier einige Pressemeldungen auf einer Extraseite:
OZ vom 9. Juni SVZ vom 9. Juni OZ vom 30. Mai SVZ vom 30. Mai

11.06.2001
Das ganz normale Mecklenburg...

in einem Artikel der TAZ vom 7. Juni. Danke fürs Zusenden.

Christians Abschied
"Mein Leben ist Scheiße. Hauptsächlich, weil mich die rechtsradikalen Arschlöcher in der Schule andauernd verprügeln"

aus Wozinkel THOMAS GERLACH
Der Sand fällt nicht ins Grab. Er rinnt durch die Hand, Wind trägt ihn fort, er klebt an den Fingern - ins Grab fällt er nicht. Zwei Schülerinnen fassen sich bei den Händen, schauen in die Grube, wo Christian im Sarg liegt. Sie stehen da und stehen und greifen endlich zum Sand - der wie ein Seidentuch fortweht.
Klassenlehrerin, Direktor, Schüler - nacheinander treten sie an, gehen hinauf auf den kleinen Hügel. Christians Eltern sind unter die Blutbuche gegangen, starren aus der Ferne wie auf Eindringlinge. "Braune Brut! Braune Brut! Braune Brut!", zischt die Mutter inständig und leise, die Arme wie ein Schild vor die Brust gekreuzt. Die Worte hören wenige, die Geste sehen alle. Die Schüler, die Lehrerin, der Direktor stehen still, ihre Arme nach unten, als wären sie angetreten zum Appell.
Vor zwölf Tagen hat Christian zu Haus in Wozinkel, einem kleinen Dorf bei Parchim in Mecklenburg-Vorpommern, Zettel und Bleistift genommen: "An meine Freunde, Eltern und Bekannten! Das hier wird mein letztes Geschriebenes sein, weil ich mich erhängen werde. Mein Leben ist Scheiße. Kaum Freunde, schlechte Noten. Hauptsächlich aber, weil mich die großen rechtsradikalen Arschlöcher in meiner Schule andauernd verprügeln." Danach hat sich der 13-Jährige in der Scheune mit Benzin übergossen und ist mit einem Strick ins Haus gegangen. Seine Eltern waren beim Einkauf. Als sie kamen, roch es nach verbranntem Benzin, Christian fanden sie unter der Treppe hängen.

An der Kirchenmauer tanzen Wespen, das Grab ist noch offen. Kirche und Friedhof von Grebbin, zu dem Wozinkel gehört, liegen auf einer Anhöhe, drei Ausgänge führen ins Dorf, wer will, kann sich aus dem Weg gehen. "Wie wars auf der Beerdigung?" Trostlos. "Ich musste heute arbeiten", sagt eine Mutter. Wer Arbeit hat, hat eine Entschuldigung. "Der Christian, das war ein schöner Junge. Der war . . ." Kurzes Zögern, ". . . der war anders. Christian hat viel geredet." Den musste man bremsen. "Christian!" Sie ruft den Namen, als wollte sie den Jungen noch zurückhalten. "Vielleicht hat er in der Schule zu wenig gesagt?" Vielleicht. "Das mit den schlechten Zensuren stimmt nicht. Aber vielleicht ist er ja in den letzten Wochen stiller geworden? Ein guter Lehrer merkt so was." Die aus seiner Klasse seien das nicht gewesen, und depressiv war Christian auch nicht.
"Natürlich gibts Gewalt. Die Schule hat keinen guten Ruf." Sie selbst sei dem Schulbus schon hinterhergefahren, um zu beobachten, was die Älteren auf der Fahrt mit den Jüngeren treiben. Sie habe in der Pause den Schulhof beobachtet und gesehen, wie ältere Schüler die jüngeren unter Drohungen zum Rauchen zwangen. Die Lehrer haben dann die Jüngeren erwischt. Nein, von ihren Recherchen waren die Lehrer nicht erbaut. Und die eigenen Kinder auch nicht. "Du fährst wieder zurück - wir müssen da jeden Tag hingehen, haben die mir gesagt." Hinterher ist alles noch schlimmer. "Und die Lehrer sind wohl überfordert." In der Grundstufe kam es vor, dass Kinder mit Fingern auf den zeigen und auslachen, der nicht aufpasst. Auf Geheiß der Lehrerin. "Ich bin hingefahren und hab mit der Lehrerin gesprochen." Mag sein, dass das nun nicht mehr passiert.

Im Pfarrgarten steht eine Blutbuche, groß und schön wie die Schwester auf dem Friedhof. "Ich hab doch nicht gedacht, dass das hier so rechtsgerichtet ist!", sagt der Pfarrer. Er sitzt auf der Treppe zum Garten. "Aus dem Asylbewerberheim hat mich eine junge Kosovoalbanerin angesprochen, die hier eine Freundin sucht." Er sei zu einer jungen Frau gegangen und habe ihr das erzählt. "Aber Herr Pfarrer, wissen Sie denn nicht, was das hier für eine Gegend ist?" Sie habe nichts gegen Asylbewerber. "Aber wenn das rauskommt, dass sie mit einer Albanerin befreundet ist." Nein, das ginge nicht.
Der Pfarrer schüttelt den Kopf, faltet die Hände. Vor zwei Stunden hat er Christian beerdigt. Er hat in der halbleeren Kirche die Ansprache gehalten, hat mit Worten das Gewölbe erfüllt, hat die Stimme zur Klage gedehnt und wieder und wieder die Solidarität beschworen, die nun die Eltern erreichen möge. Der Vater saß auf der vordersten Bank im dünnen kurzärmligen Hemd, als ob irgendwo ein Feuer brenne. Im Amtszimmer stehen zwei Panoramapuzzles groß wie Poster, der Pfarrer kommt mit einer dicken Mappe heraus, ein Zettel klebt obenauf: "Aktion Giftgrube". Hinterm Dorf liegt ein altes NVA-Gelände, über 20 Hektar, eingezäunt, mit Erdwällen abgeschirmt. Vor über 16 Jahren zog von dort ein weißer stinkender Nebel über das Dorf. Seitdem forscht der Pfarrer, was es damit auf sich hatte, vermutet unterirdische Räume, chemische Kampfstoffe, Raketen. Er schüttelt den Kopf. Die Unzahl von Schreiben, die Anzeigen und die Antworten, der Pfarrer lacht kurz auf. Kein Ergebnis. Es gibt gewiss einige in Parchim und Schwerin, die den Pastor für meschugge halten.
Das Gelände ist geräumt, vor Monaten öffnete ein Pächter einen "Reiterhof". Danach zogen Skins durchs Dorf hin zum Gelände, schrien "Heil Hitler!", rüttelten an Zäunen und feierten im Schutz der Erdwälle ein Wochenende lang. Lautsprechergedröhn zog über Grebbin wie damals der Nebel. Eine Frau rief die Polizei. Ruhestörung? Dafür sei das Ordnungsamt zuständig. Und die Anruferin bekam den Rat, vorsichtig zu sein. Die Rechten könnten herausbekommen, wer zum Telefon greift. Die Polizei fährt wieder weg, wenn sie denn kommt, die Menschen müssen bleiben.
Der Pfarrer schrieb im Februar an den Innenminister in Schwerin: "Ich bin in großer Sorge, dass sich NPD-Leute zu diesen [unterirdischen] Räumen Zugang verschaffen könnten und dass sie dort eines Tages unbemerkt Menschen, die ihrem Feindbild entsprechen, verschwinden lassen." Der Innenminister ließ antworten. "Zu Ihrer Beruhigung kann ich Ihnen mitteilen, dass die Aktivitäten der NPD auf dem Reiterhof Grebbin den Sicherheitsbehörden des Landes bekannt sind und aufmerksam beobachtet werden." Man wirke auf die Beendigung dieser Aktivitäten hin. Der "Reiterhof" ist offenbar geschlossen. Halbwüchsige treiben sich dort jetzt herum. Manchmal tragen sie Tarnanzüge.

Die Schule im Nachbardorf ist gesichert. Türen verschlossen, Klingel defekt, die Sekretärin wiegelt ab: "Ich kann Ihnen gleich sagen, der Direktor gibt keine Auskunft. Wenden Sie sich an das Kultusministerium in Schwerin." Sie nickt. Ja, das mit Christian sei schlimm. "Wir hoffen, dass Ruhe einkehrt, jetzt, wo die Beerdigung gewesen ist."
Zu beiden Seiten der Dorfstraße stehen mächtige Eichen, die Schulbushaltestelle ist leer. "Hast Du in Deinem Garten eine deutsche Eiche stehen, möcht ich . . ." Kein Name, bloß ein paar Punkte ". . . daran hängen sehn." Schülerreime, Geschmiere, da schaut keiner mehr hin, die Lehrer fahren mit Autos. "Es ist wahrscheinlich nicht auszuschließen, dass Christian mit Gewalt konfrontiert wurde", sagt der Direktor. Er steht vor der Schule und redet nun doch, ein hagerer Mann. Das mit der Gewalt sei schwierig. Wenn er auf den Hof komme, passiere nichts, vielen Kollegen gehe es so. Man sei jedoch auf einem guten Weg gewesen, um Schlimmes zu verhindern. Bis vor zwei Jahren habe es eine Sozialarbeiterin gegeben. Die AB- Maßnahme sei ausgelaufen. Außerdem führten die Schulzusammenlegungen dazu, dass sich die 250 Schüler untereinander immer weniger kennen. Stattdessen bilden sich immer mehr Cliquen. Der Direktor redet, als ob eine Kamera mitläuft, Schüler grüßen höflich. Ja, es gebe jetzt einen Vertrauenslehrer. "Die Schüler haben den Wunsch geäußert." Jetzt erst? Ja, sagt er, man könne doch so etwas nicht verordnen.

Zu Haus in Wozinkel steht Christians Mountainbike, sauber, leuchtend blau und ohne Kratzer. Christians Vater schaut in die Scheune, Maurerkellen, Meißel, Hämmer sind akkurat aufgereiht, er trägt wieder das kurzärmlige Hemd. "Christian hat begonnen, einen Fischereischein zu machen. Wir haben ihm am Tag zuvor Schuhe gekauft. Und dann so was?" Er ist auf den Hof gegangen. "Das passt doch nicht?" Das Haus steht einzeln, zum Nachbarn ist es weit, zwischen den Grundstücken wogt Roggen, bald wird er stauben und blühen. Zwei Wochen vor seinem Tod kam Christian beim Abendbrot mit einem Gedicht. "Die Gewalt" von Erich Fried. Hier, lies das mal! - Ja, Christian, lass mich doch erst mal essen. "Die Gewalt fängt nicht an, wenn einer einen erwürgt. Sie fängt an, wenn einer sagt: Ich liebe dich: Du gehörst mir!" Christian hat gedrängelt: Lies das! - Wer hat denn das geahnt? Neben dem Haus hat der Vater einen Mammutbaum gepflanzt: Christian, der wird noch stehen, wenn wir beide nicht mehr sind. Hinterm Haus zieht es. "Ja, hier pfeift immer der Wind", sagt der Vater. Und plötzlich: "Wenn die Lehrer nicht in der Lage sind, auf mein Kind aufzupassen, müssen sie weg!" Steif und abgehackt kommen die Wörter, steif und fest steht sein Körper. "Ich will mit dem Finger auf die Lehrer zeigen!" Sein Finger stößt nach unten, wieder und wieder.
In Christians Zimmer liegt das Gedicht, das sie in der Schule behandelt haben: "Die Gewalt kann man vielleicht nie mit Gewalt überwinden aber vielleicht auch nicht immer ohne Gewalt." Manchmal auch gegen sich selbst.

06.06.2001
Rosa Elefanten, überall rosa Elefanten!

So oder ähnlich muß es wohl der berliner Polizei gehen. Doch statt der Flucht oder dem Gang zum Psychiater machen es die dortigen Verantwortlichen anders: sie drucken Fahndungsplakate der imaginären Gestalten und setzen Kopfgelder aus.

Auch wenn mensch es vermuten könnte, um Elefanten geht es natürlich nicht. Vielmehr um linke Gewalttäter. Unruhestifter. Terroristen. Dieser gab es, nach Angaben der Beamten, viele bei den durch sie ausgelösten Auseinandersetzungen zum ersten Mai in Berlin. In deutscher Tradition wurden dort Fahndungsplakate herausgegeben, auf denen insgesamt 85 Personen abgebildet sind, die "im Verdacht stehen, Pflastersteine auf Polizisten geworfen zu haben". Für Hinweise zur Identifizierung der Personen ist sogar ein Kopfgeld von 1000 Märkern ausgesetzt. Als Quelle wurden unzählige Videoaufnahmen von Polizeieinheiten sowie aus dem Fernsehen und eines Bürgers benutzt, wie die Polizei mitteilt, tausend Sätze mit je vier Plakaten wurden gedruckt.

Deutsche Tradition. Wahrlich, denn die Plakate ähneln, gewiß nicht zufällig, den Fahndungsplakaten nach RAF-Mitglieder. Daß hier eine Überbewertung der verdächtigten Demonstranten, die sie mit Terroristen gleichstellt, geschieht, mögen Beobachter der Ereignisse um Innensenator Werthebachs als gewollt bezeichnen. Denn eine Legitimation seines Handelns hat Werthebach dringend nötig, bescheinigte ihm nicht nur die Öffentlichkeit, sondern auch die Kollegie aus der Politik sowie die Presse, daß sein Verbot der Revolutionären 1. Mai - Demonstration bei gleichzeitiger Demonstrationserlaubnis für die NPD-Nazis auf wenig Sympathien stieß. Viele Meinungsäußerungen berliner Bürger in Presse, Radio, TV oder bei Versammlungen öffentlicher Vertreter, aber auch eine Abstimmung auf der offiziellen Internetseite Berlins, bei der sich nur 15% von über 3000 Votierenden für den Innensenator aussprachen, und die dann ohne Auswertung plötzlich in der Versenkung verschwand, bestätigen dies.

So nun wenigstens der nachträgliche Versuch des Rechtfertigens. Ein gefährliches Spiel. Nicht nur wird weiterhin von den Verantwortlichen nicht behandelt, wie die Polizei durch ihre Taktik des Zusammendrängens der DemonstrantInnen eine Eskalation provozierte - von steinewerfenden Zivilbullen gar nicht mal zu reden -, sondern die Teilnehmer der Ereignisse, also alle, die sich am 1. Mai am Mariannenplatz befanden, werden in ein kriminelles Umfeld gerückt. Und Demonstranten, die ihren Frust über die erlebte Gewalt rauslassen, zu Terroristen hochstigmatisiert. Aber auch Personenschutz bleibt unbeachtet - wer nix gemacht hat, bleibt trotzdem gebranntmarkt.
Gefährlich für Werthebach. Denn wer sich plötzlich zu Unrecht in einer Täterrolle wiederfindet, wird sicherlich weiterhin dem Staat wenig Gehorsam zollen.

05.06.2001
Wenn aus Tätern Opfer werden

Der 52. Sudetendeutsche Tag, eine ganze Schar Vertriebener oder deren Nachwuchs treffen sich in Augsburg, um die kollektive Identität zu feiern und den gemeinsamen Feind anzuprangern. Hier ist es die tschechische Regierung, von der gefordert wird, die Benes-Dekrete aufzuheben, die Grundlage für die Vertreibung der in Tschechien lebenden Deutschen nach dem Zweiten Weltkrieg waren. Nur so könne, meint allen voran der bayrische CSU-Landeslenker Edmund Stoiber, eine Integration in die EU erreicht werden. Auf die Sprecherin der Bundesregierung, die den "Beitritt Tschechiens zur EU nicht mit politischen Fragen aus der Vergangenheit" verknüpfen will, reagierten die Opfer tschechischer Menschenrechtsverletzungen mit Pfiffen und Buhrufen.

Wiedermal ein Beispiel nicht nur neudeutscher Schuldverdrängung nach Ende des Zweiten Weltkriegs. Deutsche, die Europa in ein Trümmerfeld verbrannter Erde verwandelt haben, zwischem dem sie es trotzdem noch schafften, Menschen in industrieller Abfertigung zu morden, fühlen sich als Opfer. Sie, die da gemeinschaftlich alle Menschenrechte und moralischen Bedenken in den Gaskammern Auschwitz' verschwinden ließen oder sie in Massengräbern versenkten, berufen sich nun auf sie. Ein Hohn und Spott den Opfern gegenüber.

Denn wo gab es denn die Wiedergutmachung der in Tschechien begangenen Verbrechen oder die Bestrafung der Täter? Die nicht einmal halbherzige Entnazifierung in Deutschland ist ihrer fehlenden Konsequenz wegen ein schlechtes Beispiel. Freilich, Menschrechtsverletzungen bleiben auch solche. Doch in dem Ausnahmezustand, in den die Deutschen Europa gestürzt haben und mit dem sie sogar ihre Taten rechtfertigen - "es waren nunmal schreckliche Zeiten" - , ist es auch nachvollziehbar, wenn nun die Opfer jahrelanger Unterdrückung und Peinigung die Täter, die jüdische Mitbürger oder tschechische Oppositionelle denunziert, ermordet und dann ihr Eigentum aufgekauft haben, aus ihrem Leben vertreiben. Ohne sie, wie es die Deutschen taten, in Konzentrationslager zu stecken, sie hinterrücks zu erschießen oder ihre Dörfer niederzubrennen.

Freilich, Unrecht bleibt Unrecht, eine Menschenrechtsverletzung muß auch so benannt werden. Nur sollten sich die Täter des grausigen Höhepunkts deutscher Geschichte nicht darauf berufen, die nun wieder in einem Europa dominierenden Deutschland ihre Zeit herannahen sehen.

Uff. Nachrichtenschauen kann aber auch frustrierend sein.

03.06.2001
Folgende Meldung erreichte uns über die Nazi-Demo gestern in Greifswald, die wir hier natürlich wiedergeben

"Ihr macht doch sowieso keine Hausaufgaben" - Nazis demonstrieren für den Erhalt von Schulen

Zwischen fünfzig und sechzig Jugendliche, bis auf an einer Hand abzuzählende Ausnahmen Rechtsextreme, fanden sich gestern im greifswalder Ostseeviertel, einem Neubau-Ghetto, zusammen, um unter dem Vorsatz des Erhalts von Schulen zu marschieren. Aufgerufen hatte dazu eine von der NPD angeleitete Schülerinitiative, deren Vorsitzende Caroline Beetz dann auch auf der Abschlußkundgebung mal schnell Hallo sagen durfte als duffte Nazi-Quotenfrau. Ansonsten erzählten Hannes Gerlach als Ex-Vorsitzender der Schülerinitiative und Robert Rupprecht von einer stralsunder Schüler-/Auszubildendeninitiative den üblichen Mist von Repression an Schulen und fehlender Toleranz, natürlich nur in Bezug auf die ach so toleranten Jung-Nazis. Und die platte Polemik gegen den politischen Gegner durfte natürlich auch nicht fehlen.

Begleitet wurde die Demo, bei der die Ordner alle paar Minuten auf die Gehordnung achteten und Trinken, Rauchen und Essen verboten waren, von ca. 10 Punks. Eine zu erwähnende Mobilisierung zu Gegenaktionen gab es nicht. Die Jugendlichen nahmen die von den Faschos gebrüllten Parolen und die Nasen selber aufs Korn. So wurden aus "Eltern laßt das Glotzen sein, reiht euch in die Demo ein" "Eltern laßt das Glotzen sein, seid doch auch mal Nazischwein", auf Sprüche von linken lügenden Pädagogen wurde reagiert, daß die Nazis das Lügen ja besser beherrschen, es wurden in schönster Punk-Gröhlerei, die nicht mal ein Megaphon benötigte, übliche Parolen zu "Greifswald den Greifswaldern, Stralsunder raus!" weitergedacht. Letztgenanntes passte zu der Tatsache, daß knapp die Hälfte der Nazis von außerhalb kam, darunter auch der stralsunder Neonazi Axel Möller. Dieser ist Drahtzieher des rechtsextremen Nachrichtendienstes stoertebeker.net, von dessen Besuchern schätzungsweise die Hälfte Antifas oder Staatsschützer sind, und ist geistiger Kopf und Stichwortgeber der pommer'schen Faschos. Einer dieser typischen sich seriös gebenden Neonazis, die von Paranoia über jüdischen Weltzionismus und roten Verschwörungsterror gejagt werden und die gerne in der Unerkanntheit agieren. Möller jedoch freut sich ganz dolle, wenn er im Mittelpunkt steht, so etwa bei einem Fernsehinterview mit dem NDR am Sonnabend (zu sehen bei einem Bericht über die Demo nächsten Donnerstagabend auf N3).
Die Bürger, die die Faschos so sahen, reagierten mit typisch ostdeutscher Passivität oder Ablehung ("Die gehören doch alle ins Gefängnis!") oder waren erschrocken, auch, weil die gerade vor Gericht stehenden Mörder des Obdachlosen Eckhard Rütz aus dem Umfeld kamen, was da aufmarschierte.

Laut stoertebeker.net war ein sich anschließendes NPD-Kinderfest am Sonnabend gut besucht von 150 bis 180 Leuten. Daß diese nicht verschreckt wurden, ist auch kein Wunder, zogen doch die meisten Fascho-Skinheads nach der Demo ab und liefen lieber pöbelnd oder auch mal "Sieg Heil"-brüllend mit ihren Pommern-Fahnen durch Greifswald.

Tschüß!

02.06.2001
Vorwärts in Gestern!

Mal wieder eine Demo. Mal wieder im national befreiten Osten. National befreit? Halt nein, da gibt es doch noch einige Städte, in der sich zumindest ein paar Leute um eine kontinuierliche alternative Kulturarbeit auszeichnen. Zu linksextremen Hochburgen werden sie hochstilisiert, die die Rechten in ihren Machtgelüsten erobern müssen.

So oder ähnlich könnte es auf das mecklenburgische Neubrandenburg zutreffen, in dem am 14. Juli die rechtsextremen freien Nationalisten "gegen Globalisierung und Euro-Wahn" marschieren wollen. Treffpunkt ist der Parkplatz Weidenweg am Hallenbad, gegen zwölfe gehts los, für Infos gibts das Freie Infotelefon. Eine Suppe mehr, in die mensch den Nazis spucken sollte. Inwiefern das gelingen wird in Neubrandenburg, wird sich im Sommer zeigen.

02.06.2001
Der Adler spreizt die Schwingen

Im Bundestag wurde diskutiert. Nun gut, diskutiert wird dort viel, doch was rauskommt, ist meist vorher schon klar. So auch die Debatte mit anschließender Abstimmung über die Verlängerung des Mandates der Bundeswehr für den Einsatz im ehemaligen Jugoslawien.
Klar, die PDS ist dagegen. Und Teile der Grünen auch, war vorauszusehen. Auch die FDP hat gegen die Verlängerung gestimmt, doch nicht eines plötzlichen Anfalls von Pazifismus wegen, sondern nur, weil sie die auch von der CDU vorgetragene Kritik, daß ein Auslandseinsatz nicht akzeptabel sei, wenn nicht genug Gelder für die Armee vorhanden seien, auch in die Tat umsetzte. Die konservative Opposition bewahrte sich diesen Schritt dann lieber für das nächste Jahr auf, wenn erneut eine Entscheidung über die Besetzung des Balkans ansteht. Und vielleicht dürfen die soldatischen Knechte dann auch schon einen Abstecher nach Belgrad machen, vielleicht auch nach Skopje, wurde das Mandat dieses Jahr doch schon über den Kosovo hinaus auf die Sicherheitszone zwischen diesem und Serbien bzw. Montenegro ausgedehnt.

Freilich, die Kritik der CDU ist politisches Geplänkel; zu sehr gefällt ihr doch auch die von der rot-grünen Regierung militärisch durchgesetzte Rolle des "wir-sind-wieder-wer"-Deutschlands. Da ist die allgegenwärtige Präsenz der Deutschen Mark als Zahlungsmittel im Kosovo, in Montenegro und in Teilen Bosnien-Herzegowinas nur Ausdruck von Verhältnissen, zu deren Schaffung Deutschland wesentlich beigetragen hat. Und wenn dann noch im Rahmen der Kriegspropaganda vor zwei Jahren die nationale Identität durch Relativierung des Holocausts gestärkt werden konnte - was wünscht sich der nationale Deutsche mehr? Nun ja, auch wenn es die CDU nicht geschafft hat, dies auszuführen, sondern die Sozialdemokraten es mal wieder beweisen mußten, daß sie viel rechter als ihre rechte Opposition sein können. Aber diese hat wenigstens in der Regierungszeit vorher die geistigen und politischen Grundlagen gelegt, da kann sie stolz sein.

Ach, und der Kosovo? Der ist doch zweitrangig, kümmern doch ethnische Konflikte oder Diktaturen sonst auch niemanden der Herren der Ersten Welt. Sie sind nur Spielball für ihre Politik, in der es darum geht, wer mehr Macht und Einfluß besitzt.

Ein makabres Spiel.

02.06.2001
Rechte Jugend aktiv in Greifswald

Wie die Lokalausgabe des Nordkurier für Usedom berichtet, griffen drei Faschos am Donnerstagabend zwei Studenten aus Guinea an. Ein 16- und ein 18jähriger sowie ein 15jähriges Mädchen beschimpften die beiden erst und traten sie dann. Der älteste wurde, nachdem die Polizei alamiert wurde, in die Ausnächterungszelle gesteckt und die beiden anderen ihren Eltern übergeben. So konnten dann wenigstens alle drei heute sicherlich zur Fascho-Demo gehen und sich dort überzeugen lassen, daß es keine von Rechten ausgehende Gewalt in Greifswald gäbe. Und ja sowieso nur die fehlende Bildung schuld ist, daß sie so scheiße sind... Wie es den Opfern geht, schrieb der Nordkurier nicht.

01.06.2001
Faschos stressen in Bunter Hütte

Eine unangenehme Überraschung erlebten die Gäste des Jugendclubs "Bunte Hütte", überwiegend alternative Jugendliche, am 30. Mai. Drei Nazi-Skinheads begaben sich in das Gebäude und provozierten mit ihrem Verhalten die Anwesenden. Als ein junger Punk etwas gegen ihre Anwesenheit sagte, erntete er kurzerhand Faustschläge ins Gesicht, der Notarzt mußte gerufen werden. Der Betroffene hat inzwischen Anzeige bei der Polizei erstattet.