links-lang fetzt!

29.05.2001
In ihrer heutigen Ausgabe berichtet die Strelitzer Zeitung, Regionalausgabe des Nordkurier für Mecklenburg-Strelitz, über Rechtsextremismus in der Region. Wir geben mal unkommentiert nur den Artikel wieder.

Jugendarbeit soll Rechte stoppen
Staatsschützer sehen Schüler-Zulauf zur Szene - Straftaten sind gestiegen
Mecklenburg-Strelitz. Bei der Bekämpfung des Rechtsextremismus sind vor allem die Bürgermeister und Jugendbetreuer in den Städten und Gemeinden gefragt. "Es sind die eigenen Jugendlichen", unterstrich der Abteilungsleiter Staatsschutz beim Landeskriminalamt, Ulrich Hinse. Außerdem sei das Problem eigentlich nur dadurch zu bekämpfen, dass man den Zulauf der Jugendlichen zur Szene stoppe.
Überzeugte Rechte seien so gut wie gar nicht umzustimmen. Bei ihnen gehe es um die Verhinderung von Straftaten.

Auch in Mecklenburg-Strelitz sei Rechtsextremismus ein Jugendphänomen und trete in Gruppen auf. Deshalb sollten vor allem Lehrer nicht wegsehen, wenn sie bei Einzelnen Anzeichen entdecken, und gleich dagegen vorgehen. "Es gibt keinen Lehrer, der Angst zu haben braucht. Einzeln sind sie feige", so Hinse. Jugendarbeit erhalte eine besondere Bedeutung. Es sei wichtig, dass die Zehn- bis Dreizehnjährigen Argumente an die Hand bekommen, um sich mit den Thesen der oft vor den Schulen stehenden NPD auseinandersetzen zu können.

Fast 50 Prozent mehr

Rechtsextreme Straftaten sind in Mecklenburg-Strelitz entgegen dem Trend in der Kriminalstatistik allgemein im vergangenen Jahr angestiegen. Insgesamt wurden 21 Delikte gezählt, das sind sechs mehr als im Vorjahr, zog Ulrich Hinse Bilanz. Allerdings gebe es einen großen Unterschied in der Bewertung des Begriffs "rechtsextrem". So seien für die Bevölkerung alle Straftaten oder Belästigungen durch Kahlgeschorene ein rechtes Problem, für die Polizei zählen dazu aber nur Taten mit politischem Hintergrund.

Drei "Kameradschaften"

Das sei beispielsweise der Versuch von zehn Jugendlichen, einen China-Imbiss umzuwerfen, oder die Versammlung auf einer Wiese mit Sieg-Heil-Rufen. Einmal habe die Polizei im Landkreis einen Verdächtigen mit einer Waffe gestellt, der in seinem Ausweis ein Hakenkreuz hatte. "Diese Delikte sind nicht sonderlich ausgeprägt. Es gibt aber Jugendliche, die ihre rechte Gesinnung nach außen tragen", wertete Ulrich Hinse. Unklar sei ein politischer Hintergrund oft bei Schmierereien in Schulen oder zum Beispiel bei einem demolierten Auto mit eingeritztem Hakenkreuz, wo die Täter unbekannt seien. Oft sei dies unmotivierter Protest. In Mecklenburg-Strelitz sind drei rechte "Kameradschaften" bekannt. Das sei der "Unabhängige Freundeskreis Neustrelitz" mit Treff in Godendorf, der "ZOB" (zukunftsorientierter Bund) und die "White Youth". Für ihre Treffen nutzen die Rechten gern Tankstellen, so in Mirow oder Friedland. Auch die Marktplätze von Woldegk und Neustrelitz sowie ein Garagentrakt und Parkplätze in Burg Stargard seien als Treffs beliebt. Parallel dazu werden als Privatfeiern deklarierte Konzerte organisiert. Die größten derartigen Veranstaltungen haben es im vergangenen Jahr im März in Burg Stargard mit 150 Teilnehmern gegeben, im April in Godendorf mit 60 Besuchern und im Mai bei Georgenhof mit 60 Teilnehmern.

23.05.2001
Nazis aus Brandenburg und McPomm dringen in Wittstock in Wohnung ein

Ruppiner Anzeiger vom 23. Mai, Jugendantifa Neuruppin:
Wittstock: Haftbefehle erlassen
Ermittlungen gegen fünf Tatverdächtige

WITTSTOCK Die Staatsanwaltschaft Neuruppin hat gestern gegen drei junge Männer Haftbefehl erlassen. Sie hatten nach dem gewaltsamen Eindringen in eine Wohnung in Wittstock den Inhaber geschlagen und dessen dunkelhäutiger Freund bei seiner Flucht über den Balkon verfolgt.
Die insgesamt fünf Tatverdächtigen aus Wittstock und Mecklenburg/Vorpommern hatten am Sonntag (20.05.2001) gegen 23.30 Uhr die Wohnungstür eingetreten. Der 18-jährige Inhaber wurde von zwei Eindringlingen ins Gesicht geschlagen. Sein gleichaltriger Freund, ein Deutscher afrikanischer Abstammung, flüchtete über den Balkon. Als er von einem der Eindringlinge verfolgt wurde, hangelte er sich am Wohnblock von Balkon zu Balkon. Dabei stürzte er in Höhe des dritten Stocks ab. Erst am Dienstag meldete sich der junge Mann telefonisch bei seiner Familie, wobei er über Rückenschmerzen klagte. Er wurde dann stationär im Klinikum Pritzwalk aufgenommen.
Gegen den 18-jährigen Tatverdächtigen, der den Flüchtenden verfolgte und gegen seine beiden 21 und 23 Jahre alten Komplizen, die den Wohnungsinhaber schlugen, hat die Staatsanwaltschaft Neuruppin Haftbefehle erlassen. Dies teilte Gerd Schnittcher, Leitender Oberstaatsanwalt, mit. Der 23-jährige Sven K. war erst im Februar aus der Haft entlassen worden. Er saß wegen des Brandanschlages auf einen Döner-Imbiss in Wittstock ein.

22.05.2001
Glänzende Glatzen in der Sonne

...wird es geben, wenn der Sommer, wie das rechtsextreme stoertebeker.net in seiner Mitteilung von heute schreibt, für Fascho-Demos genutzt wird. Am 7. Juli soll es in Schwerin eine NPD-Demo unter dem Motto "Gegen Globalisierung und Sozialabbau" geben; am 1. September wollen die nationalen Hanseln in Greifswald maschierenderweise vermutlich abstreiten, daß das Deutsche Reich den Zweiten Weltkrieg angefangen hat. Und daß am 2. Juni eine von der NPD angeleitete Schülerinitiative in Greifswald marschieren will, sollte bekannt sein.

21.05.2001
Hoch die Gewehre!

Da sei er wieder, der linkextremistische Terror der RAF, tönt die Bundesanwaltschaft. Nach ihrer Auflösung 1998 sei nun nachgewiesen worden, daß die beiden ehemaligen und schon länger untergetauchten RAF-Angehörigen Daniela Klette und Ernst-Volker Staub 1999 an einem Banküberfall beteiligt gewesen sind, der ihnen mit DNA-Tests nachgewiesen worden ist. Freilich ist dies kein einfacher Raub, sondern es sei von der Existenz einer neuen Terrorgruppe auszugehen, die politische Ziele verfolge, meinen die Sicherheitsbehörden. Klarklar.

Wer weiterliest, wird in vielen Artikeln ein vielbenutztes Wort wahrnehmen - DNA-Analyse. Und sich weiterhin fragen, wie Räuber einen Motorradhelm und eine Strumpfmaske am Tatort vergessen können, die als Indizien herangezogen werden können. Ziehen trifft dann wohl eher auf die Haare zu, an deren Ende diese doch recht abstruse Geschichte hängt. Es fällt nicht schwer zu vermuten, daß sie eher der Konstruktion einer angeblichen Gefahr dient, die als Begründung für weitere Verschärfungen bei der Strafverfolgung gilt. Muß doch die DNA-Analyse, die Strafverfolger seit ein paar Jahren richtig trendy finden, nicht nur in Bezug auf Vergewaltiger, sondern auch politische Übeltäter gerechtfertigt werden.
Als Beispiel für staatlich durchgeführte Geschichtenerzählereiaction soll hier nur das Celler Loch genannt werden.

Auch aus politischer Sicht wären Aktionen, wie sie die RAF durchführte, heute mehr als fehl am Platze. Eine bizarre Einstellung zur Gewalt und zu Zielen dieser sowie eine elitäre Argumentationsbasis waren schon Kritikpunkte der radikalen Linken, als diese noch in einem gesellschaftlichen Aufschwung war. Doch gerade zu gegebenem Zeitpunkt, wo sie auf Öffentlichkeit angewiesen ist, darf deplazierte Gewalt diese nicht abschrecken - mehr als ein kurzfristiges Gefühl der Befriedigung ist da nie drin. Doch, wie geschrieben, sollte mensch sich nicht heißmachen an einer Begründung mehr für die Einschränkung der Bürgerrechte. Erst vorige Woche wurde das G-10-Gesetz beschlossen, das das Brief-, Post- und Fernmeldegeheimnis weiter einschränkt, morgen ist ein nächstes Gesetz dran. Ach so große Bedrohungen für Freiheit und Demokratie sind da nur der Mittelteil.

21.05.2001
Ob Katz, ob Hund...

Ganz groß grinsen darf er. Und stolz sein. Aber nicht überrascht. Nun gut, etwas anders lautete das Konzept von Elmar Schaubs, CDU-Kandidat bei der Landratswahl in Mecklenburg-Strelitz, vor der Stimmabgabe zwar doch, aber trifft es sein Verhalten nach der Stichwahl am 20 Mai. Ein nettes Grinsen des Wahlgewinns wegen, der ihm 58,4 Prozent bescherte. Bei einer Beteiligung von zwar nur 28,4 Prozent aller stimmberechtigten Bürger, was rein rechnerisch ergibt, daß ganze 16,6 Prozent aller berechtigten Einwohner des Kreises seine Macht legitimieren. Stolz ist er trotzdem. Kann er wohl sein, daß er noch so viele Leute dazu bringen konnte, wählen zu gehen. Auch wir könnten eine Freude in die Wahl hineininterpretieren, würden wir genauso verquer denken wir demokratische Politiker - nur 16,6 Prozent der Einwohner des Kreises finden Sprüche wie "Asylbewerber sind anders zu behandeln" und "Ausländer, die bei uns leben wollen, müssen sich auch integrieren" toll und sind der Meinung, daß nur durch Ausbildung und Arbeit "Toleranz in der Gesellschaft möglich" wird. Überrascht dürfte der olle Elmar nicht sein, war doch schon nach der eigentlichen Wahl das Resultat klar. Unklar, wie er als Chef der Verwaltung des Landkreises in den nächsten Jahren handeln will, gläserne Verwaltung und bessere Kontakte zu den Nachbarn als angegebene Ziele sind inhaltsleere Phrasen. Daß es jedoch nicht besser wird für sozial Schwache und Ausgegrenzte, ist einfach zu mutmaßen.

Und der Gegenkandidat mit seinen 41,6 Prozent? Michael Kautz von der SPD darf noch bis zum 3. November im Amt bleiben, dann muß er gehen. Was er bis dahin noch so schönes bewerkstelligt und danach vorhat, kann eigentlich egal sein. So, wie es der überwältigenden Mehrheit der Einwohner des Kreises egal ist. Zu wissen, daß alle kleinen Unterschiede in der Durchführung einer Linie als große politische Differenzen eingeredet werden und wirkliche Veränderungen sicherlich nicht von Wahlen ausgehen werden, ist dann doch traurigerweise nur einem kleinen Teil der Menschen zuzutrauen.

Interessant höchsten noch ein Ergebnis aus Ostvorpommern. In dem von Nazis verseuchten Teil des Landes hat es doch tatsächlich eine PDS-Kandidatin an die Spitze des Landkreises geschafft. Ob sie zu mehr als ihre Kollegen der "demokratischen Mitte" fähig ist, wird sich zeigen. Die anderen erwähnenswerten Wahlen am Sonntag brachten die selben SPD-Amtsinhaber bei den Landratswahlen in Nordwestmecklenburg und Bad Doberan sowie bestätigten den CDU-Oberbürgermeister in Stralsund mit 60 Prozent vor 40 des PDS-Gegenkandidaten. Auf Rügen scheiterte die einzige Kandidatin, PDS, an der 25 Prozent-Hürde der Wahlbeteiligung. Diese lag insgesamt so zwischen 21 und 40 Prozent, wie die Presse berichtet.

20.05.2001
Verfassungsschutzbericht 2000 für McPomm erschienen

Das Jahr neigt sich der Mitte zu, da wird es Zeit für eine Publikation des Verfassungsschutzes. Genau, die Behörde der bürgerlichen Demokratie, die zwar Nazis Nazis nennt, aber auch Vertreter einer kommunistischen oder libertären, sprich: linksradikalen, Weltauffassung als Feinde der Volksherrschaft hinstellt. Und somit die Totalitarismustheorie sogar noch amtlich erweitert. Mit ihrem knapp 1,4 Millionen-Etat und der Unterstützung des Staatsschutzes jedenfalls haben es die Demokratieschützer nun geschafft, einen 34seitigen Bericht über Aktivitäten von sogenannten Rechts- und Linksextremisten sowie über den Auslandsextremismus in McPomm vorzulegen.

Über Faschos ist natürlich am meisten zu berichten. So werden diesem Spektrum 1700 Personen zugeordnet, hinzu kommt ein großes Mobilisierungspotential. Dem sogenannten "harten Kern" werden 900 Leute, 100 mehr als '99, zugeordnet, weiterhin gibt es etwa 50 Neonazis mehr, also 350 nun, 250 davon eingebunden in die "lockeren" Strukturen der "Freien Nationalisten", also der Kameradschaften. Von denen fielen um die 50 Stück auf, die jedoch teilweise in einen schnellebigen Auflösungs- und Neugründungsprozeß eingebunden sind. Die Zahl der Straftaten blieb konstant bei 268.
Weiter geht es mit der üblichen Erwähnung von Nazi-Konzerten, Nazi-Läden (Waren, Rostock, Anklam), Nazi-Aktionen, Nazi-Internetseiten und Nazi-Parteien. Alles schlimm, sogar dem Verfassungsschutzbericht bereitet es Sorge, daß die rassistische Ideologie auch über die "Szene" hinweg bei Jugendlichen Anklang findet. Frühe Erkenntnis.
Als aktiv werden Kameradschaften und NPD auch für die Strelitzer Ecke benannt, genauso gab es in der Umgebung mehrere (Musik-)Veranstaltungen mit (zu) vielen Teilnehmern, Mecklenburg-Strelitz teilt sich nach Rostock und Ostvorpommern den dritten Platz mit Schwerin bei der Anzahl der Straftaten mit 21 Stück. Es wären freilich mehr, würden auch alle gemeldet werden oder die Polizei sie nicht des politischen Hintergrundes berauben. Doch ist die Plazierung eine, auf die die lokalen Herrscher in den Rathäusern ja nicht sehr stolz sind.

Der Bericht kann mal wieder nichts sagen, was Interessierten nicht schon bekannt wäre. Vielleicht nützt er ja noch zum Erschrecken einiger Akteure und der ach so tollen Öffentlichkeit der "politischen Mitte". Wenn jedoch die Behörde ihre eigentlichen Erkenntnisse, etwa über konkrete Organisationsstrukturen, nicht veröffentlich und es fragwürdig ist, ob diese irgendwie bei der Verurteilung von Straftaten hinzugezogen werden, stellt sich die Frage nach ihrem Sinn. Ist es doch so, daß ein großer Teil des Geldes für die Bezahlung von Informanten in der Szene genutzt wird, die damit aber ihre Aktivitäten finanzieren. Geworben werden die Faschos mit finanziellen oder, wenn sie in einem Gerichtsverfahren hängen, strafverkürzenden Angeboten, dann werden bis zu 1000 DM monatlich in sie reingepumpt. Platzen tun sie selten: sie können eine Straftat begehen und so dumm sein, in der Hoffnung auf Strafmilderung ihre Beziehung zum VfS öffentlich zu nutzen. Oder sie outen sich selbst, was, wie sollte es sein, seltener passiert. Matthias Meier, Ronny Grubert oder Michael Grube sind hier nur einige Namen von Informaten aus der NPD-Szene McPomms, die die Faschos nach ihrer Enttarnung dazu nutzen, um ihnen Anstachelung zu Straftaten und ach so verpönten Neonazismus vorzuwerfen. "Seht ihr, wir sind gar nicht schlecht und böse, es sind die vom Verfassungsschutz bezahlten Provokateure, die Spielzeug klauen und Omas schubsen," tönt es so zum Beispiel öfter beim rechtsextremen stoertebeker.net durch.

Dieses freut sich übrigens auch in seiner Meldung vom 17. Mai, daß die "linke Szenekonkurrenz ohne Bedeutung" sei, und stützt sich dabei auf den Bericht. Schlecht, wenn die deutschen Recken nicht von sich selbst lernen, daß nichts berichtet werden kann über die, die ihre Arbeit im Stillen tun. Freilich, eine bedeutende Menge von aktiven Leuten, die dem "linksradikalen" Spektrum zugerechnet werden können, gibt es nicht. Doch können auch etwa 300 beziehungsweise die 200 den Autonomen zugerechneten Leute einiges tun. Vielleicht auch mehr in der Öffentlichkeit. Natürlich nicht, damit mensch sich damit rühmen kann, im VfS-Bericht zu stehen, doch sind es gerade öffentlichkeitswirksame Aktionen verschiedenster Art, die etwa die Aufmerksamkeit von Jugendlichen auf sich ziehen und sie dazu bringen können, sich mit den dahinterstehenden Inhalten zu befassen. Neben Bündnis-Pragmatismus kann eine individuelle Aktion auch mal wieder nett sein. Unsere kleinen Gedanken dazu...

Zum "Ausländerextremismus" gab es nicht viel zu sagen, einzig der PKK gehören ein paar Leute an, die jedoch keine größeren Aktivitäten in McPomm entfalteten.

Den Verfassungsschutzbericht des Landes sowie der für die gesamte BRD kann unter der Texte-Rubrik nachgelesen und heruntergeladen werden. Zu der Verbindung des Verfassungsschutzes mit der Nazi-Szene gab es übrigens einen interessanten Artikel in der zweiten Amöbe, einer kleinen linken Zeitung aus der Ecke um Rostock.

15.05.2001
Harald hebt den Finger, Helmut köchelt

Mal wieder ein Krach in der rosaroten Koalition von McPomm; doch diesmal ist es kein inhaltlich schwerwiegender, wie damals, als die SPD den angezettelten Angriffskrieg der Bundesregierung mitgetragen hat. Hat doch Harald Ringstorff "nur" in der Ländervertretung Bundesrat sich für McPomm bei der Abstimmung über die Rentenreform nicht enthalten, wie es in der Koalition abgesprochen war, sondern von der Landesregierung die Zustimmung gegeben.
Die PDS köchelt vor Empörung, die SPD rückt erst spärlich mit Statements raus. Eine unnötige Spielerei, ist doch das Handeln des Ministerpräsidenten nur ein deutliches Signal dafür, wie es eine westdeutsche Zeitung formulierte, "wer im Land das Sagen hat". Und so wird es auch bleiben, wie der Beschluß auf "Abwarten" der PDS-Parteigremien von Samstag vermuten läßt. Denn Veränderungen, denen mensch nachsagen könnte, daß sie in das Profil einer "demokratisch-sozialistischen" Partei passen, gingen von der Regierung des Landes weder aus oder unter. Zeichen einer Umverteilungspolitik? Schritte hin zu einer Friedenspolitik? Realitätsnahes Handeln gegen Rechts? Sollen ein paar SozialarbeiterInnen an Schulen und ein kräftig unterfinanzierter Verein für Demokratie und Toleranz alles sein, was von vier Jahren PDS-Regierungsbeteiligung übrig bleiben wird?
Sollte die PDS ihren Kurs nicht ändern, wird sie, wenn nicht ähnlich, so doch vergleichbar mit den Grünen im Westen, erhebliche Verluste beim alternativ-angehauchten, überwiegend jugendlichen Wählerpotential hinnehmen müssen. Und das wird bestimmt langsamer wegsterben als die ganzen alten traditionalistischen SED'ler. Was ihre Reformen dann gebracht haben, wird zu fragen sein, wenn eine große Koalition etwa zur "alten" Politik zurückkehrt...

10.05.2001
Nach dem Castor ist vor dem Castor

Wie vorher oft angekündigt, war es der 9. Mai, an dem der Castor-Transport von Rheinsberg nach Lubmin rollen sollte. 6 500 Bullen waren zu seiner Durchführung aus allen möglichen Bundesländern rangeholt worden, ein unabwägbares Personenpotential mehrerer hundert Leute aus wenigen lokalen Kräften, aber zB vielen Autonomen aus Berlin war es, was nach Aussage vieler Zeitungen auf der Seite der AtomkraftgegnerInnen stand.
Eine Fahrraddemo, Mahnwachen in verschiedensten Städten sowie Demonstrationen in den verschiedenen Städten gingen ihm voraus. Vor allem in Rheinsberg direkt waren CastorgegnerInnen am aktivsten, was sich auch in der Polizeipräsenz und deren Aktivitäten vor Ort niederschlug - so wurden Passanten, wenn sie sich nur den Schienen näherten, in deren Nähe zB Holz sammelten, sofort von Bullen oder BGS abgefangen, kleinste Veränderungen an der Umgebung wurden von Hubschraubern bemerkt und sofort kontrolliert. Anfang Mai wurde ein Demonstrationsverbot jeweils 50 Meter um die Schienen verhängt.
Am 9. Mai dann fuhr der über 200 Meter lange Castor-Zug mit vier Behältern, genauso vielen Loks und mehreren besetzten Personenwagen (die Artikeln zufolge makabererweise als Puffer bei Unglücken dienen) von Rheinsberg los. Bei Herzberg in Brandenburg eine erste Blockade von etwa 30 Leuten, die dann auch sofort in Gewahrsam genommen wurden. Nächste Station, wo Castorgegner standen, war Neustrelitz, in dem eine Mahnwache von knapp fünfundzwanzig Jugendlichen stattfand. In Neubrandenburg hatten sich über 250 Polizisten mitsamt zweier Wasserwerfer und einem Räumfahrzeug für 12 DemonstrantInnen zusammengefunden, die dann mangels Möglichkeiten zur Aktion lieber nach Greifswald aufbrachen, bevor der Castor ankam. Dort fand dann der Versuch einer Schienenbesetzung von mehreren Leuten statt, nach Quellen zwischen dreißig und sechzig, die jedoch von den Bütteln verhindert wurde. Ein Jugendlicher wurde in Gewahrsam genommen. Und vor dem Ortseingang Lubmins fand sich dann nochmal ein halbes Dutzend AtomkraftgegnerInnen zusammen, um den grinsend-strahlenden Bullen im Castorzug beim Vorbeifahren zuzusehen.

Markanterweise hatten zum Schluß auch einige Bündnis 90-Grüne sich an den Protesten gegen die Castor-Transporte beteiligt, deren an der Regierung beteiligte Bundespartei diese ja erst wieder ermöglicht hatte. Außer einem Abgeordneten, der für die PDS im Landtag sitzt, mischten keine demokratischen Sozialisten bei den Protesten mit. Hatten diese doch die Transporte auf Landesebene unter sogenannten "Sachzwängen" mitgetragen. Wieder ein Zeichen mehr, daß die PDS sich immer mehr mäßigt und von dem linken Profil, was sie sich mal gab, nicht mehr viel übrig bleiben wird. Und das auch nicht erst seit Gabi Zimmers wiederentdecktem Stolz auf Deutschland und der Anerkennung der Innovationsfreudigkeit des Kapitalismus.

Lassen wir das lieber... Bereits im Vorfeld gab es auch Aktionen in den verschiedensten Städten. Neben den unzähligen "Wir stellen uns quer"-Plakaten in schickem Gelb wurden in verschiedensten Städten McPomms und Brandenburgs noch "Maßnahmen für dne Katastrophenfall"-Broschüren verteilt, die augenscheinlich durch Irritationen in der Bevölkerung auf den Castor-Transport aufmerksam machen und für Nachfragen Telefone verantwortlicher Stellen in Politik und Verwaltung blockieren sollten. Sie gaben Ratschläge, vor dem Castor-Transport sich mit Lebensmitteln einzudecken, die Kinder nicht im Freien spielen zu lassen und De-Kontaminierungsmaßnahmen jederzeit ergreifen zu können.
Wie in anderen Orten auch wurde ebenso in Neustrelitz vor dem Transport in Infostand am Markt abgehalten, der fast nur auf positive Resonanz stieß. Enttäuschend jedoch der typische Satz "Was ihr macht, ist richtig. Wenn ich nur auch noch so jung wäre" in den verschiedensten Versionen. Ist es so schwierig, sich an einer Mahnwache zu beteiligen?
Daß zu dieser am Tag des Transportes in Neustrelitz so viele Jugendliche erschienen, ist erfreulich, wo doch gleichzeitig die Schule als Dauerereignis stattfand.
Ebenfalls schwirrt noch das Gerücht herum, daß Castor-GegnerInnen ein Transpi mit der Aufschrift "Castor stoppen" in der Nacht vom 6. zum 7. Mai von einer Brücke in der Stadt herabgelassen hätten. Eine tolle Aktion freilich, wenn auch dem Inhalt nicht so viele Menschen nachkommen werden und nicht vieleicht ein anderer Spruch hätte gewählt werden sollen... Aber schön, daß allgemein Menschen direkte Aktionen in Neustrelitz starten.

Wie mag es weitergehen? Nach dem Castor ist vor dem Castor. Das Atomprogramm steht immer noch, ein Ausstieg ist nicht in Sicht. Nach dem geringen Widerstand wird Lubmin sicherlich noch weiter Ziel für Atommülltransporte sein. Ob sich die Mecklenburger die Ostseelandschaft verdrecken lassen oder auch mal aufstehen werden, wird sich zeigen.

Aber vielleicht war der minimale Protest auch nur taktisch, damit beim nächsten Mal viel weniger Bullen eingesetzt werden, die dann von tausenden CastorgegnerInnen überrannt werden. Und dann werden die Castorbehälter umgelenkt und ins Regierungsviertel gefahren. Sollen die Herrscher dieses Landes mit ihrem ewigen Grinsen im Gesicht mal sehen, wie sie damit klarkommen.

grisu

4.05.2001

Zu unangemeldeten Demonstrationen hatten sich am 1. Mai in Goldberg (zwischen Parchim und Güstrow) und Neuruppin (Nordbrandenburg) Nazis eingefunden, die unangemeldet demonstrieren wollten. Waren es in Goldberg an die 50, die bei Eintreffen der Polizei sofort flohen und von denen nur die Autokennzeichen aus Bützow, Güstrow und Hamburg übrig blieben, wie die Schweriner Volkszeitung berichtet, so marschierten in Neuruppin knapp 100 nationale Spacken auf, deren Personalien aufgenommen werden konnten, wie von der Jugendantifa Neuruppin zu erfahren ist. Sie waren auf dem Weg nach Hause von der Demo in Berlin und hatten wohl noch nicht genug Gleichschritt abbekommen.

2.05.2001
Techno, Budenzauber und Straßenschlacht

Der erste Mai gestern war wieder mal ein Tag unterschiedlichster Aktionen von genauso unterschiedlichsten Menschen. In den meisten Städten wurde der Tag mit kleinen Gewerkschaftsdemos und -kundgebungen begangen, wo diese sich mal wieder als die ach so tollen ArbeiterInnenvertretungen darstellen konnten. So zB auch in Neustrelitz, in dem der Fanfarenzug der Demo vorausschritt in Richtung Kohlberg. Wenigstens störten keine örtlichen Nazis die Veranstaltung, denn die waren alle in Berlin. Dort fand eine von mehreren Demonstrationen der NPD in der gesamten BRD statt; während die in Berlin relativ ungestört verlief und etwa 700 Nazis marschieren konnten, mußte etwa die Demonstration von etwa 200 NPD'lern in Mannheim gleich nach dem Loslatschen umkehren, weil etwa 500 AntifaschistInnen sie direkt behinderten.
In Dresden "begleiteten" nur etwa 300 Leute direkt einen Aufmarsch von etwa 600 Hanseln, während gleichzeitig (wie in fast jeder Stadt mit einem solchen Aufmarsch) ein Fest gegen Rechts von Parteien und Gewerkschaften stattfand. In Essen wurde das Verbot einer NPD-Demo erst 20 Minuten vor Beginn aufgehoben, so daß 120 Deppen marschieren konnten, an die die Polizei die GegendemonstrantInnen, die über den Ort nix wußten, nicht kommen ließ. Trotzdem gelang es einigen, wie überall woanders auch vor allem im Nachhinein, den Nazis Farbflecken und blaue Augen zu verpassen.
In Frankfurt am Main, das die Kameradschaften zu ihrem zentralen Aufmarschort auserkoren hatten, konnten sie nicht marschieren. Mehrere tausend GegendemonstrantInnen lieferten sich mit Nazis und Polizei Straßenschlachten, ebenfalls abgeriegelt wurde die Stadt durch teils brennende Barrikaden. Die 800 bis 900 Nazis wurden mit Bahn und Bus durch die Gegend gefahren, denen AntifaschistInnen eine bessere Durchlüftung bescherten.

Techno als Message für mehr Arbeit wurde in Schwerin schon zum vierten Mal entdeckt und mehrere tausend Jugendliche hoppelten durch die Straßen. Der anwesende Gerhard Schröder wurde laut Schweriner Volkszeitung von den Leuten abgepfiffen und mit Buh-Rufen eingedeckt, so daß er nach drei Minuten "entnervt" die Bühne verließ. Er sprach vorher in Rostock. Eine "Bier-Parade" in Schwerin wurde schnell von der Polizei aufgelöst, wie die SVZ mitteilt.

Straßenschlachten am 1. Mai In Berlin, wo die traditionelle "Revolutionäre 1. Mai - Demonstration" verboten wurde, kam es am Abend und in der Nacht zu Straßenschlachten. Demonstrationen am Nachmittag, etwa gegen das Verbot, verliefen mit mehreren tausend Teilnehmen friedlich. Nachdem die 9000 Bullen am Abend rigoros das Demo-Verbot durchsetzen wollten und sogar ein friedliches Straßenfest am Mariannenplatz mit Tränengas und Wasserwerfern angriffen, flogen an verschiedenen Orten in Kreuzberg Steine und es wurden Barrikaden errichtet. Die Polizei offenbarte eine desolate Taktik und verheizte teilweise eigene Leute in der direkten Konfrontation, wie Teilnehmer berichten. Bereits am Vorabend ist es zu Auseinandersetzungen gekommen, wo Menschen ihren Frust über die stetige Polizeipräsenz ausließen.

Der 1. Mai wurde außerdem das zweite Mal zum Global Action Day ausgerufen, es gab weltweit phantasievolle Aktionen und Formen zivilen Ungehorsams. In London zB legten 500 langsam fahrende Radler laut n-tv den Berufsverkehr lahm.

Infos wie immer zB bei Indymedia, Bilder von Teilnehmern auch unter diesem oder diesem Link.