links-lang fetzt!

"Wer nicht feiert, hat verloren"

Während zum Tag der Befreiung im ganzen Land Gedenkveranstaltungen für die Opfer des Nationalsozialismus stattfinden und das Ende deutscher Terrorherrschaft gefeiert wird, missbraucht die Neonazi-Szene die Kriegstoten für ihre Propaganda.

09.05.2010

Gedenken in Rostock
Gedenken in Rostock, 600x800, 237 KB
Spassibo!
Spassibo! Dank den Sowjetsoldat_innen, 800x600, 221 KB
Fahrraddemo in Greifswald!
Fahrraddemo in Greifswald, 600x800, 122 KB
Celebrate Liberation
"Celebrate Liberation", 600x800, 166 KB
Flugblatt
Flugblatt von Rostocker Antifaschist_innen zum Tag der Befreiung, 1,2 MB
Mit dem Sieg der Alliierten am 8. Mai 1945 endete die nationalsozialistische Barbarei, die jahrelang die Menschen Europas gefoltert, geknechtet und gemordet hatte. Mit der bedingungslosen Kapitulation der Wehrmacht brach jener Staat zusammen, der die Welt in einen Krieg unvergleichbaren Ausmaßes gestürzt, einen Vernichtungskrieg gegen die Menschen Osteuropas begonnen, eine brutale Schreckensherrschaft in den besetzten Gebieten entfaltet und in seinem Rassewahn Millionen Unschuldige als Jüdinnen und Juden, Roma und Sinti, vermeintliche "Untermenschen" oder Gegner/innen des Regimes ermordet hatte. Mit dem Ende des Deutschen Reiches konnten die Menschen Europas wieder auf eine Zukunft hoffen.

Auch in Mecklenburg-Vorpommern fanden gestern im ganzen Land vielfältige Veranstaltungen statt, um der Opfer des deutschen Terrors zu gedenken, den alliierten Armeen für ihre Bemühungen zu danken und den Sieg über den Nationalsozialismus zu feiern.

Gedenken und Feiern zum Tag der Befreiung

Wie auch in anderen Städten nahmen etwa in Rostock am Vormittag mehr als 200 Menschen an einer Gedenkveranstaltung der Vereinigung der Verfolgten des Naziregimes - Bund der Antifaschistinnen und Antifaschisten teil. Auf dem Ehrenfriedhof der gefallenen Soldaten und Offiziere der Roten Armee gedachten sie der Opfer des Nationalsozialismus, während zugleich Redner/innen auf die Notwendigkeit hinwiesen, gegen die Nazis der Gegenwart auf der Straße, in den Parlamenten und überall aktiv zu werden.

In Greifswald machten knapp 50 Antifaschist/innen mit einer spontanen Fahrraddemo und Schildern, Fahnen, Luftballons, Konfetti und Musik auf das einer Feier würdige Jubiläum aufmerksam. Ihr Weg führte sie aus den Neubauvierteln Schönwalde I&II in die Innenstadt, wo ein Redebeitrag unter anderem die Geschmacklosigkeit der Einweihung eines Denkmals des "deutschen Patrioten" Caspar David Friedrich ausgerechnet am Tag der Befreiung thematisierte. Die Tour endet mit Borschtsch, Kuchen dekoriert in den Fahnen der Alliierten und Sekt.

Einweg-Propaganda der Neonazi-Szene in Demmin

Den Abend nutzten an die 200 Neonazis aus Vorpommern und Mecklenburg, um in Demmin ihre geschichtsrevisionistische Propaganda zu verbreiten und kundzutun, dass der 8. Mai 1945 das zu betrauernde vorläufige Ende ihrer politischen Wünsche bedeutete. Kurzfristig hatte sich in der Stadt ein Bündnis gegen Rechts zusammengefunden und bis zu 80 Menschen protestierten am rechten Kundgebungsort an der Peene lautstark gegen die Neonazis. Sie stellten damit klar, dass dem Krieg, der 1945 Deutschland erreichte, ein blutiger Vernichtungsfeldzug der Deutschen in aller Welt und besonders der Sowjetunion und Polen vorausgegangen war. Nach Auflagen des Landkreises und Gerichtsurteilen mussten die Neonazis ohne Fackeln demonstrieren, was einige mit Konstruktionen abgeschnittener Einwegflaschen wettzumachen versuchten. Als Redner trat der Ueckermünder NPD-Kreistagsabgeordnete Marcus Neumann auf.

Demmin wurde von der Neonazi-Szene zu einem regionalen Symbol auserkoren, da die Stadt im Unterschied zum Großteil des Landes nicht kampflos den Alliierten übergeben worden war. Stattdessen erschossen Deutsche die Parlamentäre der Roten Armee, sprengten Brücken, schossen aus den Häusern und brachten noch nach Ende der Kampfhandlungen hinterrücks Soldaten um - ein Demminer Apotheker etwa soll bei einer Siegesfeier sowjetische Offiziere vergiftet haben. Aus Teilen der Roten Armee - die bereits tausende Kilometer von den Deutschen zerstörten Landes zurückgelegt hatte und nun noch von der deutschen Zivilbevölkerung bekämpft wurde - kam es daraufhin zu Übergriffen, Teile der Stadt wurden angezündet. Aufgrund dieser Ereignisse, aber auch der Verhetzung durch die antirussische Propaganda der Nazis begingen viele Einwohner/innen Selbstmord und brachten ihre Kinder um; über neunhundert Menschen, berichtet der NDR, starben.

Die Mehrheit der deutschen Bevölkerung gedenkt dieser Toten, ist sich jedoch zugleich darüber im Klaren, dass es ohne die unvergleichbare Barbarei der Deutschen, ohne die Millionen Kinder, Alten, Männer und Frauen, die unterschiedslos von Einsatzgruppen, SS und Wehrmacht abgeschlachtet worden sind, nie zu diesen Ereignissen gekommen wäre. Die Neonazi-Szene jedoch ist an solchen Tatsachen nicht interessiert: Die deutschen Verbrechen heißt sie offen oder insgeheim gut, deutsche Kriegstote kann sie als Material für ihre Propaganda mißbrauchen.

Links

"Nie wieder Krieg! Nie wieder Faschismus!"
Aufruf und Bericht vom VVN-BdA zur Gedenkkundgebung in Rostock; mehr und mehr

"Spassibo! Thank you! Merci!"
Bericht von den Aktionen aus Greifswald bei der Antifa Greifswald; mehr

"Kriegsende in Demmin"
Ausführlicher Beitrag des Norddeutschen Rundfunk über die Ereignisse in Demmin von 1945; mehr