links-lang fetzt!

Polizei macht den Scheiß aus

Am Samstag demonstrierten in Rostock Antifaschist/innen gegen einen geplanten Auftritt der Band "Kategorie C" und die rechten Konzert-Veranstalter - am Abend demonstrierte die Staatsmacht dann überraschend Entschlossenheit.

01.06.2009

Antifa-Demo
Antifa-Demo, 534x800, 94 KB
KC-Konzertort
Ort des geplanten KC-Konzertes, 800x636, 88 KB
Schleusungspunkt
Missmut am Schleusungspunkt zum Konzert, 800x534, 152 KB
Die Rostocker Einkaufsmeile war Sonnabendmittag mit Tourist/innen und Einheimischen gut gefüllt. Und so hatten die knapp 300 Menschen, die lautstark vom Bahnhof zum Rathaus zogen, das Ziel der Demonstration "Mach den Scheiss aus!" schnell erreicht: ein geplantes Konzert der Neonazi-Szene in das Licht der öffentlichen Aufmerksamkeit zu zerren. Zwar kannte kaum jemand der Zuschauer/innen das Kürzel "KC", so dass am Rande des Zuges manchmal Erklärungen nötig waren, worum es überhaupt geht. Um so bekannter ist die Hooligan-Combo "Kategorie C" dafür in rechten Kreisen - und nicht nur dort. Auch Fussballfans, die sich als unpolitisch sehen, hören diese Musik. Die Band selbst beteuert, "absolut politisch neutral" zu sein und "keine politischen Kopfverdreher" zu dulden. Und so bestand ein wichtiger Teil der Kampagne gegen das Konzert im Aufzeigen der Verbindungen von Band und Veranstaltern zur rechten Szene. Mehrere Vortragsveranstaltungen und Internetveröffentlichungen der Antifaschistischen Jugendinitiative stießen erfolgreich Diskussionen beispielsweise in Internetcommunities wie NB-Town und MV-Spion an.

Spätestens am Tag des Konzerts wurde der Charakter der Veranstaltung offensichtlich. Bereits am Vormittag stimmten sich Rechte auf dem Hinterhof des Naziladens "Nordlicht" in Gnoien auf das Event ein. Am frühen Nachmittag trafen dann am Schleusungspunkt, dem Parkplatz des Rostocker Einkaufszentrums "Ostsee Park", die ersten zum Teil völlig betrunkenen Gäste ein. Bis zum Abend reisten mehrere hundert offensichtlich rechte Konzertbesucher aus ganz Mecklenburg-Vorpommern, aber auch Schleswig-Holstein, Hamburg, Sachsen und Brandenburg an. Geplanter Auftrittsort war das Gelände von Autoservice Scheel in Lambrechtshagen Ausbau, einem Partner vom zweitgrößten deutschen Automobilclub AvD. Nach einem Gästebuch-Eintrag wurde das Konzert dort erst am gleichen Tag angemeldet, da ein anderer Veranstaltungsort zuvor gekündigt worden war.

Die auf dem Areal abgesperrten Parkplätze und das aufgebaute Festzelt konnten ihren Zweck allerdings nicht erfüllen. Gegen 18 Uhr sperrte die Polizei die Zufahrt, kontrollierte die Anreisenden und deutete mit dem Auffahren von einem Räumpanzer wie auch zwei Wasserwerfern und einem Hubschrauber mehr an. Anderthalb Stunden später kam überraschend die Lautsprecher-Durchsage, dass das Konzert untersagt sei. Diese Nachricht wurde auch den Veranstaltern persönlich mitgeteilt, zu denen "politische Kopfverdreher" wie der Rostocker Neonazi und Liedermacher Martin Krause, der Doberaner NPD-Kandidat Frank-Uwe Linke und der rechte Multifunktionär David Petereit gehörten. Letzterer erhielt damit schon die zweite Verbotsverfügung innerhalb einer Woche, nachdem am Donnerstag der Neonazi-Zusammenschluss "Mecklenburgische Aktionsfront" verboten worden war. Begründet wurde die Konzertabsage mit der negativen Beeinflussung von Jugendlichen durch gewaltverherrlichende Texte und die Gefahr eines "unfriedlichen Verlaufs" der Veranstaltung. Etwas unfriedlich wurde es dann auch, als frustrierte KC-Anhänger das Gelände und die Umgebung nicht verlassen wollten. Rund drei Dutzend Personen wurde in Gewahrsam bzw. festgenommen und in Gefangenenbussen nach Rostock transportiert. Die Polizei ermittelt wegen des Verwendens von Kennzeichen verfassungswidriger Organisationen, des Verstoßes gegen das Betäubungsmittelgesetz, Körperverletzung und zwei Verstößen gegen das Waffengesetz. Über weitere befürchtete Ausschreitungen in Rostock oder ein Ausweichkonzert ist bislang nicht bekannt. Auf der Internetseite der Band wird allerdings eine Ersatzveranstaltung und eine Klage gegen das Verbot angekündigt.

Im Anschluss an die Antifa-Demo fand zudem in Güstrow ein kleines alternatives Straßenfest statt. Der Verein "Viva la Utopia" hatte auf den Platz vor dem Gerichtsgebäude zu Infoständen, Essen und Musik eingeladen, um der üblichen Samstag-Nachmittag-Leere in der Güstrower Innenstadt eine Alternative entgegen zustellen. Die Gruppe will sich in der Stadt für selbstbestimmte Kultur- und Jugendarbeit einsetzen und hatte sich in der Vergangenheit auch an kreativen Protesten gegen die rechte Szene beteiligt. Diese zeigte auch an diesem Tag Präsenz: der Veranstaltungsort wurde in der Nacht mit NPD-Plakaten und Anti-Antifa-Sprühparolen der "Autonomen Nationalisten Güstrow" verunziert.

Links

"Mach den Scheiß aus!"
Seite der Antifaschistischen Jugendinitiative mit allerlei Infos zu Kategorie C, der Rostocker Neonazi-Szene und der Antifa-Demo
http://machdenscheissaus.blogsport.de/