links-lang fetzt!

Dicke Luft für Nazis

Mit einem Aufmarsch wollten Neonazis gestern mal wieder die "rote Hochburg" Neubrandenburg knacken. Ihre Propaganda ging jedoch in einem massiven Protest unter.

02.05.2007

Antifa-Block
Antifa-Block, 800x532, 185 KB
Schneller fliehen!
Anweisung zur schnelleren Flucht vor Würfen, 600x800, 151 KB
Limbo-Udo
Limbo-Udo, 600x800, 150 KB
Kundgebung
Der mit dem Rücken zu den Bürgern zu denen mit dem Rücken zum Redner, 800x600, 176 KB
Sitzblockade
Sitzblockade vor der Umleitung der Nazis, 800x238, 82 KB
Glücklich sahen sie nicht aus, die knapp 600 Nazis, als sie sich durch eine enge Umleitung zwängen mußten. Eine Sitzblockade konnte sie dazu zwingen, zumindest ein paar hundert Meter ihrer Route aufzugeben. Doch auch so war Neubrandenburg kein Zuckerschlecken für den nationalen Sozialismus: In einem fast stetigen Spalier von Gegendemonstrant/innen, übertönt von Pfiffen, Trommeln, Parolen und Sprüchen, eingedeckt von Wurfgegenständen und so manches Equipments beraubt, zogen die Rechten durch die Stadt.

Von Fanfarenzügen und Durchbruchsversuchen...

Begonnen hatte der Tag mit einer antifaschistischen Bündnisdemo. Ein zuweilen skurriles Bild zeigte sich vor dem Neubrandenburger Rathaus, als der Umzug angeführt von einem Fanfarenzug loszog. Hinter ein paar Hundert Mitgliedern von Gewerkschaften und linken Parteien sowie engagierten Bürger/innen folgte ein 300-köpfiger Antifa-Block, dunkel gekleidet, mit poppiger und rockiger Musik und Redebeiträgen zum 1. Mai, der NPD in der Region, rechter Kapitalismuskritik und Vergangenheitspolitik in Neubrandenburg. Den Abschluss des Zuges bildete eine Kleinbahn, die jene mitnahm, die sich nicht vom Alter am Antifaschismus hindern lassen wollten.

Nach der Hälfte der Strecke versuchte der Antifa-Block mehrmals, eine Absperrung zu durchbrechen und auf die Route der Neonazis zu gelangen. Der Polizei, die mit Schlagstöcken brutal in die Demonstration prügelte, gelang es jedoch, dies zu verhindern. Zwar erlitten einige Antifas leichte Verletzungen, doch das organisierte Auftreten verhinderte während der gesamten Demo Fest- oder Ingewahrsamnahmen.

Während der Umzug seinen Abschluss in einem Maifest fand, sammelten sich am Bahnhof die Nazis. Aus Mecklenburg-Vorpommern, Brandenburg und Berlin waren sie einem ziemlich dünnen Aufruf der NPD und der Kameradschaften für mehr Arbeit und gegen die Kosten des G8-Gipfels gefolgt. Als Anmelder trat Enrico Hamisch auf, einer der Köpfe des Kameradschaftszusammenschlusses Soziales und Nationales Bündnis Pommern und Mitarbeiter der NPD im Landtag. Um ihn herum die ganze Riege jener bekannten Kader der Szene aus MV, die sich wie er inzwischen von den Mitteln für die Landtagsfraktion aushalten lassen.

... zu Sitzblockaden und lautstarker Ablehnung

Erstmal mussten sie alle jedoch am Bahnhof ausharren, weil eine Handvoll Antifaschist/innen die Straße blockierte. Anschließend stießen zu den protestierenden Antifas immer mehr Jugendliche und Bürger aus dem Stadtvierteln dazu, so dass die Nazis sich unentwegt anhören und nicht selten auch fühlen mußten, was ihre Gegner/innen von ihnen halten. Mehrere Rechte und ein Polizist trugen teils erhebliche Verletzungen davon, um die zwanzig Protestierer/innen wurden verhaftet.

Waren die Nazis anfangs noch entzückt von der hohen Zahl ihrer Teilnehmer/innen, wurde diese Freude schnell sichtlich abgelöst von Unbehagen angesichts der massiven Proteste; fanden diese doch nicht wie so oft abseits ihrer Demo, sondern von Angesichts zu Angesicht statt. Von Sozialprotest oder Kapitalismuskritik war da nur noch wenig zu hören, und stattdessen spuckte man trotzige Tiraden gegen die Antifas und die Bürger/innen aus den Lautsprechern. Wie die infantilen Angriffe auf demokratische Politiker während der Kundgebung, mit denen die NPD-Abgeordneten Udo Pastörs und Stefan Köster sich in ihrer Peinlichkeit bloßstellten, gingen sie jedoch größtenteils in einem unentwegten Schwall der lautstarken Ablehnung unter. Versuche einiger "autonomer Nationalisten", einen schwarzen Block nachzuahmen, sorgten für ausgelassene Heiterkeit wie auch der Kamerad, der Pastörs mit einem Schild vor zielgerichten Würfen schützen wollte, die mangelnde Ortskenntnis des Fraktionsvorsitzenden, der sich in Brandenburg wähnte, oder die nachlassende Anhänglichkeit der Nazis gegenüber ihren Fahnen.

Am Ende haben sich nicht wenige Antifaschist/innen guter Dinge auf den Heimweg gemacht. Mögen die Neonazis viel zu oft Erfolg dabei haben, abseits großer Demos ihre menschenverachtende Propaganda zu verbreiten, so haben sie mal wieder einen Dämpfer dabei bekommen, die "rote" oder auch "antideutsche Hochburg" Neubrandenburg zu knacken. Proteste wie dieser sind im Nordosten selten zu erleben. Sie sollten die Motivation dafür liefern, durch jene lange und anstrengende Arbeit im Alltag den Rechten und ihrer Propaganda entgegenzutreten. Damit es zwei, drei, viele Neubrandenburgs gibt.

Links

"Den Volkstänzern gehörig ein Bein gestellt"
Eine kurze Nachbetrachtung auf der Mobilisierungsseite
http://www.1mai-neubrandenburg.tk

Erfolgreicher 1. Mai auch in Neubrandenburg
Artikel bei indymedia
http://de.indymedia.org/2007/05/174632.shtml