links-lang fetzt!

Neonazi-Aufmarsch gestoppt

Mehrere hundert Menschen blockierten am Sonnabend einen Aufmarsch der Neonazi-Szene in Neubrandenburg. Es gelang jedoch nicht, ihn gänzlich zu verhindern.

30.05.2006

Neonazi-Demo
Im Aufruf von Männern schreiben, und die Mädels müssen die Transpis tragen, 600x310, 84 KB
Blökender Bröcker
Blökender Bröcker, 450x600, 62 KB
Protest
Protest, 600x400, 85 KB
Sitzblockade
Sitzblockade, 600x400, 80 KB
Polizei räumt
Polizei räumt, 600x400, 92 KB
Festnahme
Festnahme, 600x400, 91 KB
Der Blick ging nach unten. Obwohl Lutz Giesen unentwegt versuchte, seine Kameraden mit markigen Worten bei Laune zu halten, fühlten sich nicht wenige Nazis unwohl, als sie am Sonnabend in Neubrandenburg durch ein Spalier von Gegendemonstrant/innen laufen mussten. Diese hatten zuvor mit einer Blockade den Aufmarsch von Mecklenburgischer Aktionsfront, Sozialem und Nationalen Aktionsbündnis Pommern und NPD mehrere Stunden verzögern können.

Knapp 200 ihrer Anhänger waren nach Neubrandenburg gekommen, um in einem Neubauviertel Stimmen für die NPD bei der Landtagswahl im September zu werben und sich die Reden des Anklamers Michael Andrejewski und von Tino Müller aus Ueckermünde anzuhören. Etwa, dass alle Parteien versagt hätten und die NPD alles besser machen würde. Oder, so der wegen schwerer Körperverletzung verurteilte Lutz Giesen, dass die Ausländer selber schuld seien, wenn sie angegriffen werden würden. Da der Versuch der Stadtverwaltung, den Aufmarsch zu verbieten, scheiterte, riefen neben Antifa-Gruppen die Parteien der Stadt und ein Bürgerbündnis gegen Rechts zu Protesten gegen die Hetze der Neonazis auf. Zehntausende Flugblätter wurden verteilt, hunderte Neubrandenburger unterschrieben einen Aufruf gegen die NPD. An die 500 Menschen waren in dem mit Plakaten gegen Rechts ausstaffierten Viertel auf den Beinen und sorgten dafür, dass der Aufmarsch der Neonazis nicht ungestört von der Bühne gehen konnte.

Dass er darüber hinaus nicht gänzlich verhindert oder vorzeitig beendet werden konnte, lag jedoch nicht nur am Willen der Polizei, die mit bemerkenswerter Härte die Antifaschist/innen von der Straße räumte. Sie wurden durch das Viertel gejagt, beständig gefilmt und an den Köpfen aus einer Sitzblockade gezerrt; es gab über dreißig vorübergehenden Festnahmen. Auch die Unentschlossenheit vieler Gegendemonstrant/innen trug dazu bei, dass es der Polizei gelang, frühe Blockaden problemlos von der Straße zu verweisen. So fand die letztendlich längste Besetzung einer Straße schlichtweg zu spät statt.

Die relativ niedrigen Teilnehmer/innenzahlen der Aufmärsche in Neubrandenburg und am 1. Mai in Rostock verdeutlichen allerdings, dass das Wahljahr nicht unbedingt mit einer noch größeren Mobilisierungsfähigkeit der rechten Szene einhergeht. Dagegen gibt es gerade jetzt von verschiedensten Seiten ein Interesse, gegen die Propaganda der NPD aktiv zu werden. Insofern wird im Verlauf der nächsten Monate der Wahlkampf der Neonazis noch einigen Anlass geben, unter öffentlicher Aufmerksamkeit gegen deren Pläne eines "nationalen Sozialismus" auf die Straße zu gehen. Damit auch am Ende des Sommers der Blick beschämt sich nach unten senkt und die NPD-Anhänger ob des verpaßten Einzugs in den Landtag so einge Tränen vergießen.