Mecklenburger Gutmenschen
Die andere Welt, die mit Sozialforen möglich ist, ist die der demokratischen Zivilgesellschaft. Der Kapitalismus wird damit allerdings nicht abgeschafft.
25.04.2005
Wer vom Kapitalismus redet, kann auch vom Kapitalismus schweigen. SPD-Chef Müntefering macht dieser Tage vor, wie der kapitalistische Alltag mit dem Verweis auf die Möglichkeiten einer sozialen Marktwirtschaft verteidigt werden kann. Und das neugegründete Sozialforum Mecklenburg ahmt es ihm auf seinem ersten Treffen nach.
Von Bürgergesellschaft und Basisdemokratie ist die Rede, von Nachhaltigkeit und Gerechtigkeit. Theologen melden sich zu Wort, Künstler/innen und Kommunebewohner/innen sind dabei und auch Esoterik-Freaks dürfen nicht fehlen. Sie wollen an die weltweite Bewegung der Sozialforen anschließen und auch in West-Mecklenburg für eine bessere Welt eintreten.
Die bessere Welt, die sie meinen, ist allerdings ein Kapitalismus mit menschlichem Antlitz. Wenn über eine "Vorbildfunktion der Führungskräfte in Verwaltung, Politik und Wirtschaft" diskutiert wird, eine "verkümmerte Demokratie" bemängelt, die "Privatisierung öffentlicher Güter" kritisiert und immer wieder über fehlende Gerechtigkeit geklagt wird, offenbart das den moralbeladenen Versuch, sein Heil in Appellen an Staat und Regierung zu suchen. So, als ob eine andere Regierungspolitik schon alles richten würde und Gerhard Schröder eigentlich nur Gutes wolle, aber von den bösen Bossen daran gehindert würde.
Kapitalismus, Herrschaft und staatliche Gewalt werden mit einer solchen Politik nicht abgeschafft, sondern reformiert und zukunftsfähig gemacht. Doch obgleich die Schweriner Gutmenschen keine linksradikale Politik machen: Wenn sie es möglich machen, zivilgesellschaftliche Strukturen zu stärken, ist damit schon viel geschafft. Wo weite Landstriche von Sehnsüchten nach autoritäter Politik, Rassismus, Nationalismus und Antisemitismus geprägt sind, würden Sozialforen mit der Etablierung demokratischer Standards einen guten Anfang machen.
Links
Im Westen nichts Neues
Artikel über die Gründung des Sozialforums in der Ostseezeitung und der Schweriner Volkszeitung vom 25.04.2005
http://www.links-lang.de/presse/2605.php
Sozialforum in Schwerin
Bericht über die Gründung bei indymedia
http://de.indymedia.org/2005/04/112941.shtml
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