links-lang fetzt!

Polizisten wegen unverhältnismäßigem Einsatz vor Gericht

Weil sie während eines Einsatzes in Rostock Leute verprügelt haben sollen, stehen nun zwei Polizisten vor Gericht.

20.04.2004

Eine Pressemitteilung des Vereins Alternatives Wohnen in Rostock.

Zwei Beamte der Polizeidirektion Rostock müssen sich am Mittwoch, dem 21.04.2004 ab 12.30 Uhr wegen Körperverletzung im Amt vor dem Rostocker Amtsgericht in der Zochstrasse verantworten. Ihnen wird vorgeworfen, am Morgen des 3. März 2002 in der Rostocker Niklotstrasse Besucher einer Party stark misshandelt zu haben. Als Zeugen sind neben Polizeibeamten und einem Anwohner auch die beiden Geschädigten geladen, von denen eine Person als Nebenkläger am Prozess teilnimmt. "Meine Anwältin und ich wollen in jedem Fall auf eine gerechte Verurteilung der angeklagten Polizisten hinwirken. Es muss auch gegen gewalttätige Polizeibeamte möglich sein, das Recht auf Unversehrtheit der Gesundheit durchzusetzen", so der Nebenkläger Matthias L..

Zu dem massiven Polizeieinsatz in der Nacht vom 2. zum 3. März 2002 führte eine Anzeige von Anwohnern wegen Ruhestörung bei der Polizei. Bewohner der Niklotstrasse veranstalteten eine private Feier, bei der zwei Beamte erschienen, um auf die Beschwerden aufmerksam zu machen. Der daran anschließende Einsatz von ungefähr 40 Polizisten wurde im Nachhinein mit angeblichen Angriffen auf Beamte begründet. Dieser Vorwurf konnten aber bis heute nicht nachgewiesen werden. Sofort nach dem Eintreffen ging die Polizei auf die vor dem Haus stehenden Gäste los. Dabei nahm sie willkürlich vier Menschen fest. Während der Verhaftung waren zwei Besucher den besonders starken Gewaltexzessen der Polizisten ausgesetzt. Die Beamten traktierten ihre Opfer mit Händen und Füßen, schlugen den Kopf eines Betroffenen gegen ein Auto. Selbst in den Polizeifahrzeugen wurden die beiden weiter geschlagen, bis sie stark bluteten und eine Person fast das Bewusstsein verlor. Bei der Abfahrt fuhr ein Polizeifahrzeug einen Passanten an, ohne den Unfall aufzunehmen. Ein Inhaftierter musste noch aus dem Polizeigewahrsam ins Krankenhaus gefahren werden, da sein Zustand nach den Misshandlungen zu bedenklich war. Alle vier Verhafteten trugen Hämatome, Schürfungen, Quetschungen und Zahnverletzungen davon, die ein sofort nach der Freilassung aufgesuchter Arzt attestierte.

In der Folge dieses Einsatzes erstatteten drei der Betroffenen Strafanzeige gegen die Beamten. Als Reaktion darauf mussten sich zwei Personen selbst vor Gericht wegen Widerstand gegen die Staatsgewalt verantworten. Da diese Vorwürfe allerdings völlig haltlos waren, endeten die Verfahren mit einer Einstellung bzw. Freispruch. "Diese unhaltbaren Vorwürfe sollten nur den Polizeieinsatz rechtfertigen und von den Misshandlungen ablenken. Die vorsätzliche Gewalt gegenüber meinem Mandanten und den anderen Betroffenen sind aber in keiner Weise zu legitimieren und das werden wir versuchen, in der Gerichtsverhandlung herausstellen", sagt die Anwältin des Nebenklägers Ursula Ehrhardt und fordert ein "faires Verfahren und eine Verurteilung der Polizisten wegen Körperverletzung im Amt."

Immer wieder erfahren wir, dass die Gewalt von Seiten der Polizei gegen unliebsame Menschen keine Ausnahme darstellt. Vor einigen Monaten wurden beispielsweise in Stralsund zwei Beamte wegen Aussetzung mit Todesfolge eines Obdachlosen zu Gefängnisstrafen verurteilt. Wir gehen von vielen weiteren gewalttätigen Vorfällen aus, die jedoch aus Angst vor staatlichen Behörden nicht zur Anzeige kommen oder öffentlich werden. Häufig wird von Betroffenen der Grund angegeben, man könne doch sowieso nichts gegen die Polizei tun. Mit einer öffentlichen Thematisierung der Problematik wollen wir erreichen, dass das Gewaltpotenzial auch innerhalb von Polizeistrukturen abgebaut wird.