Heidentum und Sonnenrad
Durch ein "Heidnisches Metal Konzert" am morgigen Sonnabend im Tankhaus Stavenhagen werden sich auch Rechtsextreme angesprochen fühlen.
12.03.2004
Am 13.03.2004 werden die Metal Bands XIV DARK CENTURIES, SURTURS LOHE und THRUDVANGAR im Tankhaus Stavenhagen ein Konzert geben. Angekündigt werden die Bands als Heidnischer Thüringer Metal (XIV DARK CENTURIES), Pagan Metal (SURTURS LOHE) und Viking Metal (THRUDVANGAR). Doch was auf den ersten Blick als normales Metal Konzert erscheint, bedarf eines genaueren Hinschauens.
Textlich bewegen sich XIV DARK CENTURIES und SURTURS LOHE im heidnischen, mythologischen Bereich und thematisieren stetig ihre Natur- und Heimatverbundenheit. Immer wieder berufen sich die Bands auf ihre heidnischen Wurzeln und Ursprünge, huldigen den alten germanischen Göttern, lassen sich durch Runenmacht leiten, wettern gegen das Christentum und lehnen es drastisch ab (obwohl gerade einmal 25% der Bevölkerung Thüringens noch konfessionell gebunden sind!) und ziehen textlich für ihre Heimat Thüringen in die Schlacht. So singen XIV DARK CENTURIES z.B. in "Falsche Propheten": "nieder mit dem Christenkomplott" oder in "Wintersonnenwende": "der Totengott führt sein Totenheer, durch die eis`ge Kälte der Nacht, um das Schwache zu vernichten, das Siechende zu zertreten, auf dem Weg der Auserwählten zur Macht" laßt mich zu euch gehören, zur unbarmherzig reinigenden Kraft". Selbst wenn daraus keine zwangsläufige Verbindung zur extremen Rechten entsteht, lassen sich gerade über das Heidentum Anknüpfungspunkte an rechte Ideologien ausmachen. Denn im Bereich Heidentum, den Nazis sehr stark, in der Vergangenheit als auch heute, für sich reklamieren (z.B. Ahnenkult, Germanen, arteigene Religion) entstehen fließende Übergänge zwischen beiden. Genauso verhält es sich mit dem durch solche Zeilen ebenfalls propagierten Sozialdarwinismus.
Und auch wenn ein Bandmitglied bereits Opfer rechter Gewalt wurde, hindert es XIV DARK CENTURIES nicht daran, im April ein Konzert zu spielen, welches in Zusammenarbeit und mit einem Verkaufsstand des rechtsextremen Westwall-Vertriebs veranstaltet wird. Die Band muß sich fragen lassen, weshalb sie auf solchen, politisch eindeutig rechts angesiedelten, Konzerten spielt. Auch mehrere gemeinsame Konzerte mit der Band ODROERIR geben Anlaß zu Nachfragen. Auf der Internet-Seite von ODROERIR sind extrem rechten Internet-Seiten aus dem Bereich der Mythologie verlinkt. Aber auch XIV DARK CENTURIES verlinken unter der Rubrik "Freunde" Seiten wie "Der Wotanskult" oder Bands wie TUMULUS, über deren Seiten man ebenfalls ohne weitere Umwege z.B. auf extrem rechte Bands, Versände und ähnliches zugreifen kann.
Bei SURTURS LOHE fällt bereits das Bandlogo auf. In diesem wird neben einer Todesrune (ein beliebtes und häufig verwendetes Zeichen bei extrem Rechten) auch der Weltenbaum bzw. die Weltenesche untergebracht. Der Weltenbaum, ein heidnisches Symbol, war zur NS-Zeit Symbol der Ahnenforschungsabteilung der SS. Heute dient es der Germanisch-heidnischen Front als Symbol. Im Zusammenhang mit rechter Mythologie wird dieses Zeichen auch heute gern verwendet. Hinzu kommt, dass die SURTURS LOHE CD "Vor Walvaters Thron" auf dem Label CHRISTHUNT PRODUCTIONS erschienen ist, welches neben unpolitischem Black Metal auch extrem rechten Black Metal vertreibt. Gerade durch die Veröffentlichungen der deutschen NSBM (National Socialist Black Metal) Bands MAGOG und TOTENBURG hat sich das Label in der rechten Szene etabliert. Ebenfalls auf CHRISTHUNT PRODUCTIONS erschien eine Split EP von SURTURS LOHE und NACHTFALKE. Diese Band (NACHTFALKE) zeigt in ihren Texten offen eine rechte Einstellung. So werden im Song "Fallen Heroes" folgende Zeilen zum Besten gegeben: "Fighting for honour and blood/With iron will under the sun wheel", "Heroism in the blitzkrieg" oder "Marching through the ruins/Hold high our right hands/Killing under the sun wheel". Hier bezieht man sich konkret auf Nationalsozialismus und den 2. Weltkrieg und huldigt den "Helden" bzw. sieht sich als einer von diesen "Helden". Und "sun wheel" (Sonnenrad) bezeichnet nichts anderes als ein Hakenkreuz.
Und auch die Veranstalter des Konzerts, die Macher der Neubrandenburger Radiosendung INTERREGNUM, lassen einige Fragen offen. Eine Radiosendung über die herausragenden Verdienste von Leni Riefenstahl, ein Link zu CHRISTHUNT PRODUCTIONS oder ein äußerst lapidarer Umgang mit dem Thema "Rechten Tendenzen im Black Metal" im eigenen Forum seien hier als Beispiele genannt. Dabei sehen es die Macher der Sendung nicht als ihre Aufgabe an, in diesen Punkten klar Stellung zu beziehen.
Ohne den Bands (und auch den Veranstaltern) eine rechtsextreme Einstellung andichten zu wollen bzw. sie vielleicht sogar als Nazis zu bezeichnen, bleibt aufgrund der aufgezeigten Beispiele doch die Befürchtung, dass gerade in diesem Bereich des Metal die Grenzen zwischen Heidentum und rechter Ideologie zu verschwimmen drohen. Denn gerade das Naturverständnis und das ständige Berufen auf heidnische "Traditionen" der Bands schaffen Anknüpfungspunkte für die extreme Rechte. Auch mangelt es an klaren Abgrenzungsstatements der Bands, sollten diese denn im eigenen Interesse liegen. Und das bei dieser Gelegenheit Nazis im Tankhaus auftauchen werden, dürfte sicher sein. Diese werden mit Sicherheit nicht durch Seitenscheitel oder Bomberjacke/Springerstiefel auffallen, sondern im Metal-Outfit erscheinen. Und ob das im Sinne des Tankhauses ist darf bezweifelt werden, da die Tankhaus-Zielgruppe doch woanders als im rechtsextremen Lager angesiedelt sein dürfte.
Seit Jahren versuchen Rechtsextreme andere Jugendkulturen zu unterwandern und bei den erwähnten Überschneidungen werden Nazis auch am 13.03.2004 im Tankhaus vertreten sein.
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