links-lang fetzt!

18.09.2002
Geschillt wird nicht - Mißlungener Auftritt Schills in Neubrandenburg

Der Empfang war frostig. Der Abschied auch. Mehr als 200 Gegner der Partei Rechtsstaatlicher Offensive empfingen am vergangenen Montag in Neubrandenburg Parteichef Ronald Barnabas Schill mit Buh- und "Nazis raus!"-Rufen, störten erfolgreich seine Rede und verzögerten die Abfahrt des Hamburger Innensenators um mehr als eine Stunde.

Schill in Neubrandenburg, 16. September 2002, 900x598, 194 KB Es hatte schon schlecht angefangen für den Ortsverband der Schill-Partei mit dem Neubrandenburger Rechtsanwalt Enrico Komning an der Spitze - ein Deutschbürger, der sich in der IHK, dem Bund der Steuerzahler und einer Burschenschaft engagiert und "Kindern und Jugendlichen wieder Werte wie Fleiß und Disziplin" vorleben will. Außer den aus dem Land angereisten Parteimitgliedern und Ordnern der Jugendorganisation "Junge Offensive" traute sich niemand in den mit Gittern abgesperrten Bereich auf dem Neubrandenburger Marktplatz. Außerhalb fühlten sich Menschen aller Colour und jeden Alters wohl, die mit Schildern, Transparenten - "Schill out-Zone" - und schwarz-roten als auch solid-Fahnen auf sich aufmerksam machten. Zusätzlich verspätete sich der Parteichef ziemlich. Die wenigen Worte, die sich die ortsansässigen Rechts-Populisten zutrauten, gingen in einem Pfeif-Konzert unter.

Dieses hielt an, als Ronald Schill schließlich eintraf. Ununterbrochen stemmte sich ein Durcheinander von Pfiffen, Buh- als auch - zu diesem Anlaß weniger passenden - "Nazis raus"-Rufen gegen die Worte des Hamburgers. Dieser hielt erfolglos mit der vollen Breitseite rechten Populismus' entgegen: Schill fabulierte Kommunisten an der Landesregierung herbei, hetzte energisch gegen Drogen, forderte die Abschiebung von Flüchtlingen schon bei dem Verdacht von Straftaten und sprach sich für die - längst erfolgte - Errichtung einer "Festung Europa" aus. Rufe wie "Rassistenschwein", "Schieb dich doch selber ab!" oder etwa "Koksnase" folgten prompt.

Neubrandenburg wäre nicht die Stadt für linke Pop-Kultur in McPomm, wäre es beim verbalen Protest und einigen danebengeganenen Eierwürfen geblieben. Mit verschiedenen Blockaden wurde die Weiterbewegung mal Ronald Schills, mal seines Autos um mehr als eine Stunde verzögert. Die Polizei handelte planlos, deshalb wohl aber auch ziemlich friedlich. Es kam zu mindestens einer Festnahme.

Mit der Schill-Partei und ihrem Kampf gegen "politischen Extremismus" und "Vandalismus" wären das aber mehr geworden. So blieb es bei einem großen und überraschendem statt einem überraschend großem Publikum für die Schill-Anhänger und einem mißlungenen und wenig reibungslosem Auftritt ihres Mentors zumindest in Neubrandenburg.