links-lang fetzt!

02.06.2002
Nazis üben das Marschieren

Folgenden Artikel bekamen wir aus Neustrelitz zugeschickt. Danke!

Rechte Parolen am letzten Schultag - Umzug mit Nazi-Transparenten begleitet

"Zuerst dachte ich, das sei eine Nazi-Demo," ist der 20jährige Michael noch immer erstaunt. Vorneweg ein Polizeiwagen, dahinter Transparente mit rechtsextremen Parolen und dazu dumpfe Sprechchöre etwa gegen Homosexuelle und die USA. Doch die angebliche Demonstration am Dienstagvormittag, dem 28. Juni, entpuppte sich als der traditionelle Umzug des Abschlußjahrgangs der Neustrelitzer Integrierten Gesamtschule Walter Karbe, der von einigen rechtsgerichteten Schülern zweckentfremdet wurde.

Die Veranstalter des Umzugs jedoch haben davon wenig mitbekommen: "Wir konnten nicht lesen, was auf den Transparenten steht, und haben auch keine Sprüche gehört." Das sieht eine Teilnehmerin des Umzugs, die nicht genannt werden möchte, anders. "Das Auftreten der Nazis hat uns schon genervt, aber was hätten wir denn machen sollen?" Die jugendlichen Organisatoren delegieren die Verantwortung an die Begleiter der Polizei. "Wir glauben, die Polizei hätte handeln müssen, wenn etwas falsch gelaufen wäre."

Diese mußte zumindest später auf dem Gelände der Jawaharlal-Nehru-Schule einschreiten. Während, wie an letzten Schultagen üblich, die feiernden Abschlußjahrgänge durch die Schule zogen, postierten sich die Rechten mit den Transparenten auf dem Schulhof. Erst nach mehrfacher Mahnung und mit Beschimpfungen reagierend kamen sie der Aufforderung nach, das Gelände zu verlassen. Als sie später wiederkamen, mußten die Ordnungshüter gerufen und Anzeigen wegen Hausfriedensbruch aufgenommen werden. "Einer der Schüler hat sich allerdings schon entschuldigt", ergänzt Schulleiter Dieter Zscheischler. Denn er möchte, daß die Anzeige zurückgenommen wird.

Bei der Stadt werden solche Umzüge als Brauchtumsveranstaltungen angemeldet, erklärt Sylke Drobek, Leiterin des Ordnungsamtes von Neustrelitz. Diese dürfen keinen politischen Inhalt haben. Sie erzählt weiter, daß für den 6. Juni ein Treffen zwischen Ordnungsamt und Polizei geplant ist, bei der unter anderem die Ereignisse ausgewertet werden.

Die Organisatoren des Umzugs dagegen stehen, wie sie sagen, hinter den beteiligten Schülern und können ihre Aktion, die sie als "Fehltritt" bezeichnen, verzeihen. "Uns ging es um das Feiern, wir wollten keine Probleme." Hätten sie gegen die Transparente durchgegriffen, hätten sie nun derer weniger.