22.05.2002
günstig Grundrechte abbauen - Landesdatenschutzbeauftragter stellt aktuellen Bericht vor
Es muß ein frustrierender Job sein. Wer den gerade erschienen Bericht des Landesbeauftragten für Datenschutz, Werner Kessel, liest, findet vor allem Aufzählungen von Mißständen und scharfe Kritik an politischen Entscheidungen. Nicht nur Vorkommnisse aus dem Land werden aufgeführt, sondern der Bericht verschließt sich auch nicht den Ereignissen auf Bundesebene.
So werden Beschlüsse des Bundestages nach dem 11. September wie die Ausweitung der Befugnisse der Geheimdienste und der Aufnahme der biometrischen Daten in den Personalausweis angeprangert und nicht nur von einem klaren Bruch des verfassungsrechtlichen Trennungsgebotes von Geheimdiensten und Polizei gesprochen, sondern sogar Vergleiche zur "Vertraulichkeit" in der DDR gezogen. Deutlich wird in dem Bericht weiterhin gesagt, daß bei einigen Maßnahmen der Eindruck entsteht, daß "die tragischen Ereignisse als 'günstige' Gelegenheit genommen wurden, um Regelungen, die seit langem vorbereitet in Schubladen lagen, nunmehr leicht in ein Terrorismusbekämpfungspaket mit einzubringen." Als Dank für die Kritik müssen sich die Datenschützer stetig dagegen verwehren, mit der Einforderung elementarer Grundrechte Täterschutz zu betreiben.
Auch im Land wird der Datenschutz nicht so genau genommen. Neben den in der Presse breitgelatschten Vorfällen wie der Aufzeichnung privater Gespräche durch einen Polizeichef, des Wegwerfens vertraulicher Akten einer Polizeidienststelle oder des Übertragens von Schwimmbadgästen ins Internet sind im Bericht teils erschreckende Fakten zu lesen. Das Landeskriminalamt (LKA) tut sich hervor: im Rahmen der Rasterfahnung forderte es zum Beispiel unzulässig Daten von den Sozialbehörden. Auch bei der internationalen Zusammenarbeit gegen "Polit-Hooligans" klappt es prima. So wurden Daten über ein eingestelltes Verfahren gegen eine Frau gespeichert und an ausländische Behörden weitergeleitet, die ihr die Einreise zu einer Demonstration untersagten und Gewaltbereitschaft unterstellen. Den Datenschützern antwortete das LKA auf Anfrage, daß keine Daten gespeichert sind, das Bundeskriminalamt jedoch gab an, von ihm solche erhalten zu haben. Für die Datenschützer ist es nicht nur verwerflich, daß nicht-relevante Informationen über Personen gespeichert werden, sondern auch, daß das LKA bewußt falsche Aussagen machte und Daten während der Prüfung des Vorgangs durch den Beauftragten löschte. Ob hier vertuscht werden sollte, kann nur vermutet werden...
Neben Kritik an kleineren Unklarheiten und der Datenerhebung über Dritte im novellierten Landesverfassungsschutzgesetz erteilen die Datenschützer der Idee einer "datenschutzfreundlichen Videoüberwachung" eine Absage. Die stete Möglichkeit einer Videoüberwachung erzeugt einen "latenten Anpassungsdruck", heißt es. "Dies beeinträchtigt nicht nur die grundrechtlich garantierten individuellen Entfaltungsmöglichkeiten, sondern auch das gesellschaftliche Klima in unserem freiheitlichen und demokratischen Gemeinwesen insgesamt. Alle Menschen haben das Grundrecht, sich in der Öffentlichkeit frei zu bewegen, ohne dass ihr Verhalten durch Kameras aufgezeichnet wird." Statt einer generellen Ablehnung dieser Art der Überwachung läßt mensch sich im Bericht jedoch nur dazu bewegen, Hersteller von Videotechnik zu loben, die sich Gedanken über die Reduzierung von Grundrechtseingriffen durch diese machen.
Erfreulicherweise wird am Ende des Berichtes festgestellt, daß das Interesse der Menschen am Datenschutz groß ist. JedeR kann unkompliziert, etwa per email, Anfragen an den Landesbeauftragen für Datenschutz stellen, der Tips gibt und bei dem Einholen von Informationen und somit der Ausübung des Rechts auf informelle Selbstbestimmung hilft.
Der Bericht und noch einiges mehr ist unter der Adresse http://www.lfd.m-v.de/ zu finden.
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