26.10.2001
Kriegsdienste verweigern - ein paar Tips und Infos zur Umgehung von Kriegs- und Zivildienst
In der vergangenen Woche berichtete die Schweriner Volkszeitung über die gestiegene Anzahl von Kriegsdienstverweigerern. Etwa 13 Prozent mehr Anträge zur Verweigerung des Kriegsdienstes mit der Waffe seien im Vergleich zum selben Monat des vergangenen Jahres im Oktober in McPomm, Schleswig-Holstein und Hamburg eingegangen. Doch auch wenn es die Ablehnung eines real geführtes Krieges ist, der viele Wehrpflichtige treibt, so erkennt das Bundesamt für Zivildienst nur Gewissensentscheidungen an. Allgemeine oder politische Vorbehalte gegen Krieg, Militarismus oder Zwangsdienst finden kein Gehör, stattdessen muß der Betroffene für sich persönlich darlegen, daß der Einsatz von Gewalt seinem Inneren widersprechen würde.
Kriegsdienst einfach vermeiden
Wer den als üblich propagierten Weg geht und im Verlauf der oder unmittelbar im Anschluß an die Musterung einen Antrag auf Verweigerung des Kriegsdienstes mit der Waffe stellt, geht eine hundertprozentige Wahrscheinlichkeit ein, den zehnmonatigen Zivildienst abzuleisten.
Schon dieser wird inzwischen als Eingriff in die persönliche Freiheit empfunden. Deshalb wird seit einiger Zeit von Beratungsstellen, gerade denen der Deutschen Friedensgesellschaft - Vereinte KriegsdienstgegnerInnen, auch die Idee des "Abwartens" unterbreitet. Dieser liegen die Möglichkeit des Betroffenen, jederzeit, also auch kurz vor Beginn oder während des Kriegsdienstes, diesen verweigern zu können, als auch die veränderten kriegspolitischen Bedingungen zugrunde. Diese, besonders der Umbau von der Massen- zur Interventionsarmee, haben zu einer Verringerung der Anzahl der Wehrpflichtigen in der Armee geführt. Konkret heißt das, daß nur ein Teil derer, die gemustert worden sind und keinen Antrag auf Verweigerung eingereicht haben, eingezogen werden. Der Rest muß nix machen. So beträgt die Wahrscheinlichkeit, Zivildienst'ler werden zu müssen, nur noch 50 Prozent. Es kann, muß aber nicht, jedoch zu einer mündlichen Darlegung der Gewissensentscheidung anstatt der schriftlichen kommen.
Totale Kriegsdienstverweigerung als Absage an Zwangsdienst und Militär
Eine andere Möglichkeit liegt in der totalen Kriegsdienstverweigerung. Hier wird nicht nur der Kriegsdienst mit der Waffe, sondern auch der Zivildienst verweigert - letzterer in der Bedeutung eines "Kriegsdienstes ohne Waffe". Totale Kriegsdienstverweigerer, die sich dem Zivildienst entziehen, indem sie einfach nicht mehr hingehen, oder wegen Demoralisierung der Truppe (Befehlsverweigerung) der Kaserne verwiesen werden, begehen nach der jetzigen Rechtssprechung jedoch eine Straftat und haben deshalb einigen Streß zu erwarten.
Es gibt drei wesentliche Gründe für totale Kriegsdienstverweigerer:
Das ist zum ersten der Zwangcharakter des Dienstes, durch den außerdem die elementaren Freiheiten der körperlichen Unversehrtheit, des Rechts auf Freizügigkeit und des Rechts auf Unverletzlichkeit der Wohnung eingeschränkt werden. Das alles womöglich auch noch für einen Staat, mit dem mensch am liebsten nix am Hut haben würde...
Weiterhin ist Zivildienst unsozial. Viele ausgebildete PflegerInnen, ErzieherInnen etc. sind arbeitslos, weil stattdessen unerfahrene Zivis ihre Stellen einnehmen. Und sie sind nicht einmal billiger, weil Gehaltsdifferenzen durch Kosten für die Zivildienst-Bürokratie (Bundesamt für Zivildienst) und den Verlust an Steuern und Sozialabgaben der jetzt arbeitslosen Erzieher, Pfleger usw. ausgeglichen werden.
Außerdem ist Zivildienst besagter "Kriegsdienst ohne Waffe". Im Verteidigungsfall tritt für Reservisten der "unbefristete Wehrdienst" in Kraft, für ehemalige Zivis der "unbefristete Zivildienst". Unter dem Stichwort "Gesamtverteidigung" sind da in Planungen des Verteigungsministeriums für letztere Aufgaben wie die Aufrechterhaltung von "Staats- und Regierungsfunktionen" oder die unmittelbare Unterstützung der Streitkräfte mit "zivilen Leistungen und Gütern" vorgesehen. Direkte Unterstützung des Krieges anstatt der persönlichen Verweigerung.
Totale Kriegsdienstverweigerer haben im Regelfall eine Bewährungsstrafe und - durch Hilfsorganisationen erheblich abgefederte - Prozeßkosten zu erwarten, es kam jedoch auch schon zu Verfahrenseinstellungen und Freisprüchen.
Es gibt natürlich auch Menschen, denen plötzliche Leiden und ärztliche Atteste die Ausübung des Dienstes unmöglich machen.
Für alle Fälle empfiehlt es sich, eine persönliche Beratung zu suchen. Die Deutsche Friedensgesellschaft - Vereinte KriegsdienstgegnerInnen ist in Mecklenburg-Vorpommern in der Neubrandenburger FRIEDENSWERKSTATT (Johannesstraße 14, Tel. 0395-4226617, mv@dfg-vk.de) zu erreichen.
Weitere Infos gibt es online unter http://www.dfg-vk.de, http://www.bundeswehrabschaffen.de/ und der Kampagne gegen Wehrpflicht, Zwangsdienste und Militär. Für FreundInnen ohne Angst vor viereckigen Augen sind auch die Seiten Friedenspolitischer Ratschlag und http://www.antimilitarismus.de/ lesenswert.
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