links-lang fetzt!

22.10.2001
Freiheit stirbt mit Sicherheit - das neue Sicherheits- und Ordnungsgesetz von McPomm

Wenige Abgeordnete von PDS und CDU waren dagegen, weil es ihnen zu heftig oder zu lasch war. Doch eines ist klar: Das in der letzten Woche vom Landtag verabschiedete Sicherheits- und Ordnungsgesetz (SOG) macht deutlich, daß von der SPD-PDS-Regierung keine emanzipatorische Politik zu erwarten ist. Oder anders: auch die Roten können kräftig draufhauen!

Denn mit dem neuen SOG werden Regelungen eingeführt, die nicht ohne Grund in nur wenigen Bundesländern praktiziert werden und woanders bedenklich sind. Gleichzeitig werden die Einwände des Landesverfassungsgerichtes von 1999, die dazu geführt haben, daß das 1998 verabschiedete Gesetz überarbeit werden mußte, umgangen.

So wurden die beanstandeten verdachtsunabhängigen Personen- und Fahrzeugkontrollen nicht gestrichen, sondern einfach durch Anhalte- und Sichtkontrollen ersetzt. So wird die Polizei ermächtigt - sogar bis zu 30 km über die Grenze hinaus - ohne Angabe von Gründen, aber unter dem scheinheiligen Vorsatz der Vorbeugung von Straftaten, kurzfristige Kontrollen durchführen und Kofferraum plus Ladefläche von Fahrzeugen inspizieren. Einzig die Identität von Personen darf nicht kontrolliert werden, was jedoch in ein paar Jahren in einem anderen gesellschaftlichen Klima und ohne lästige Kläger sicherlich schnell hinzugefügt werden kann. Denn vielleicht üben die Kontrollen doch nicht genug Verfolgungsdruck auf Kriminelle aus, der als Begründung dient.

Weiterhin wurde die Möglichkeit der Unterbindungsgewahrsamnahme ausgebaut. So können im Gegensatz zu der vorherigen Regelung, wonach spätestens nach 48 Stunden ein/e RichterIn über die Gewahrsamnahme entscheiden mußte, nun drei Tage vergehen. Mit richterlicher Entscheidung kann mensch dann schon mal zehn Tage im Knast versauern, weil mensch sich zufällig zur falschen Zeit, vielleicht im Rahmen einer Demo, am falschen Ort aufgehalten hatte und verdächtigt wurde, eine Straftat begehen zu können.

Dem voraus gehen nach dem neuen Gesetz meist Aufenthaltsverbote über die bekannten Platzverweise hinaus, die bis zu zehn Wochen und für ein gesamtes Gemeindegebiet verhängt werden können. Mensch muß nicht einmal ein böser Linksradikaler sein, der von Fortschritt träumt, um hier tiefe Schluchten zwischen dem Grundrecht der Freizügigkeit nach Artikel 11 und Polizeistaatsphantasien moderner Sicherheitsdemokraten zu erkennen.

Von vielen kleinen Regelungen, die die bessere Zusammenarbeit der Polizei mit anderen Behörden wie dem Verfassungsschutz regeln - sprich: deren vorgeschriebene Trennung verwässern - und die Beamten schützen sollen, sind auch Opfer dieser Vorbeugemaßnahmen betroffen. Denn die Benachrichtigung und Information über Aufenthaltsverbote, Unterbindungsgewahrsam und auch Observationen, wenn diese vorbei sind und sich als irrelevant herausgestellt haben, wird zugunsten des Schutzes beteiligter Beamter eingeschränkt.

Mit weiteren ach so tollen neuen und einmaligen Regelungen wird das Grundrecht der Unverletzlichkeit der Wohnung ausgehebelt, wenn unter dem Vorsatz des Schutzes von Mitbewohnern vor häuslicher Gewalt Wohnungseigentümer ihrer Wohnung bis zu sieben Tage verwiesen werden können, und die Speicherung personenbezogener Daten - im neuen Gesetz noch nur von Sexualstraftätern - auf 15 Jahre ausgedehnt.

Das neue SOG macht nicht nur deutlich, daß die Abschaffung der kleinen Anflüge von Liberalismus in der Gesetzgebung völlig unabhängig von Regierungskonstellationen sind. Schon das alte neue SOG, das das Landesverfassungsgericht zur Intervention zwang, zeigte auf, daß die Entwicklung zum Polizei- und Überwachungsstaat unvermeidlich ist. Dabei ist es für die Politiker als ausführende Büttel dieser ungreifbaren Systematik ein leichtes, sich momentaner Trends zu bedienen. Waren es gestern noch Linksextremisten, die den unbescholtenen Bürger bedrohten, sind es heute Sexualstraftäter oder Rechtsextremisten. Oder auch mal Terroristen, die natürlich nix besseres zu tun haben, als in McPomm rumzuschläfern.

Auch ein paar eingeschobene Sätze zur Kriminalprävention können nicht kaschieren, daß dem Gesetz ein Rechtsverständnis zugrunde liegt, das jeden Menschen als potentiellen Straftäter handhaben will. Daß die staatlich propagierte Entmündigung der Bürger jegliche Ansätze von Selbstbestimmung und Eigenverantwortung für sich und seine/ihre Umwelt als unnütz erscheinen läßt und so im Keim erstickt, ist offensichtlich.

1984 ist schon längst vorbei...