links-lang fetzt!

09.10.2001
nix mehr, wie es einmal war - für jeden von uns

Nu isser da, der erwartete Krieg. Nach den Anschlägen vom 11. September ist wirklich weniges, wie es vorher. Weniger vermeintliche Terroristen sind es, die nun ihre Aktivitäten entfalten, als die Kriegsführer, Sicherheitsfanatiker und Stammtischrassisten. Und weil nun jeder Politiker sich als Opfer ach so zahlreicher Bedrohungen radikaler Islamisten fühlt, müssen nicht nur Städte in Afghanistan bombardiert werden, sondern muß mensch sich auch vor der eigenen Bevölkerung schützen. Da haben wohl die Herrschenden den Slogan "Jedes Herz ist eine revolutionäre Zelle" ernster genommen als die eigentlichen Adressanten.
Dieser Tage nun will der SPD-Innenminister der BRD, Otto Schily, den zweiten Teil seines Sicherheitspaketes vorstellen. Darin wird nicht nur der Fingerabdruck im Personalausweis gefordert, sondern auch die Unschuldsvermutung in der Rechtssprechung faktisch abgeschafft, wenn Beschuldigte einer Straftat ohne deutschen Paß schon vor der Verurteilung abgeschoben werden sollen. Auch die '99 ausgelaufene Kronzeugenregelung, die Strafmilderungen für Angeklagte vorsieht, wenn diese ordentlich petzen und so zum Flunkern förmlich einlud - siehe der RZ-Prozeß gerade mit dem Kronzeugen Tarek Mousli - soll neu aufgelegt werden.
Das alles geht der CDU jedoch nicht weit genug. Heute hat der Fraktionsvorsitzende Friedrich Merz Vorschläge seiner Partei vorgelegt, die nicht nur Einsätze der Bundeswehr im Inneren, sondern auch die Regelanfrage beim Verfassungsschutz bei Einbürgerungen und Asylanträgen genauso wie Aberkennungen der deutschen Staatsbürgerschaft (!) beinhalten. Wer da nicht an Zeiten denkt, die vor mehr als 50 Jahren zu Ende gingen...
Auch auf europäischer Ebene stehen Gesetzesverschärfungen an. Nicht nur soll der Terrorismusbegriff auf Hackerangriffe und Straßengewalt ausgedehnt werden, sondern auch Sympathisanten krimineller Vereinigungen nach dem Muster des bundesdeutschen § 129 angeklagt werden können - was zwar meist ohne Verurteilung endet, aber den Ermittlungsbehörden durch Abhörungen und Überwachungen tiefen Einblick in linke Strukturen gewährt.

Glücklicherweise gehen viele tausend Menschen wieder auf die Straße und thematisieren nicht nur den Krieg, indem sie ein Ende der Angriffe und keine Einsätze der Bundeswehr fordern, sondern sprechen sich auch gegen Gesetzesverschärfungen in Bezug auf die innere Sicherheit aus aus.
Jeder von uns hat gerade sicherlich alle Hände voll zu tun. Doch ist es Aufgabe einer radikalen Linken, Friedensgebete und -kundgebungen mitzuorganisieren, zu deren sich eine aus dem Boden geschossene Friedensbewegung nun berufen fühlt? Oder sollte mensch den Kriegstreibern nicht mit direkteren Aktionen als friedlichen Demos, auf die sie eigentlich pfeifen können, zeigen, daß es kein ruhiges Hinterland gibt? Auch die Zivilgesellschaft kann Anregungen für die Gründe von Gewalt und Krieg sicher gut vertragen...
JedeR muß wissen, was ersie tut.

Gestern und vorgestern demonstrierten nicht nur viele tausend Menschen. In Göttingen etwa wurden in der Innenstadt aus Protest gegen den Krieg zehn Geschäfte entglast. Das Wasser eines Brunnens wurde mit Farbe blutrot gefärbt. Sprühdosen und Transpis zu beschaffen ist kein unüberwindbares Hindernis. Zwar mögen auch in McPomm an die 77 Orte unter Objektschutz stehen, doch sind das nicht Parteibüros, Rathäuser oder Einkaufsstraßen, sondern vor allem Gebäude amerikanischer Firmen, Asylbewerberheime und Synagogen und Moscheen.

Für Infos, aber vor allem Diskussionen, lohnt es sich zumindest bei indymedia, nadir oder der jungle word vorbeizuschauen.