links-lang fetzt!

02.09.2001
Greifswald am 1. September - Meldungen und Berichte

03. September:
Likedeeler-online-Bericht
Ostseezeitung-Bericht
Ostseezeitung-regional-Bericht
Ostseezeitung-Kurzmeldung
Nordkurier-Bericht
Schweriner Volkszeitung-Bericht
Faschos: stoertebeker-Bericht
04. September:
Ostseezeitung-Kurzmeldung
Faschos: stoertebeker-Bericht
05. September:
Ostseezeitung-regional
Faschos: stoertebeker-Bericht

03.09.2001
Likedeeler online


Greifswald setzte sich in den Weg

NPD-Demo wurde gestoppt und zum Südbahnhof umgeleitet

Dieser Sonnabend lief sicher nicht ganz so nach dem Geschmack von Spiegelmacher & Co. Den Verlauf und das Ende ihrer "Friedensdemo" hatten sich die Germanenkrieger sicher anders vorgestellt. Nicht nur, daß sich bloß rund 130 Friedensengelchen in den eigenen Reihen finden ließen. Nein, diesmal gelang es tatsächlich, sich den Nazis in den Weg zu stellen und es ihnen nicht zu ermöglichen, ihre geplante Route zu Ende zu führen. Ein Erfolg, der im Rückblick auf die Ereignisse am 14. Januar und die jetzigen Schwierigkeiten, wirksamen Protest gegen die NPD zu organisieren, schon ein wenig unheimlich anmutet. Jedoch ein Erfolg mit einigen Wermutstropfen.

Einen günstigen Aufmarschtermin hatte sich die NPD ja ausgesucht. Semesterferien, Gegenprotestvorbereitungen fielen mitten ins Sommerloch. Und in der Tat, nur wenig sah im Vorfeld nach einem Gelingen der Proteste aus. Daß sich die Zahl von 7000 sicher nicht erreichen ließe, war bereits im Vorfeld klar. Doch würde sich überhaupt eine wirkungsvolle Anzahl an GreifswalderInnen und Greifswaldern an den Protesten beteiligen? Schließlich ist es ja auch Konzept der NPD durch immer wiederkehrende Aufmärsche einen Abnutzungseffekt in der Protestbewegung zu erzielen. Sicher, die Zahl von 7000 wurde nicht erreicht, dafür war das Engagement diesmal wesentlich wirkungsvoller.

Bereits um halb zehn waren die ersten auf den Beinen, um am Mahnmal der Opfer des Faschismus Kränze niederzulegen. Dies war der Freitagsrunde als Anmelder auf Anweisung des Innenministeriums noch am Vortag verboten worden. Das Verwaltungsgericht hatte jedoch nach Intervention der VeranstalterInnen das Verbot aufgehoben, so daß sich rund 150 Menschen morgens auf dem Wall einfanden (mit dabei übrigens auch ein Fotograf der Nazis, der jedoch des Platzes verwiesen wurde. Wir werden später darauf noch eingehen, da dieser Mann auch später während der Blockade fotografierte). An ein Betreten der Bahnhofsstraße war bereits zu dieser Zeit nicht mehr zu denken. Die Polizei hatte alle Zufahrtswege abgesperrt und ließ nur Anwohner passieren.

Nach der Kranzniederlegung auf dem Wall und dem Gottesdienst auf dem Greifswalder Marktplatz fanden sich dort rund zwei- bis dreitausend Menschen zur großen Kundgebung zusammen. Nach Beendigung der Kundgebung auf dem Markt erklärten verschiedene Menschen, sie würden nun das Motto "Greifswald stellt sich in den Weg" wörtlich nehmen und zivilen Ungehorsam leisten, indem sie den Nazis durch eine Sitzblockade den Weitermarsch verwehren würden. Einige Hundert taten es ihnen gleich und zogen durch den Schuhagen Richtung Europakreuzung. Dort war bereits ein großes Polizeiaufgebot aufgefahren, welches den Zugang zum Kreuzungsbereich von allen Seiten abriegelte. Einige PolizeibeamtInnen stellten bereits hier unter Beweis, daß sie aus den Ereignissen am 14. Januar in Greifswald und der darauffolgenden Kritik an ihrem damaligen Vorgehen nicht viel gelernt haben. Auch wenn sich der Großteil der eingesetzten BeamtInnen absolut korrekt und fair verhielt, traf das auf einige hier und später überhaupt nicht zu, z.B. die an der teilweisen Räumung einer Sitzblockade beteiligten BeamtInnen. Ein Beamter war seinem Auftreten nach offensichtlich angetrunken. Es ist wirklich die Frage, warum es immer wieder PolizistInnen gibt, die sofort und ohne Vorwarnung hart und mit Gewalt gegen friedliche ProtestiererInnen nicht der Situation entsprechend reagieren und warum immer wieder PressevertreterInnen durch einzelne Beamte behindert werden. Fraglich ist auch, warum die eigens organisierten und deutlich gekennzeichneten SanitäterInnen, die die Proteste und Sitzblockaden begleiteten und von deren Existenz die Polizei eigentlich wissen sollte, oft nicht durchgelassen wurden.

Der ganze Bereich der Europakreuzung war abgesperrt und für die NPD freigeräumt. Einigen GegendemonstrantInnen war es jedoch gelungen, in die Anklamer Straße zu gelangen und sich dort auf die Straße zu setzen. Ehe die Polizei die Situation überhaupt erfassen konnte, wuchs die Zahl der BlockiererInnen schnell an, die über Schleichwege die Abriegelung der Polizei umgehen konnten. Auch an anderen Stellen in diesem Bereich setzten sich Menschen auf die Straße, oft auch ältere PassantInnen, die spontan ihr Rad auf die Straße legten und sich daneben setzten. Auch hier war das Vorgehen der Polizei sehr unterschiedlich. Während ein Zugführer ruhig und entspannt auf die PotestiererInnen einredete und seine KollegInnen überlegt und ohne übermäßige Härte die DemonstrantInnen wegtrugen, zerrten nur wenige Meter entfernt einige Beamte sinnlos an den Sitzenden herum. Ihr Verhalten wirkte ähnlich wie am 14. Januar unbeherrscht und unprofessionell. Auf Videoaufnahmen ist zum Beispiel deutlich zu sehen, wie ein Beamter einen Demonstranten mit Hilfe seines unter den Hals desjenigen geklemmten Schlagstocks über den Asphalt von der Straße zieht.

Die Zahl der Leute, die sich auf der Straße niedergelassen hatten, war nun aber bereits so stark angewachsen, daß die Polizei es aufgab, Sitzblockaden zu verhindern. Gut 200 bis 300 Menschen machten ein Durchkommen der Nazis unmöglich. Nun begann die Zeit des Wartens auf das weitere Vorgehen der Polizei. Es wurde gesungen, Gitarre gespielt, ältere Passanten kauften Wasserflaschen und verteilten sie an die Sitzenden und eine Gruppe bunt Verkleideter versorgte die Sitzblockade unter dem Motto "Friede-Freude-Eierkuchen" mit selbigen.

Nach einiger Zeit knackte es in den Lautsprechern der Polizei und die Stimme eines Polizeiverantwortlichen erklärte, daß die Polizei nicht vor hätte, den Bereich Anklamer Straße mit Zwangsmitteln zu räumen und einen Kompromiß vorschlüge, um den Charakter des friedlichen Protests beizubehalten. Die Sitzblockade wird aufgelöst und die DemonstranInnen ziehen sich hinter die Kreuzung Anklamer Str./Beimlerstr. zurück, damit die NPD in die Beimlerstr. umgelenkt werden kann. Im Gegenzug versichert die Polizei, daß die NPD direkt und sofort zu ihrem Abfahrtspunkt Südbahnhof zieht und von dort die Abfahrtszüge besteigt. Auf die Aussage der Polizei vertrauend, die Nazis würden jetzt zum Südbahnhof laufen und von dort dahin verschwinden, von wo sie gekommen sind, willigten die Meisten ein, erhoben sich und räumten den Kreuzungsbereich. Die NPD konnte daraufhin unter lautstarkem Protest ihrer GegnerInnen in die Beimlerstr. ziehen. Dorthin wurde sie nicht nur von Polizei, sondern auch von vielen GegendemonstrantInnen begleitet und die nervliche Anspannung war den Nazis deutlich anzusehen. So mußten die NPD-Ordner ihre Kameraden sehr in Schach halten.

Am Südbahnhof wurde dann klar, daß es die Polizei mit ihrem Versprechen, die Nazis sofort und direkt zum Abfahrtsort Südbahnhof zu bringen, damit sie die Stadt wieder verlassen können, nicht sehr ernst meinte. Die NPD konnte auf einer Wiese noch in aller Ruhe ihre Endkundgebung abhalten. Das nennt mensch gemein hin "über'n Tisch gezogen" oder auch "über's Ohr gehauen". Zu recht kamen sich die Menschen, die ihre große und druckvolle Sitzblockade für ein Versprechen der Polizei aufgegeben hatten, richtiggehend "verarscht" vor.

Von den gehaltenen Reden war durch den umliegenden, lautstarken Protest überhaupt nichts außerhalb des NPD-Trüppchens zu hören. Genauso wie am 14. Januar wurden wieder wie in alter DDR-Pionier-Fahnenappell Manier zwei verdiente Kameraden ausgezeichnet. Generell ist man bei den Nazis den alten DDR-Traditionen und Terminologien nicht abgewandt. So sprach Axel Möller, der seine Kameraden wieder mit einer seiner berühmten quakig-pommerschen Langweilreden quälte, lieber von "Rat der Stadt" statt "Bürgerschaft". Man wurde zwar nicht müßig, immer wieder das Friedensengagement der Nazis zu betonen, Möller jedoch schloß mit den Worten, man werde um Deutschland kämpfen und unter ihnen selbst gäbe es keinen Petershagen. Rudolf Petershagen war in den letzten Tagen des zweiten Weltkriegs der Stadtkommandant von Greifswald. Er hatte auf eigene Faust Verhandlungen mit der Roten Armee aufgenommen und die Stadt kampflos an sie übergeben und damit vor der Zerstörung bewahrt. In Nazikreisen gilt Petershagen als Verräter. In einer nicht zu überbietenden Geste der Heuchelei ließen die Nazis, allen voran der wegen versuchten, gemeinschaftlichen Mordes verurteilte Spiegelmacher Friedenstauben fliegen. Recht frustriert über den doch sehr offensichtlichen Mißerfolg ihres Unternehmens "Frieden mit der NPD" machten sich Kämpfer für Deutschland von dannen.

Am Abend ging es dann noch rund. Das Internationale Wohn- und Kulturprojekt, kurz IKUWO, war Partyzone. Zu Gast waren polnische MC's aus Szczecin die zusammen mit Rostocker und Greifswalder MC's die Turntables massierten sowie Punky-Reggae-Party und House/Drum & Bass /Elektro Spezialisten aus Greifswald, die der mehr als vollen Goethestraße 1 einheizten. Sehr angenehm war auch die Stimmung unter den BesucherInnen, von denen viele an den Protesten und Sitzblockaden in der Anklamer Str. beteiligt gewesen waren. Von "Siegesparty" keine Spur. Es überwog die entspannte Freude, es geschafft zu haben, sich den Nazis in den Weg zu stellen und die Erleichterung, daß alles überwiegend gewaltlos und friedlich abgelaufen war.

03.09.2001
Ostseezeitung


Greifswalder stellten sich Rechten in den Weg

"Greifswald stellt sich in den Weg" - unter diesem Motto protestierten am Samstag 1500 Menschen friedlich gegen einen NPD-Aufmarsch in der Hansestadt. 700 Polizisten waren im Einsatz.

"Was wissen die denn schon." Kopfschüttelnd beobachtet eine alte Frau das Treiben am Greifswalder Bahnhof. Die NPD formiert sich zum Aufmarsch. Von 750 Angemeldeten sind vielleicht 100 gekommen. Junge Leute, die brav ihrem NPD-Vorturner folgen und seine Parolen nachbrüllen. "Die haben doch nichts miterlebt. Mir hat der Krieg Kindheit und Jugend genommen. Ich habe genug von der Nazi-Zeit", sagt die 69-Jährige und wendet sich ab.

Andere stellen sich in den Weg. Die Greifswalder Freitagsrunde - ein Bündnis aus Politikern, Vereinen, Verbänden, der Kirche und des DGB - hatte dazu aufgerufen. Zu Aktionen gegen den NPD-Aufmarsch, den das Oberverwaltungsgericht am Freitag doch noch genehmigt hatte. "Mit der Begründung, dass die von der NPD vorgegebene Friedensdemonstration unter dem Motto 'Gegen militaristischen Größenwahn und Krieg' nur am 1. September Sinn hätte", zeigt sich Greifswalds Oberbürgermeister Arthur König sichtlich enttäuscht.

Er hatte die Demo am Weltfriedenstag, an dem 62 Jahre zuvor der II. Weltkrieg ausgebrochen war, verboten. Nun reiht sich der CDU-Politiker bei den Gegendemonstranten ein. Die Rechtsextremisten müssten Widerstand spüren. "Aber ohne Gewalt, friedlich muss es sein."

Rund 1500 Greifswalder äußerten dann am Sonnaben auch überwiegend friedlich ihren Protest. Mit Sitzblockaden versuchten Hunderte Menschen den NPD-Marsch zu stoppen. Letzlich aber folgten sie den Argumenten der Polizei, gaben die Straße frei, um die Rechten auf kürzestem Wege zum nächsten Bahnhof zu geleiten. Im lautstarken Pfeifkonzert mit Buh- und "Nazis-raus"-Rufen, erhobenen Stinkefingern und fliegenden Bananenschalen mussten die NPD-Anhänger ihre Route ändern. Nach einer kurzen Kundgebung wurden die Rechten unter massivem Polizeischutz zu einem bereitstehenden Zug begleitet.

Polizei-Einsatzleiter Klaus Wils war zufrieden. Sein Konzept, die Demonstranten ruhig und friedlich voneinander zu trennen, sei aufgegangen. Im Einsatz waren 600 Polizisten und 100 Beamte des Bundesgrenzschutzes.

"Was das wohl alles kostet?", fragt ein stiller Beobachter am Gartenzaun in der Stadtrandsiedlung Schönwalde I angesichts der grünen Übermacht. Viel Geld, das auch Oberbürgermeister König besser angelegt wüsste. "Wenn wir das für Präventionszwecke in der Stadt hätten, kämen wir ein gutes Stück weiter."

03.09.2001
Ostseezeitung regional


Nazis kamen nicht durch

400 Gegner blockierten die Anklamer Straße

"Greifswald stellt sich in den Weg" hiess es. Und das war nicht nur symbolisch gemeint. 400 NPD-Gegner versperrten den Nazis den Weg nach Schönwalde II und zwangen sie so aus der Stadt.

"Axel, mach! Du bist mit deiner Rede dran!" NPD-Kreischef Maik Spiegelmacher, immerzu damit beschäftigt, sich Schweißperlen von der Glatze zu wischen, war ein bißchen nervös. Es war halt nicht geplant, dass Axel Möller, freier Nationalist aus Stralsund, auf einer Wiese neben Bushäuschen ans Mikro treten sollte. Und das noch am Südbahnhof, wo kaum jemand wohnt. Möller fluchte kräftig auf die nicht funktionierende Technik. Dann begann er zu sprechen. Mit kraftvoller Stimme, die dennoch nicht überall zu hören war, palaberte er vom Frieden und nicht gewollten Krieg. Und damit das auch alle glauben, ließen die NPD-Funktionäre hinterher Tauben steigen. Pfiffe, und Gelächter begleiteten diese Schauspielerei. Sie kamen von rund 100 Gegnern. Die Polizei schirmte sie massiv ab. Keine 30 Meter neben der Kundgebung.

Eigentlich sollte der NPD-Aufmarsch in der Ostrowskistraße enden. Zwischen zwei Häuserblocks. Mit viel Publikum vor und hinter den Gardinen. Wie am 14. Januar. Aber da hatten sich Spiegelmacher und Co. diesmal verkalkuliert. Denn in der Anklamer Straße wurden sie gestoppt. Über 50 Demonstranten saßen urplötzlich auf Höhe Stellingstraße quer zur Fahrbahn. Polizisten lösten die Blockade auf. Aber eh sie sich versahen, waren wieder Menschen auf dem Asphalt. Am Opel-Autohaus. Es wurden immer mehr. Meist junge Leute. Wie Mathias Bieling (14) vom Humboldt-Gymnasium mit seinen Kumpels aus Neuenkirchen. Und Burkhard Senst (30) von den Grünen. Erst saßen 50. Blitzschnell 100. Dann 200, 300... Die Polizei spricht gar von 400 Blockierern. Sie ohne Gewaltanwendung wegzutragen, ging nicht mehr. Was also tun? "Brechen Sie die NPD-Demo ab", forderte Pfarrer Mathias Gürtler energisch. "Nötigen Sie mir jetzt keine Entscheidung ab", mühte sich Klaus Wils ihn und mit solchen Fragen bohrende Journalisten abzuwimmeln. Und er wiederholte sich. "Nötigen Sie mir keine Entscheidung ab!" Auch Wils war erregt. Denn ihm war klar: Tränengas und Wasserwerfer hätten das Ende eines bis hierher friedlichen Sonnabends bedeutet. Und sicher auch sein Ende als Polizeidirektor in Anklam.

Denn es gab ja noch einen anderen Weg. Und der funktionierte. Dank vieler eingesetzter Mittler und einem unermüdlich agierenden OB. Als einziger Politiker (!) war sich König nicht zu schade, einen Kompromiss schmackhaft zu machen. Immer wieder zwischen den Blockierern hockend.

Joachim Wenn-Karamnow von der Einsatzleitung hatte diesen kurz zuvor über Mikro erläutert: "Sie ziehen sich hinter die Kreuzung zurück", hatte er den Demonstranten zugerufen. "Und die Polizei sorgt dafür, dass die NPD über die Beimlerstraße zum Südbahnhof geleitet wird. Sie haben mein Versprechen." Es klappte.

"Ich bin zufrieden, dass alles friedlich verlaufen ist". An der Anklamer Straße hatte ich Angst, dass es eskalieren könnte, sagte ein erleichterter OB am Busbahnhof Süd. Die Taktik der Polizei, ohne Drohmittel auszukommen, ging auf, meinte Andreas Schorlemmer, einer der Mittler zwischen Uniformierten und Demonstranten. Er dankte allen für ihre Courage. Das tat auch Bernd Biedermann von der Freitagsrunde. Er freute sich, dass es erstmals im Land gelungen ist, den Abbruch einer NPD-Demo zu erzwingen. Dennoch fühlt sich die Runde von der Landesregierung im Stich gelassen. Sie hatte die friedlichen Proteste vorab in Frage gestellt. Ohne die Situation zu kennen, schimpfte Biedermann. Rentner Horst Wendt aus Eldena hatte seine eigene Sicht: "Das Geld, das der Einsatz kostet, hätte man lieber der Stadt geben sollen."

03.09.2001
Ostseezeitung - Kurzmeldung


Proteste gegen rechte Aufmärsche in Leipzig und Greifswald

Leipzig/Greifswald (dpa/OZ) Bei einem Aufmarsch von rund 1200 Neonazis ist es am Samstag in Leipzig zu gewaltsamen Auseinandersetzungen zwischen linksautonomen Gegendemonstranten und der Polizei gekommen. Dabei wurden drei Polizisten und fünf Demonstranten verletzt. 83 Personen wurden in Gewahrsam genommen. Die Polizei hatte die Neonazi-Demo bereits kurz nach dem Abmarsch zum Völkerschlachtdenkmal aufgelöst, weil Naziparolen skandiert wurden. Überwiegend friedlich demonstrierten am Samstag in Greifswald rund 1500 Menschen gegen einen Aufmarsch von rund 100 Anhängern der NPD.

03.09.2001
Nordkurier


Neonazi-Aufmarsch von Pfeifkonzert und lautstarken Protesten begleitet

Mehrere tausend Menschen haben am Sonnabend in Greifswald gewaltfrei gegen einen Neonaziaufmarsch in der Universitätsstadt protestiert. Unter dem Motto "Greifswald stellt sich in den Weg" waren nach Gewerkschaftsangaben bis zu 3000 Gegendemonstranten dem Aufruf von Bündnissen gegen Rechts und für die Integration von Ausländern, Vertretern der Universität und Deutschem Gewerkschaftsbund (DGB) gefolgt.

"Jetzt ist Landtag gefragt"

Unter dem Schutz eines starken Polizeiaufgebotes hatten sich etwa 150 Anhänger der rechtsextremen NPD zu der genehmigten Demonstration zusammengefunden. Sie zogen Parolen brüllend und mit Transparenten durch die Stadt. Der Aufzug wurde durch lautstarke Proteste und Pfeifkonzerte von Gegendemonstranten begleitet. Die Polizei hatte etwa 650 Beamte im Einsatz, um Ausschreitungen zu verhindern. Einsatzleiter Klaus Wils sagte, das Konzept der Polizei, die Demonstranten ruhig und friedlich voneinander zu trennen, sei aufgegangen.

Zeitweise hatten mehrere hundert Gegendemonstranten die Strecke für den NPD-Marsch durch Sitzblockaden gesperrt und versucht, Barrikaden zu errichten. Die Einsatzleitung der Polizei verhandelte daraufhin mit den Protestierern, um eine Eskalation zu verhindern. Die Demonstranten räumten schließlich friedlich die Straße, nachdem der Neonazi-Zug direkt zum Bahnhof umgeleitet wurde, wo er sich nach einer kurzen Kundgebung auflöste.

Am Morgen hatten Vertreter des Linksbündnisses anlässlich des Weltfriedenstages Kränze am Mahnmal für die NS-Opfer gegenüber dem Greifswalder Bahnhof niedergelegt. Auf einer anschließenden Kundgebung forderte der Chef des DGB Nord, Peter Deutschland, ein Verbot aller Neonazi-Organisationen und -Aufmärsche. Vor dem Hintergrund der mahnenden Erinnerung an den Ausbruch des Zweiten Weltkrieges am 1. September vor 62 Jahren müssten besonders bei den Menschen im benachbarten Polen angesichts des NPD-Aufmarsches in Greifswald erschreckende Erinnerungen aufkommen, betonte Deutschland. Greifswalds Oberbürgermeister Arthur König (CDU) zeigte sich zufrieden über den friedlichen Ausgang des Protestes. Ebenso wie andere Vertreter des Bündnisses gegen Rechts äußerte König Unverständnis über die Genehmigung des NPD-Aufmarsches durch das Oberverwaltungsgericht. Dies sei für ihn nur schwer nachvollziehbar. Der Greifswalder Pfarrer Matthias Gürtler sagte, jetzt sei der Landtag gefragt. Es müssten gesetzliche Grundlagen dafür geschaffen werden, dass künftige NPD-Aufmärsche unterbunden werden könnten.

03.09.2001
Schweriner Volkszeitung


Greifswald zeigte Flagge gegen NPD-Aufmarsch

3000 Menschen bei Protestmarsch / Keine Eskalation

Mehrere tausend Menschen haben am Sonnabend in Greifswald gegen einen Neonaziaufmarsch in der Universitätsstadt protestiert. Unter dem Motto "Greifswald stellt sich in den Weg" waren nach Gewerkschaftsangaben bis zu 3000 Gegendemonstranten dem Aufruf von Bündnissen gegen Rechts, Vertretern der Universität und Deutschem Gewerkschaftsbund (DGB) gefolgt. Ein Anhänger der linken Szene wurde nach einer Rangelei mit Polizisten festgenommen.

Unter dem Schutz eines starken Polizeiaufgebotes hatten sich etwa 150 Anhänger der rechtsextremen NPD zu der genehmigten Demonstration zusammengefunden. Sie zogen Parolen brüllend und mit Transparenten durch die Stadt. Der Aufzug wurde durch lautstarke Proteste und Pfeifkonzerte von Gegendemonstranten begleitet. Die Polizei hatte etwa 650 Beamte im Einsatz, um Ausschreitungen zu verhindern.

Zeitweise hatten mehrere hundert Gegendemonstranten die geplante Strecke für den NPD-Marsch durch Sitzblockaden gesperrt und versucht, Barrikaden zu errichten. Die Einsatzleitung der Polizei verhandelte daraufhin mit den Protestierern, um eine Eskalation zu verhindern. Die Demonstranten räumten schließlich friedlich die Straße.

Am Morgen hatten Vertreter des Linksbündnisses anlässlich des Weltfriedenstages Kränze am Mahnmal für die NS-Opfer niedergelegt. Auf einer Kundgebung forderte der DGB Nord-Chef Peter Deutschland ein Verbot aller Neonazi-Organisationen und -Aufmärsche.

03.09.2001
Faschos: stoertebeker.net


Nationale Friedensdemos in Greifswald und Leipzig

In Greifswald und Leipzig fanden heute anläßlich des Weltfriedenstages Demonstrationen von NPD und freien Nationalisten statt. Hauptschwerpunkt war dabei Leipzig, wo sich nach bisherigen Angaben etwa zwischen 1500 und 2000 Nationalisten versammelt hatten. Im Mai hatten freie Nationalisten um Thomas Wulff (Steiner) und Steffen Hupka zur Friedensdemonstration aufgerufen. Genauere Einzelheiten zum Demonstrationsverlauf liegen uns jedoch im Augenblick noch nicht vor. Fest steht jedoch, daß es dabei mit Sicherheit wieder recht turbulent zugegangen sein wird, hatten linke Kräfte doch bereits im Vorfeld damit gedroht, die nationale Demo in Leipzig mit allen Mitteln zu stören.

In weitaus geringerem Rahmen, aber nicht minder turbulent ging es in Greifwald zu. Dort hatte die NPD-Greifswald ebenfalls zu einer Demonstration aufgerufen. Allerdings gab es dort nur etwa 130 Teilnehmer, die dafür aber aus der Stadt und der näheren Umgebung kamen. An auswärtigen Gästen waren nur Kameraden aus Thüringen vertreten. Grund für die geringe Teilnahme war, nicht wie auf der Gegenseite vermutet, innere Querelen in der Szene, sondern schlicht und einfach die Tatsache, daß der Bundes-NPD der Aufmarsch in Greifswald urplötzlich ziemlich egal war, nachdem man sich entschlossen hatte die ursprünglich angefeindete Demonstration in Leipzig zu unterstützen. Grund für die plötzliche Kehrwende scheint es zu sein, sich quasi auf dem letzten Drücker in diese Veranstaltung einzuklinken, um die Lorbeeren des Verdienstes an diesem Tag erstmalig nationale Flagge gezeigt zu haben, den freien Nationalisten nicht allein zu überlassen.

Die Führung der Bundespartei hielt sich, bis auf wenige Ausnahmen, wie Doris Zutt und Horst Mahler, von beiden Veranstaltungen fern. Warum man die Veranstaltung in Greifswald dann nicht abgesagt hat, wenn man doch ohnehin gesonnen war, die Veranstaltung in Leipzig zu unterstützen, dürfte wohl auf ewig das Geheimnis der NPD-Führung bleiben. Erkennbar war die ablehnende Haltung zur eigenen Demonstration schon im Vorfeld, als man noch plante, in Weimar zu marschieren. Während in dieses Demonstrationsprojekt erhebliche Finanzen und Propagandamittel gesteckt wurden, ging der Norden völlig leer aus.

Nichts desto trotz fehlte es in Greifswald jedoch nicht an guter Stimmung. Disziplin und Engagement der Teilnehmer waren hervorragend, was sich auch nicht änderte, als man genötigt wurde, von der ursprünglichen Demo-Strecke abzuweichen, weil etwa 50 - 60 Protestler die Straße versperrt hielten. Offensichtlich auf höhere Weisung war die Polizei dazu angehalten worden, vor Sitzblockaden zu kapitulieren. An diesen nahm übrigens u. a. auch Oberbürgermeister König teil, der es jedoch freilich vorzog, zwischen den Blockierern stehenzubleiben, da er befürchtete, sich an ihnen oder der Straße schmutzig zu machen, was ja auch nicht unverständlich ist. Die durch die Sitzblockaden bedingten Pausen wurden von den Nationalisten dazu genutzt, Zwischenkundgebungen abzuhalten, wo man über die Ziele der NPD informierte und auf die bevorstehende Demonstration für die Umbenennung der Ilja-Ehrenburg-Straße in am 22. September in Rostock aufmerksam machte.

Die Abschlußkundgebung fand dann in der Nähe des Busbahnhofes am Südbahnhof statt. Es sprachen der Greifswalder NPD-Vorsitzende Maik Spiegelmacher und der freie Nationalist Axel Möller aus Stralsund. Allerdings war die Kundgebungszeit von der Polizei auf 20 Minuten befristet worden, so daß man sich relativ kurzfassen mußte. In den Ansprachen verurteilten die Redner vor allem die militärischen Einsätze auf dem Balkan. Außerdem wies man u. a. ausdrücklich daraufhin, daß der 2. Weltkrieg zu Ende ist und das es eine Schande sei, sich mehr als 60 Jahre danach noch damit erpressen zu lassen. Im Anschluß an die Rede Möllers, der in seiner Rede u. a. sehr zum Zorn der Linken deutlich machte, daß es in den Reihen der Nationalisten keinen Petershagen* geben würde, ließen einige Mädels der NPD Friedenstauben steigen. Vom NPD-Kreisvorsitzenden Spiegelmacher wurden dann die nationalen Aktivisten Hannes Gerlach aus Greifswald und Robert Rupprecht aus Stralsund für ihr aktives Engagement mit Blumen und Buchprämien ausgezeichnet.

Ganz anders ging es dagegen auf den Gegenveranstaltungen zu. Beim Gottesdienst auf dem Markt und der darauffolgenden Kundgebung weilten, nach ausgesprochen positiven Schätzungen, günstigstenfalls vier- bis 500 Menschen auf dem Platz. An der Kranzniederlegung beim Denkmal an den Wallanlagen waren es dann jedoch nur noch 40 - 50. Offensichtlich hatte man zu tun, sich an die von der örtlichen "Freitagsrunde" unterstützten Sitzblockadenplätze zu begeben. Waren es bei der ersten Blockade etwa 30 Teilnehmer, kam man bei der zweiten schon etwa auf 50-60. Bei der Polizei wurden auf höheren Befehl die Schlagstöcke eingezogen, um zu verhindern, daß dem grundgesetzlich verbrieften Recht auf Demonstrationsfreiheit Genüge getan wird. Auch sonst bestand der antifaschistische Janhagel, der die nationale Demo begleitete, immer aus ein und denselben Gesichtern. Insgesamt dürfte die Anzahl der Gegendemonstranten in Greifswald an diesem Tag bestenfalls sechs- bis siebenhundert betragen haben, die Leute von der Marktkundgebung mitgerechnet.

Alles in allem nicht gerade ein überzeugendes Beispiel dafür, daß Greifswald sich den Rechten in den Weg stellte. Die Zahl belegt eindeutig, daß die 7000 Gegendemonstranten vom Monat Januar in der Hauptsache aus Ortsfremden bestanden, die man am 1. September schlicht und einfach nicht mehr mobilisieren konnte, weil es der Stadt am dazu nötigen Geld mangelte. Rockkonzerte und Volksfeste blieben daher diesmal aus Kostengründen außen vor. Es bleibt daher zu sagen, daß wenn das alles ist, was die Stadt trotz aller Propaganda, nachdem sie fast 9 Monate Ruhe vor nationalen Demonstrationen hatte, auf die Beine zu bringen hat, die angeblich antifaschistische Grundhaltung der Greifswalder sehr in Frage zu stellen ist. Ein Kampf zwischen David und Goliath, bei der die örtliche NPD und ihre Unterstützer mal wieder gezeigt haben, daß sie sich von der materiellen Übermacht des Systems und der von ihm organisierten Pöbelhetze nicht beeindrucken lassen.

Einziger Mißklang des Tages die Lautsprechertechnik der NPD, die während der Demonstration plötzlich ausfiel, so daß man sich bei den Reden mit einfachen Lautsprechern behelfen mußte. Technik, die begeistert, aber letztlich ist das schon wieder eine andere Geschichte ...

*Stadtkommandant von Greifswald, der den Ort 1945 kampflos an die Russen übergab, was zwar eine Unversehrtheit der Stadt sicherte, aber dennoch zu Morden an der Zivilbevölkerung und zahlreichen Deportationen nach Sibirien führte. - Die Schriftleitung

04.09.2001
Ostseezeitung - Kurzmeldung


König dankt Bürgern für friedlichen Protest

Oberbürgermeister Dr. Arthur König hat den Bürgern, die am Sonnabend gegen den Aufmarsch der NPD protestierten, für ihre Ruhe und Besonnenheit gedankt. Froh sei er auch über den gewaltfreien Ablauf der Sitzblockade in der Anklamer Straße sowie den mit der Polizei gefundenen Kompromiss, den NPD-Zug an der Beimlerstraße in Richtung Südbahnhof umzuleiten und dort zu beenden. Greifswald sei ein Symbol dafür, dass es möglich ist, sich den Nazis friedlich und dennoch erfolgreich in den Weg zu stellen, erklärte gestern der Landesverband der SPD-Nachwuchsorgansiation Jusos.

04.09.2001
Faschos: stoertebeker.net


Linke Gegenaktionen und Manipulationen in Leipzig und Greifswald

Überaus malerisch, im wahrsten Sinne des Wortes, zeigte sich der antifaschistische Widerstand am 1. September in Leipzig. So hatte sich dort wirklich eine wahrhaft erbauliche Auslese des übelsten Auswurfs bundesdeutschen Gutmenschentums in der Stadt versammelt. Um diesem antifaschistischen Widerstand dann auch entsprechend ins rechte Licht zu setzen scheute man sich nicht einmal davor, die Teilnehmerzahlen der Gegenveranstaltungen nahezu ins Unermeßliche zu fälschen. Während MDR Aktuell am Abend des 1. September noch von etwa 8000 Gegendemonstranten auf dem Augustusplatz sprach, tauchte einen Tag später die Propagandazahl von 20.000 in den Medien auf. Ein ähnliches Phänomen erlebte man auch in Greifswald, wo man die tatsächliche Zahl von etwa 700 Gegendemonstranten auf bis zu 3000 hochlog (SVZ und NORDKURIER). Die Presse übernahm dabei vollkommen unkritisch die Angaben von Universität und DGB.

Blieb es in Greifswald jedoch noch weitestgehend friedlich, wenngleich es dort auch zu Steinwürfen u. ä. kam, zeigte der linke Mob in Leipzig, was seine ganzen Freiheits- und Toleranzphrasen wirklich wert sind. So bewarf man den Dirigenten des westsächsischen Symphonieorchesters mit Dreck und drehte dem Leipziger Oberbürgermeister während seiner Rede den Strom ab. In der Stadt kam es Randalen. Linksextremisten zerschlugen Schaufenster und zündeten Autos und Müllcontainer an. Auf dem Augustusplatz gab es dazu jedoch nur müde Kommentare. - Weltfriedenstag in Leipzig!

Die Reden der linken Akteure, bei denen auch die Geistlichkeit nicht fehlte, unterschieden sich in nichts vom leeren Redeschwall ihrer Genossen auf dem Greifswalder Marktplatz. Ein Geschwätz, das man als derart nichtssagend empfand, daß noch nicht einmal die Presse es für nötig befand längere Passagen daraus zu zitieren. In Greifswald begnügte sich sogar das Stadtfernsehen nur mit einer stummen Bilderfolge der Ereignisse, auf eine ausführliche Berichterstattung wie im Januar verzichtete man wohlweislich, hätte man doch zugeben müssen, daß die Gegenaktionen vom 1. September nur ein Schatten im Vergleich zu denen vom 14. Januar gewesen sind. Seinerzeit demonstrierten, nach Angaben der Stadt, 7000 Menschen gegen Rechts. Allerdings vergaß man damals wie heute darauf hinzuweisen, daß nur die wenigsten Demonstrierer aus Greifswald selbst kamen.

So ergaben einige Recherchen auf Parkplätzen durch unsere Gewährsmänner, daß das Gros der linken Störer vornehmlich aus Hildesheim, Hannover, Rostock, Neubrandenburg und Wolgast kam. Fernsehbilder des Greifswalder Stadtfernsehens erwiesen deutlich, daß die medial verbreiteten Zahlen von 1500 bis 3000 Gegendemonstranten schlichtweg unsinnig sind.

04.09.2001
Ostseezeitung - regional


Gerichtsurteil wirft viele Fragen auf

Die Demonstration der NPD am Sonnabend, die Blockade der Anklamer Straße durch Gegner und das vorausgegangene Gerichtsurteil des Oberverwaltungsgerichtes Greifswald beschäftigen die OZ-Leser. Mittlerweile sind die ersten Fragen eingegangen, die wir Justizminister Erwin Sellering bei seinem Redaktionsbesuch am Freitag stellen wollen.

So fragt Dr. Siegfried Lietz aus Potthagen: Wie ist es möglich, dass die Gesetzeslage grundverschiedene Urteile zu lässt? Er könne in einer solchen Rechtsprechung nicht die Fähigkeit erkennen, zu richtigen gerechten Urteilen zu kommen.

Dr. Lietz weiter: Vor dem hiostorischen Hintergrund empfinde ich das OVG-Urteil als Provokation. Die Anmahnung von Zivilcourage gegenüber Neonazismus und Gewalt erscheint wie Hohn, wenn die Wahrnehmung einer gesellschaftlichen Verantwortung mit Polizeigewalt zum Schutze von Neonazis beantwortet werden kann und Bürger bzw. Kommunen für die Wahrnemung staatsbürgerliche Rechte verurteilt werden können.

Wenn Deutschland ein demokratisch verfaßter Rechtsstaat mit all den anerkannten Menschenrechtskonventionen sein will, sind als Lehre aus der Geschichte unmöglich Versuche hinnehmbar, den Neonazismus auch juristisch zu bagatellisieren und ihm einen legalen Anschein zu geben. Solche OVG-Urteile sind dazu angetan, dass unsere Demokratie konträr zu den im Grundgesetz verankerten Grundwerten unserer Nation disqualifiziert wird.

Zu selben Problematik schreibt Prof. Dr. Claus Dieter Classen aus dem Ostseeviertel-Ryckseite. Vier Gerichte haben sich mit der Frage befasst, ob die NPD am 1. September eine Demonstration abhalten darf. Drei von ihnen haben sich in diesem Rahmen ausführlich mit der Frage auseinandergesetzt, ob die historische Bedeutung dieses Tages eine negative Entscheidung rechtfertigt. Zwei von ihnen haben dies bejaht: die Verwaltungsgerichte Leipzig und Greifswald. Das sächsische Oberverwaltungsgericht Bautzen hat die - schon wegen der demonstratinsfreundlichen Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichtes - schwierige Frage anders entschieden, es hat sich aber wenigstens der Mühe unterzogen, seine Entscheidung auf Sachargumente zu stützen, mögen diese auch im einzelnen nicht für jeden nachvollziehbar sein. Ganz anders das OVG Greifswald. Akribisch erörtert es die Frage, wie die von der Stadt getroffene Maßnahme begrifflich zu fassen ist, ob als „Auflage“, wie es das in erster Instanz zuständige Verwaltungsgericht meinte, oder aber als „Verbot“, an das hinsichtlich seiner Rechtfertigung strengere Maßstäbe anzulegen sind. Dabei kommt es mit guten Argumenten zu einer anderen Bewertung, als sie das erstinzliche Gericht im Einklang mit der Stadt vorgenommen hatte. Bei der Folgefrage aber, ob die von der Stadt zur Rechtfertigung der getroffenen Maßnahme angeführten Argumente tragen oder nicht, heißt es lapidar: Besondere Umstände, die ein Versammlungsverbot ausnahmsweise rechtfertigen könnten, seien „nicht dargelegt“ und auch „für den Senat nicht erkennbar“. Damit hat das Gericht schon rechtlich seine Pflicht verletzt, die von der Stadt vorgetragenen tatsächlichen Gesichtspunkte auch dann zu würdigen, wenn es bei der rechtlichen Qualifizierung der Maßnahme einen abweichenden Weg geht. Gerade ein letztlich entscheidendes Gericht, wie das OVG, muss dem Bürger durch die Art und Weise seiner Argumentation den Eindruck vermitteln, dass das Sachproblem ernstgenommen wird. Dies gilt in besonderem Maße bei einer Frage, die ersichtlich eine Vielzahl von Menschen bewegt und bei der es darum geht, wie man mit der aus der deutschen Geschichte resultierenden Veranwortung umgeht.

Wenn Sie, liebe Leser, Fragen haben zum Gerichtsurteil. Bis Freitag können Sie uns diese uns schriftlich mitteilen. Wir erwarten den Justizminister.

05.09.2001
Faschos: stoertebeker.net


Greifswalds dankbarer Bürgermeister

Greifswalds Oberbürgermeister Arthur König bedankte laut OSTSEE-ZEITUNG bei den Bürgern, die am Sonnabend bei den Aktionen gegen die NPD teilgenommen hatten. König gibt sich besonders froh, daß die rechtswidrige Sitzblockade in der Anklamer Straße ohne größere Probleme abgelaufen ist. Er und die sogenannte "Freitagsrunde", die mafiöse Vereinigung der städtischen Obrigkeit, hatten bereits im Vorfeld der Demonstration zu derartigen Störmanövern gegen die NPD-Friedensdemonstration aufgerufen. Allerdings gelang es König und Konsorten lediglich den NPD-Zug umzuleiten, die Kundgebung konnte man nicht verhindern. Zu den Mitanstiftern der Störaktionen gehörten u. a. auch Rosa Luxemburg-Verschnitt Sahra Wagenknecht (PDS) und PDS-Landtagsabgeordneter Monty Schädel.

Nichts desto trotz glaubt der Landesverband der SPD-Nachwuchsorgansiation Jusos, ein Spurenelement in der hiesigen politischen Landschaft, ernsthaft, daß Greifswald nunmehr ein Symbol dafür sei, daß es möglich sei, sich den Nazis friedlich und dennoch erfolgreich in den Weg zu stellen. - Na, wie man es nimmt, immerhin von seinen Steinewerfern aus der Hans-Beimler-Straße hält er eine Distanzierung jedenfalls für unnötig. Ebenfalls für unnötig hält er zu erklären, warum eigentlich so wenig Greifswalder bei den Anti-NPD-Protesten zu sehen waren. Um so genauer tut dies LIKEDEELER-ONLINE, eine von der Stadt gesponserte linke Internetseite, auf der man für diesen Mißstand die Semesterferien verantwortlich macht.

Auch sonst hielt sich der Greifswalder "Protest" in relativen Grenzen. Nimmt man es genau, so war eigentlich in der Hauptsache nur die Klientel der PDS und des DGB aufmarschiert sowie etliche Linksextremisten aus Hannover, Hildesheim, Rostock, Neubrandenburg, und Wolgast. Alles in allem nicht viel mehr als insgesamt 1000 Leute. Grund genug für die JUNGE WELT zu behaupten, die linken Aktionen in Greifswald würden von den Medien klein geredet. Statt dessen sollen nach den Angaben des Blattes bis zu 3000 Menschen in Greifswald gegen Rechts demonstriert haben. Wo, das blieb jedoch das Geheimnis der Redaktion, denn Fernsehbilder und Augenzeugenberichte sprechen eine deutlich andere Sprache.

Inzwischen hat die nationale Seite bereits deutlich gemacht, daß sie sich von den unsauberen Methoden der Stadt und ihrer Klientel nicht im geringsten beeindrucken läßt. So kündigte die Schülerinitiative der Greifswalder Friedrich-Engels-Schule an, daß sie am 6. Oktober im Ostseeviertel demonstrieren wolle. Wie die Leiterin der Schülerinitiative, Carolin Beetz, erklärte, komme es gar nicht darauf an, mit wie vielen Leuten marschiere, sondern daß man überhaupt marschiere, um auf bestimmte Probleme aufmerksam zu machen. Den 1. September betrachtete sie als interessante Lektion in Sachen Demokratie, die außer ihr auch viele andere Schüler begriffen haben, sah man doch wer die eigentlichen Friedensstörer und Gewalttäter waren.