links-lang fetzt!

"500 Menschen demonstrierten in Rostock gegen Überwachungsstaat und Justizwillkür"

Die Veranstalter/innen kritisieren den überzogenen Polizeieinsatz.

18.11.2007

Eine Pressemitteilung der Gipfelsoli Infogruppe von heute.

Gestern demonstrierten 500 Menschen in der Rostocker Innenstadt gegen Überwachungsstaat und Justizwillkür. Anlaß waren die 1500 gegen G8-Gegner aufgenommenen Ermittlungsverfahren. Davon erwiesen sich laut Auskunft der Staatsanwaltschaft inzwischen 1100 als haltlos und mußten eingestellt werden. In Redebeiträgen kritisierten Vertreter von der Roten Hilfe und vom Rostocker Antirepressionsbündnis, daß offensichtlich Unschuldige monatelang im Visier der Ermittlungsbehörden waren. Die Ermittlungsverfahren sind offensichtlich konstruiert worden, um im Nachhinein eine Legitimation für die während des Gipfels erfolgten Massenfestnahmen zu erhalten. Die DemonstrantInnen forderten eine Aufklärung dieses Justizskandals und ein Einschreiten der Justizaufsicht wegen der Verfolgung Unschuldiger. Die DemonstrantInnen betonten, daß sich die G8-Polizeitruppe Kavala und die eingesetzten Sonderstaatsanwälte wie ein Staat im Staate aufführen und sich jeglicher Kontrolle entziehen.

In weiteren Redebeiträgen bezogen sie Stellung gegen die jüngst verabschiedete Vorratsdaten-speicherung und gegen die Verfolgung von GipfelgegnerInnenn und AntimilitaristInnen mittels des Antiterrorparagraphen 129a. Auch das Vorgehen der Polizei gegen ausländische Menschen wurde auf der Demonstration angeprangert. Viele hier lebende Menschen sind durch Abschiebung vom Tode bedroht. Viele sterben bei dem Versuch nach Deutschland zu kommen oder werden durch die unzumutbaren Zustände in deutschen Flüchtlingslagern in den Selbstmord getrieben.

Der Demonstrationszug konnte erst mit einstündiger Verspätung beginnen, weil die Polizei die Auflagen bzgl. der Vermummung sehr restriktiv auslegte. So wurde es den DemonstrantInnen untersagt, die Transparente in Kopfhöhe zu tragen. Auch die in dem Auflagenbescheid vorgesehene Kann Bestimmung, nach dem die Ordner auf Zuverlässigkeit überprüft werden können, wurde von der Polizei restriktiv umgesetzt. Die Demonstrationsleitung hatte schon im Vorfeld ein besonneneres und sensibleres Verhalten von der Polizei eingefordert, da sich diese Demonstration ja gerade gegen Überwachung und Kontrolle richtete. Die Veranstalter werden in der nächsten Woche aufgrund dieses völlig uneinsichtigen Verhaltens der Polizei vor das Verwaltungsgericht ziehen, um für zukünftige Demonstrationen die Rechtswidrigkeit dieser Auflagen feststellen zu lassen.

Die Demonstration führte danach an der Polizeiwache, der G8 Gefangenensammelstelle, der Staatsanwaltschaft und dem Amtsgericht vorbei. Dort brachten die DemonstrantInnen in Redebeiträgen ihren Ärger vor allem über die Kriminalisierung des G8-Protestes mittels größtenteils erfundenen strafrechtlichen Vorwürfen zum Ausdruck.

Kurz vor Ende der Demonstration kam es noch zu einem völlig unverhältnismäßigen Polizeieinsatz. Die aufgrund der Größe der Demonstration sichtlich überforderte Polizeieinsatzleitung, deren zentrales Ziel es war, die Demonstration zu kontrollieren und im Spalier durch Rostock zu begleiten, hatte ein Problem damit, daß die DemonstrantInnen auf der Doberaner Straße ein 30 Meter langes Stück des angemeldeten Weges rannten anstatt im Schrittztempo zu gehen. Da die aufgrund schwerfälliger Rüstung langsamere Polizei Gefahr lief, den Anschluß an die Demonstrationsspitze zu verlieren, knüppelte sie auf die Demonstrationsspitze ein und verletzte dadurch und mit dem eingesetzten Reizgas mehrere VersammlungsteilnehmerInnen.

Während der Demonstration wurde eine Liveschaltung zu der zeitgleich stattfindenden Demonstration in Genua aufgebaut. Auch dort wurde gegen die Repression im Folge des G8 Gipfels demonstriert. 100.000 DemonstrantInnen protestierten gegen die von der Staatsanwaltschaft beantragten 225 Jahre Haft für 25 GlobalisierungskritikerInnen.

Das Rostocker Antirepressionsbündnis wertet die Demonstration, die mit 500 TeilnehmerInnen deutlich größer war als erwartet, als Erfolg. "Es ist gelungen, die skandalösen Machenschaften von Kavala und der Justiz in eine breitere Öffentlichkeit zu transportieren", so ein Sprecher des Antirepressionsbündnisses.