links-lang fetzt!

Keine Global Player

Nach der gescheiterten Demonstration in Schwerin liefen die Versuche der Nazi-Szene, den G8-Gipfel für ihre Propaganda auszuschlachten, ins Leere. Eine Zusammenfassung der rechten Aktivitäten der vergangenen Woche.

13.06.2007

Die Fahnen knattern im Wind und aus den Lautsprechern krakelt es, während sich Reihe um Reihe der geordneten Masse durch die Landeshauptstadt schiebt - es hätte so schön national, sozial und spießig sein können für die Neonazi-Szene am 02. Juni. Doch aus ihrer geplanten Großdemonstration in Schwerin wurde nichts, nachdem durch die verschiedenen Instanzen der Verwaltungsgerichte hindurch das Verbot der Stadt bestätigt wurde. Zur Absicherung einer NPD- als auch einer Antifa-Demo sei nicht genug Polizei vor Ort, und deshalb dürfe nichts von alledem stattfinden. Zuletzt teilte das Bundesverfassungsgericht mit, dass ihm zu wenig Zeit bliebe, um über die Frage des polizeilichen Notstandes zu beraten. So mußten die Schweriner Einwohner es bei der Angst vor dem Krawall und ein paar vernagelten Schaufensterscheiben belassen und konnten bei einem Bürgerfest gegen Rechts Gesicht zeigen. Die Antifas vergnügten sich derweil in Rostock; etwa 150 von ihnen wurde allerdings die Abreise aus der Stadt von der Polizei unmöglich gemacht. Die Polizei behauptete trotz gegenteiliger Beteuerungen, sie wollten an der verbotenen Demo teilnehmen, und nahm schließlich alle in Gewahrsam.

Die Nazis mußten, als die endgültige Entscheidung über ihre Demo am Vormittag die Runde machte, ihre Busse auf halber Strecke umdrehen. Weil die Polizei unachtsam blieb, gelang es ihnen, in einigen Städten Mecklenburg-Vorpommerns spontan auf die Straße zu gehen. So zogen in Güstrow und Greifswald weniger als 200 Rechte durch die Innenstädte. Eine Demo von 100 Nazis in Boizenburg und eine Ansammlung von 25 Rechten in Lübz wurden durch nach dem Auftauchen der Polizei unterschiedlich schnell aufgelöst. Im niedersächsischen Lüneburg griffen Nazis aus dem 350 Leute umfassenden Zug Passanten an, in Berlin drängten sie sich durch das Brandenburger Tor. Obwohl NPD und Kameradschaften ihre Spontaneität als Erfolg verkaufen, können diese kleineren Aktionen nicht über den Verlust von Öffentlichkeit, Aufmerksamkeit und Selbstinszenierung hinwegtäuschen, den sie durch das Verbot ihrer Großdemonstration in Schwerin verzeichnen mußten.

Daran konnte auch die kurzfristige Anmeldung einer Kundgebung für den folgenden Donnerstag am Rostocker Stadthafen wenig ändern. Ob die NPD'ler um Fraktionsgeschäftsführer Peter Marx und den Fraktionsvorsitzenden Udo Pastörs auf öffentliche Aufmerksamkeit ob der Ankündigung oder eine tatsächliche Veranstaltung an jenem Ort spekuliert hatten, an dem es wenige Tage zuvor noch zu Straßenschlachten gekommen war, ist unklar. Die kurzen Hinweise in der Presse auf das Verbot der Kundgebung, das sogar vom Bundesverfassungsgericht bestätigt worden war, gingen im Meer der Meldungen über die Blockaden rund um Heiligendamm unter. Daran konnten nicht einmal die ausführlichen Informationen über die angebliche Bewaffnung gewaltbereiter Gipfelkritiker/innen in den Camps, die die Polizei an die NPD weitergegeben hatte, etwas ändern.

Viel ändern wollten gleichfalls knapp 160 Personen, die einem rechtsradikalen Aufruf für den gleichen Donnerstag gefolgt waren, eine Einrichtung der linken G8-Bewegung in Rostock anzugreifen. Und auch sie erreichten nichts: Die Polizei nahm an den Treffpunkten die Teilnehmer aus dem Neonazi- und rechtsoffenen Hooliganmilieu über Mecklenburg-Vorpommern hinaus, aber auch einige Rostocker Jugendliche, die nicht so recht wußten, worauf sie sich da eigentlich eingelassen hatten, kurzerhand in Gewahrsahm. Die NPD distanzierte sich erstmal von der Veranstaltung. Schließlich jedoch gab ihr aus Rostock kommender Landtagsabgeordneter Birger Lüssow, der sonst nie viel zu sagen hat, dem "Bürgerprotest" trotz der vielen beteiligten Ausländer seinen Segen.

Interessiert hat sich für die Verlautbarungen der NPD zu diesem Zeitpunkt fast niemand mehr, genauso wenig wie die eigenen Kamerad/innen für den letzten Aktionstag zum G8-Gipfel zwei Tage darauf am Sonnabend. Fanden in der Vergangenheit noch bundesweit Infostände oder Aktionen statt, war die Resonanz diesmal sehr verhalten.

So war der Gipfel, weil er die bundesdeutsche Öffentlichkeit bewegte, letztendlich zwar auch für die aktionistische Neonazi-Szene ein Thema. Der propagandistische Mehrwert jedoch ist zumindest in der eigentlichen Gipfelwoche gering ausgefallen - nachdem die Großdemo der NPD wegen der angekündigten offensiven Antifa-Aktionen verboten worden war, wurden alle weiteren Versuche der Rechten, mediale Öffentlichkeit zu erheischen, schlichtweg von den Ereignissen in und um Rostock und Heiligendamm überlagert. Flugblätter verteilen und Infostände abhalten, das haben die Nazis im ländlichen Mecklenburg-Vorpommern inzwischen gelernt. Darin, ihren Wahnsinn eines nationalen Sozialismus jedoch auch im Sturm einer globalen Öffentlichkeit noch emporzuhalten, haben sie in der vergangenen Woche vollends versagt.