links-lang fetzt!

"Dann springen sie über die Klinge"

Unter dem Dach der NPD-Fraktion in Schwerin haben sich gewaltbereite Neonazis versammelt, die nicht wenig auf dem Kerbholz haben.

28.03.2007

Doch schuldig. Der Berufungsprozess gegen Stefan Köster endete am vergangenen Donnerstag schnell, als der Angeklagte sich über seinen Anwalt zur Tat bekannte. Im Dezember 2004 hatte der inzwischen zum Schweriner Landtagsabgeordneten avancierte Landesvorsitzende der NPD von Mecklenburg-Vorpommern am Rande eines Parteitages auf eine am Boden liegende Antifaschistin eingetreten. Der Richter freute sich über das Geständnis und verringerte die vorherige Bewährungsstrafe auf die Zahlung von 5400 Euro für die Körperverletzung. Als vorbestraft gilt Köster nun nicht.

Selbst unter seinen Neonazi-Kollegen im Landtag fällt Köster als einziger erwiesener Gewalttäter zwar auf. Doch unter den Angestellten der NPD-Fraktion hat Köster Gesinnungsgenossen, die zur Gewalt aufgerufen haben oder selber schon wegen einschlägiger Delikten verurteilt worden sind.

So etwa Alexander Wendt, der laut Informationen der SPD-Seite Endstation Rechts Wahlkreismitarbeiter von Tino Müller ist. Wendt, der sich lange Zeit im Neonazi-Wohnprojekt in Salchow engagiert hatte, wurde im November 2005 vor dem Landgericht Neubrandenburg wegen Nötigung und Körperverletzung zu einer Geldstrafe verurteilt. Aus einer Demonstration gegen Asylbewerber im Juli 2004 in Ueckermünde hatte Wendt eine Beobachterin des Aufmarsches angegriffen und verletzt.

Ähnlich ging es bei Andreas Theißen zu, langjähriger NPD-Kader und inzwischen laut Endstation Rechts persönlicher Mitarbeiter von Udo Pastörs. Laut einem Bericht der SPD-nahen Fachzeitschrift Blick nach Rechts wurde er 1999 vom Amtsgericht Hagenow zu einer Bewährungsstrafe verurteilt, weil 1996 bei ihm Sprengstoff aufgefunden wurde. Gegenwärtig laufen gegen den ehemaligen Aktivisten der verbotenen Wiking-Jugend Ermittlungen wegen Körperverletzung, weil er am Rande einer NPD-Wahlparty in Schwerin am 17. September 2006 einen Kameramann des NDR vor den Augen anderer Journalisten angegriffen haben soll.

So in der Öffentlichkeit hat sich Reinhard Hufnagel, Angestellter der NPD-Fraktion in Schwerin, noch nicht hervorgetan. Dafür scheint er ein Mann der großen Worte zu sein. Im Januar veröffentlichten Hacker ein internes Diskussionsforum der Neonazi-Szene aus dem Rhein-Neckar-Gebiet. Unter dem Pseudonym "clavungulus" schrieb dort auch ein Reinhard Hufnagel aus Worms mit der email-Adresse reinhard.hufnagel@gmx.de, studierter Historiker und Führungskader der neonazistischen Kameradschaft Worms. In den veröffentlichten Protokollen der Diskussionen der Neonazis, die vom Berliner Antifaschistischen Pressearchiv und Bildungszentrum als authentisch beurteilt worden sind, stachelte Hufnagel seine Kameraden zu Gewalttaten an und erklärte, dass eine Machtübernahme in seinem Sinne nicht ohne Millionen Tote zu haben sei.

Der sich selbst als Nationalsozialist bezeichnende Hufnagel forderte erneute Konzentrationslager oder wünschte sich den Tod aller Ausländern in Deutschland: "ja, ja, die armen Ausländer(-Kinder), die sind mir scheißegal, jeder nimmt uns hier unseren Lebensraum weg und wenn die eines Tages nicht freiwillig abhauen, dann springen sie über die Klinge, egal, wie alt sie sind, denn die werden auch mal groß". Zum Umgang mit politischen Gegnern riet er seinen Kameraden: "Laßt ein gewisse Zeit vergehen und schlagt dann zu, wie, bleibt Euch überlassen, zu hart gibt es nicht."

Seine politischen Zielvorstellungen machte Hufnagel gleichfalls deutlich: "Es ist durchaus möglich, daß dieses System demokratisch abgewählt wird. Ebenso möglich ist jedoch, daß wir uns die Macht auf anderem Wege aneignen müssen. Dann werden außerordentliche Maßnahmen getroffen und eine zweistellige Millionenanzahl an Fremdrassigen und Volksverrätern sonderbehandelt werden müssen." Sonderbehandlung war die Bezeichnung der Nationalsozialisten für den Massenmord an all jenen, die sie als nicht-lebenswert ansahen. Zum Attentat von Stauffenberg auf Hitler schrieb er: "also ich würde für eine ferne Zukunft vorschlagen, daß man den 20.7. als 'Tag der Schande / des Verrats' zum nationalen Mahn- und Gedenktag macht; man könnte den Tag dann ja wieder dadurch auflockern, daß man die seit letztem Jahr enttarnten Verräter öffentlich aufknüpft, am besten im Bendlerblock in Berlin, der damaligen Verräter-Zentrale". Und auch zur Frage der Gewalt als politischer Aktionsform äußerte sich Hufnagel: "Wenn ich heute erfahren würde, daß ich todkrank bin, dann würde ich gleich loslegen, zugegebenermaßen nur dann. Ansonsten halte ich mich bereit für den Tag X, aber wann ist der und viel wichtiger was ist er? Falls der Bundestag wirklich mal in die Luft fliegen sollte, dann müssen wir ohne Rücksicht auf uns sofort losschlagen...schöner Traum".

Ein interessantes Sammelsurium an Neonazis hat sich da unter dem Dach der NPD-Fraktion in Schwerin zusammengefunden. Neonazis, die sich von jenem "System" bezahlen lassen, das sie sonst so verachten.

Links

NPD-Chef gesteht: Wehrlose Frau getreten
Der Landtagsabgeordnete Stefan Köster stand gestern nochmals vor Gericht. Parlamentarier fordern, dass er sein Mandat niederlegt.
Ostseezeitung vom 23.03.2007
http://www.ostseezeitung.de/archiv.phtml?
Param=DB-Artikel&ID=2640056


Versorgungswerk NPD-Landtagsfraktion
Führende Rechtsextremisten unter Vertrag genommen
Endstation Rechts vom 01.03.2007
http://www.endstation-rechts.de/index.php?
option=com_content&task=view&id=322&Itemid=174


Neonazi muss 1500 Euro Strafe zahlen
Nordkurier-Ueckermünde vom 12.11.2005
http://www.links-lang.de/presse/3463.php

Skinheads in grauen Anzügen
Gewalttätige Übergriffe auf Journalisten bei der NPD-Wahlparty in Schwerin. Von Andrea Röpke
Artikel im Blick nach Rechts
http://www.bnr.de/archiv/weitereveroeffentlichungen/
veroeffentlichungenausdemjahr2006/
skinheadsingrauenanzuegen/


Das Internetforum der "Freien Kameradschaften Rhein Neckar"
Erste Einschätzung des apabiz / Berlin, 3. Februar 2006
http://www.turnitdown.de/581.98.html