links-lang fetzt!

"Keine Lager! Bleiberecht für alle!"

Aufruf der Antirassistischen Initiative Rostock zur Demonstration am 20.11.04 in Schwerin.

18.11.2004

Die Antirassistische Initiative Rostock ruft mit einem eigenen Text zur Demonstration gegen Abschiebungen am kommenden Sonnabend in Schwerin auf.

Karikatur
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Anlass für diese Demonstration ist die weiterhin drohende Abschiebung des nigerianischen Flüchtlingsaktivisten A.A.Chukwudi. Seit langem für grundlegende Rechte von Flüchtlingen eintretend, ist er zum 4. Mal akut gefährdet. Er lebt hier seit 11 Jahren und kämpft vehement gegen Rassismus, Faschismus und menschenverachtende Willkür seitens staatlicher Stellen.

Akubuo setzt sich dabei kontinuierlich und kompromisslos für alle Flüchtlinge jeglicher Herkunftsländer ein. Zur Zeit sind in Mecklenburg-Vorpommern über 50 weitere Einzelpersonen und Familien von Deportationen betroffen. Dieses Bundesland beteiligte sich im September an Massenabschiebungen, was von der durchführenden Hamburger Innenbehörde als "zukunftsweisend gegen Kriminalität" stilisiert wurde.

Lasst uns einen Strich durch ihre unmenschliche Rechnung machen.
Gemeinsam gegen Behördenwillkür! Keine Abschiebung - Nirgendwo!


Persönlicher Hintergrund der neuerlichen Abschiebungsversuche Akubuos ist seine Aktivität im Rahmen der Anti-Lager-Action-Tour im Sommer 2004. Auf jeden Fall hat die Ausländerbehörde Parchim bisher vorhandenen Ermessensspielraum stets gegen ihn verwendet.

Auch wenn Herr Chukwudi durch sein unermüdliches Engagement für menschenwürdige Lebensbedingungen von Flüchtlingen einigen Behördenvertretern unbequem geworden ist, hat er doch viele Menschen aufgerüttelt. Inzwischen sind die Bedingungen, gegen die u.a. Akubuo in den letzten Jahren gekämpft hat, in Mecklenburg-Vorpommern, zum Positiven geändert worden. Z.B. die weitgehende Abschaffung des Gutscheinsystems oder die Schließung einiger isolierter "Dschungelheime". Die Kritik von Seiten der Betroffenen selbst, ist stets wichtig für die politische Umsetzbarkeit gewesen.

In den im Januar des Jahres 2004 verabschiedeten Leitlinien zur Integration von Migrantinnen und Migranten in Mecklenburg-Vorpommern besagt die fünfte Leitlinie folgendes: "Integrationsförderung verlangt eine umfassende und nachhaltige politische Partizipation von Migrantinnen und Migranten an gesellschaftlichen Entscheidungs- und Entwicklungsprozessen". Nichts anderes tut Akubuo seit seinem Aufenthaltsbeginn in Deutschland, vor 11 Jahren.

Pro Asyl betrachtet in der Bleiberechtskampagne zur unbürokratischen Vermeidung unbilliger Härten, Fälle wie Herrn Chukwudis (alleinstehend, länger als fünf Jahre in Deutschland lebend) als vermeidbare "Altfälle", die endlich human und pragmatisch zu lösen sind.

Allgemeiner Hintergrund ist das ab 01.01.05 geltende neue Zuwanderungsgesetz. Vor in Kraft treten versuchen die Behörden so viele Menschen wie möglich wegzuschaffen. Vor allem auch diejenigen, die eventuell verbesserte Aufenthaltschancen hätten. Mecklenburg-Vorpommern weigerte sich strikt eine sogenannte Vorgriffsregelung einzuführen, die zumindest "Altfällen" einen vorrübergehenden Schutz gewährt hätte. Obwohl diese Regelung in einem anderen SPD-Land (Schleswig-Holstein) zur Geltung kommt, wird in MV alles versucht, um die Maßgaben des Bundesamtes umzusetzen. So wurden fünf neue Richterposten im Verwaltungsgericht Schwerin besetzt um das "erhöhte Fallaufkommen" rechtzeitig bearbeiten zu können. Bedeutet dies noch eine Zusammenarbeit von Legislative und Judikative auf "rechts"staatlich gehobenem Niveau, ist die Exekutive um schnellstmögliche, unauffällige Abschiebemaßnahmen bemüht.

Politische Rahmenbedingungen

Die offizielle Politik gegen Flüchtlinge ist nur mit psychologischer Kriegführung zu umschreiben. Versuchsweise an zum Teil stark traumatisierten Menschen. In Deutschland sind zur Zeit ca. 600.000 Menschen in Lagern "untergebracht".

In euphemistisch als "Ausreisezentren" betitelten Lagern in denen fast ausschließlich so genannte Rückkehrerberatung stattfindet, soll die im Zuwanderungsgesetz festgeschriebene, fast völlige Rechtlosigkeit von Flüchtlingen umgesetzt werden. Dies wird eine viel höhere Anzahl "illegalisierter" Menschen zur Folge haben. Dessen und der Vorteile für die Wirtschaft durch Konkurrenzdruck im neuen Niedrigstlohnsektor bewusst, ist die Ökonomisierung der Zuwanderung, kapitalistische Überlebensstrategie, gebaut auf menschenverachtende Strukturen der Flüchtlingsabwehr. Dieses Wirtschaftssystem basiert auf Krieg und Ausbeutung. Die bereits fetten Länder und jeder Einzelne profitieren davon. Wer das akzeptiert, muss auch Flüchtlinge akzeptieren.

Im Osten werden zur Zeit fieberhaft Integrationskonzepte erarbeitet. Gemeinsam ist ihnen die Nicht-Beachtung von Migrant(inn)en mit "nicht gefestigtem Aufenthaltsstatus". So stürzen vielerorts über 50% (teils bis zu 100%) der Zuwandernden, als "nicht Integrationsberechtigt" stigmatisiert, ins Bodenlose und werden völlig allein ge- bzw. z.T. rassistischer Bevölkerung überlassen. Sie müssen in isolierten, teilweise weit abgelegenen Sammel-Lagern "leben".

Die zukünftig größere Bedeutung von nicht-staatlicher und frauenspezifischer Verfolgung bedarf jedoch der verstärkten Zusammenarbeit für grundlegende existenzielle und soziale Rechte.

Unabhängige Erstberatung, unterstützende Migrationssozialberatung und hochprofessionelle psychosoziale Betreuung sind nur drei wesentliche Anforderungen an humane Flüchtlingspolitik.

Solidarität durch die Verknüpfung unterschiedlicher sozialer Kämpfe!
Keine Lager! - Für freie Wohnortwahl!
Kann ein Mensch illegal sein? - Wir sagen Nein!
Bleiberecht für alle! - Nur nicht für Nazis!


Infos zur Demonstration "Gesichertes und dauerhaftes Bleiberecht für alle Flüchtlinge und Migrant(inn)en in Deutschland! Keine Abschiebung von Akubuo Anusonwu Chukwudi und anderer Flüchtlinge!" vom Bahnhof Schwerin am 20. November ab 13.00 Uhr auch auf dieser Sonderseite.

"No camps! Right to stay for everyone!"

Appeal by the Antiracist Initiative Rostock (A.I.R.) to participate in the demonstration in Schwerin on 20.11.04.

18.11.2004

The Antiracist Initiative Rostock about the demonstration this saturday in Schwerin.

The reason for this demonstration is the continuously impending deportation of the nigerian refugee activist A. A. Chukwudi. Standing up for basic rights for refugees, this is the fourth time he faces the threat of deportation. He has been living here for 11 years and is fighting vehemently against racism, fascism and inhuman arbitrariness of public authorities. Uncompromising and continuously he stands up for refugees of all countries of origin. At the moment more than 50 other persons and families in Mecklenburg-Vorpommern are facing deportation. This federal state took part in mass deportations in september, which was termed a ‘forward-looking’ act ‘against crime’ by the Hamburg authority for domestic affairs.

Let us fight their inhuman plans.
United against arbitrariness of authorities! No deportation - anywhere!


The personal background of the renewed attempts to deport Akubuo is his activity in the context of the Anti-Lager Action Tour in the summer of 2004. The Authority for Foreigners in Parchim has definitely always used discretionary powers against him. Although Mr. Chukwudi through his tireless commitment to humane living circumstances for refugees has become bothersome to some members of the authorities, he has succeeded in rousing many people. In the meantime the conditions in Mecklenburg-Vorpommern which, amongst others, Akubuo has been fighting in the past years have been improved. Examples are the extensive repeal of the voucher system or the closure of some isolated ‘jungle homes’. Critique from the persons affected has always been important for the political realization.

In the guidelines for the integration of migrants in Mecklenburg-Vorpommern adopted in January 2004, the fifth guideline reads as follows:

"The promotion of integration calls for an extensive and sustained political participation of migrants in social decision-making and development processes". This is exactly what Akubuo has been doing since he came to Germany 11 years ago.

Pro Asyl regards cases like Mr Akubuo’s (unmarried, living in Germany for more than five years) as avoidable ‘old cases’ which could finally be solved in a human and pragmatic way.

The general background for the deportation threat is the new Migration Law operative from January 1 of 2005. The authorities are trying to deport as many people as possible before the law comes into force, especially those who might have better chances of achieving residence permits. Mecklenburg-Vorpommern refused to introduce a so-called anticipation regulation, which would have granted temporary protection at least for ‘old cases’. Although this regulation has been introduced in another SPD-governed federal state (Schleswig-Holstein), in M-V everything is done to implement the law in accordance with the federal office. Thus, five additional judges at the Administrative Court in Schwerin were introduced to deal with the ‘increased number of cases’ in time. Even if this means that the legislative power and the judicature work hand in hand on a higher level of the "rule of law", the executive power makes every endeavour to realize the quickest possible discrete deportation measures.

The political context

The official refugee politics can only be described as psychological warfare that is tried out with people many of whom are severely traumatized. Currently there are about 600,000 people ‘accommodated’ in camps in Germany.

Camps that are euphemistically termed ‘departure centres’ almost exclusively supply advice for prospective emigrants. Here, the lack of rights of refugees are or will be implemented. The result will be a much higher number of ‘illegalised’ persons. Keeping in mind this as well as the advantages for the economy on grounds of the competition in the low-wage sector, the economization of migration is a capitalist survival strategy that relies on the inhuman structures of repelling the refugees. This kind of economy-system is built on war and exploitation. Already fat countries and each single person profit out of it. Accepting this, you have to accept refugees as well.

In East Germany integration concepts are currently worked out feverishly. None of them take into account migrants without a secured status. Thus, in many places more than 50% (in some places up to 100%) of the migrants are stigmatized as not having a right to integrate. They plummet into a hole of desolation and are completely abandoned and left to a population that is partly racist. They are forced to ‘live’ in isolated, partly remote refugee camps. The increasing significance of non-governmental and women-specific persecution calls for intensified cooperation concerning existential and social rights.

Independent first advice, supporting social advice for migrants and highly professional psychosocial therapy are just three essential requirements for humane refugee politics.

Solidarity through linking diverse social fights!
No camps! - For the right to choose place of residence!
Can a person be illegal? - We say No!
Right to stay for everyone! - Except for nazis!