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Multikulti, Palästinafreundschaft, Antisemitismus

Leider ist es schon lange Alltag in der deutschen Gesellschaft, dass Kritik an den Ereignissen in Israel und Palästina als Deckmantel genutzt wird, um antisemitische Vorurteile auszuleben. Das war auch am vergangenen Wochenende bei einer Veranstaltung in Rostock der Fall - und wurde sogar von der PDS-nahen Rosa-Luxemburg-Stiftung unterstützt.

26.11.2003

Folgender Artikel kam aus Rostock an.

Viele Gäste waren es nicht, die am 22. November den Weg in den Waldemarhof gefunden hatten. Dort sollten Hans-Jochen Vogel und Ibrahim Manaa laut Ankündigung über die "Sehnsucht nach Frieden", über "Religion und Fundamentalismus" berichten. Veranstalter war der Rostocker Arabisches Zelt e.V., unterstützt und finanziert wurde die Veranstaltung von der Rosa-Luxemburg-Stiftung und der PDS-Hochschulgruppe Rostock.

Vogel und Manaa kamen von der "Vereinigung der Freunde Palästinas Sachsen", und dementsprechend war auch der Raum ausgeschmückt: Vorne eine große Palästina-Flagge, hinten Tafeln mit den diversen Karten und Teilungsplänen Israels sowie Bildern von Kindern. Immer wieder Kinder. Wie sie Steine gegen Panzer werfen, mitleidig oder kindlich-unschuldig in die Kamera schauen, oder neben israelischen Soldaten stehen und, so steht es zumindest in der Bildunterschrift, bedroht werden.

Der erste Vortrag von Hans-Jochen Vogel, Pfarrer im Ruhestand aus Chemnitz, wandte sich dann aber erst einmal ganz weit weg aus dem Nahen Osten. Er berichtete über den christlichen Fundamentalismus in den USA, dessen religiöse Besonderheiten und Ursprung. Und seinen scheinbar riesigen Einfluß in den USA, deren Politik von ihm und seinen Sendungsbewußtsein bestimmt werden würde.

Es folgte eine Pause, in der es nicht nur arabische Küche gab, sondern noch mehr Kinder. Über eine aufgestellte Leinwand flimmerte wieder das Mischmasch von Kindern als Helden und Opfern des Konfliktes in Israel und Palästina.

Mit Opfern ging es dann weiter. Der Film "Jenin Jenin" wurde gezeigt, der Bewohner des Flüchtlingslagers Jenin nach einer Operation der israelischen Armee gegen Terroristen im Frühjahr 2002 interviewte. Von den Gründen und dem Ablauf des Militäreinsatzes erfuhren die Zuschauer allerdings nichts; stattdessen berichteten die Befragten über die angeblichen Gräuel der "Juden". Wie sie auf Unschuldige geschossen und Häuser abgerissen hätten. Ein zehnjähriges Mädchen berichtete stolz von den palästinensischen Märtyrern und darüber, wie sie immer weiter Widerstand gegen "die Juden" leisten würde. Wie frisch aus der Propagandaschule.

Um Tatsachen ging es in dem Bericht nicht. Kein Wort darüber, dass aus Jenin viele Selbstmordattentäter kamen und sie das Viertel in eine mit Sprengstofffallen und Minen ausgestatte Festung umgewandelt hatten. Keine Erwähnung darüber, dass Kinder mit Sprengstoff beladen oder in Krankenwagen Waffen transportiert wurden. Oder darüber, dass 23 israelische Soldaten getötet wurden. Stattdessen war die Sprache vom "Massaker" in Jenin, für das jedoch selbst eine Untersuchungskommission von Human Rights Watch "keine Anzeichen" feststellen konnte. Statt der mehreren tausend oder zumindest hundert Menschen, deren Zahl durch die Medien geisterte, starben etwas mehr als fünfzig, darunter 32 Bewaffnete oder Uniformierte, in Jenin.

Solche Fakten hatten die Referenten nicht auf Lager. Es hätte nur eine "handvoll" Extremisten in Jenin gegeben, meinte Manaa mehrmals. Auch über Selbstmordattentate auf israelische Zivilisten war von ihm und Vogel nichts zu hören. Stattdessen betonten sie immer wieder das angebliche Unrecht Israels, das ein friedliches Zusammenleben mit den Palästinensern verhindern würde. Auf kritische Nachfragen teilte Vogel mit, das ein jüdischer Staat nicht mit dem Gedanken der Demokratie vereinbar sei. Stattdessen erging er sich in deutschtümelnd-revisionistischen Gedanken darüber, dass nun die Palästinenser für die Grauen des Holocaust leiden müßten - und implizierte damit, dass aus jüdischen Opfern nun jüdische Täter geworden seien, "die" genauso schlimm sein können wie die Deutschen im Nationalsozialismus. Ein in der deutschen Gesellschaft beliebter Gedanke, der die Verantwortung am Holocaust relativiert. Auf Vorwürfe, dass der gezeigte Film üble antisemitische Propaganda bar jeder Tatsachen sei, reagierten die Referenten und der Großteil der Zuhörer wie auch auf andere Kritik mit Empörung oder Unverständnis.

Dass mit Bildern und Berichten von angeblichen Gräueltaten von Israelis über die Tränendrüse antisemitische Ressentiments geschürt werden, ist wahrlich nichts neues. Nicht akzeptabel ist jedoch, dass so etwas in einer renommierten Einrichtung wie dem Rostocker Waldemarhof geschehen kann und von der hiesigen PDS und der Rosa-Luxemburg-Stiftung unterstützt wird. Zudem stellt es die Bemühungen des Arabisches Zelt e.V. um die Vorstellung und Akzeptanz arabischer Kultur in ein neues Licht, wenn der Verein Veranstaltungen dieser Art organisiert und unkritisch begleitet.