links-lang fetzt!

11.03.2002
Zielsichere Wasserwerfer - Schlamperei bei Neubrandenburg-Aufarbeitung?

Ein Artikel aus dem Nordkurier für Neubrandenburg vom 7. März über die immer noch nicht abgeschlossene Nachbereitung der Polizeiübergriffe gegen AntifaschistInnen am 14. Juli des vergangenen Jahres.

PDS-Abgeordneter will "Vertuschung" aufdecken - Schädel verlangt Klärung des umstrittenen Polizeieinsatzes bei Demo gegen NPD

Die nächste Konfrontation kündigt sich schon an, noch bevor die vom vergangenen Jahr aufgearbeitet ist: Am 23. März will die rechtsextreme NPD wieder in der Viertorestadt aufmarschieren und wieder sollen sie auf eine Gegen-Demonstration treffen. Mitorganisator Monty Schädel, PDS-Landtagsabgeordneter, schwant nichts Gutes. Er, der wie seine Abgeordnetengenossin Caterina Muth noch wegen der Gegendemo vom 14. Juli vorigen Jahres unter dem Verdacht des Landfriedensbruchs steht, wirft jetzt dem Innenministerium vor, die wahren Hintergründe des damaligen umstrittenen Polizeieinsatzes zu vertuschen.

Auch polizeiintern war der Einsatz als überzogen beurteilt worden. Doch weil Innenminister Gottfried Timm (SPD) ihn sofort uneingeschränkt gerechtfertigt hatte, sah man nach Nordkurier-Informationen keine gesichtswahrende Möglichkeit mehr zur kritischen Aufarbeitung. Schädel nutzte nun sein Abgeordneten-Privileg der Kleinen Anfrage, um Aufklärung zu erlangen über Motive und Hintergründe des polizeilichen Vorgehens. Die Antwort hat ihn überrascht: So diente laut Ministerium die unter Wasserwerfereinsatz vollzogene Räumung der Kreuzung Neustrelitzer/Clara-Zetkin-Straße der "zielgerichteten Festnahme von Tatverdächtigen, die zuvor beim Begehen von Straftaten beobachtet worden waren". Dabei sei das Abdrängen unbescholtener Demonstranten unvermeidbar gewesen, aber "in keinem Fall waren Ordner betroffen."

Schädel dagegen meint, in einem Polizeivideo klar gesehen und gehört zu haben, wie der Gruppenführer anwies, "egal wer" sei zu verhaften. Auch das "deutlich erkennbare willkürliche Umreißen der Demonstranten und der von hinten erfolgte Überfall auf die als Ordnerin gekennzeichnete Caterina Muth" stehe im Widerspruch zu den Aussagen des Ministeriums, kritisiert Schädel. "Ich frage mich, ob hier einem Abgeordneten aus Unwissenheit oder mit Vorsatz die Unwahrheit gesagt wurde."

Verantwortung feststellen

Dass ein Mitglied einer Koalitionsfraktion die eigene Regierung angreift, findet zwar auch Schädel ungewöhnlich. "Aber es ist ja auch nicht üblich, dass Koalitionsabgeordnet e von Wasserwerfern beschossen werden." Er betreibe die Aufklärung zum Teil in Vorbereitung seines Prozesses, räumt Schädel ein. "Wichtiger ist mir aber die Feststellung der Verantwortlichkeiten, damit bei kommenden Ereignissen die Polizei nicht wieder aus Überforderung unangemessen reagiert." Bemühungen, den Protest still und passiv zu gestalten, um Konfrontationen zu vermeiden, hält Schädel für abwegig: "Lichterketten reichen längst nicht mehr aus. Den Rechten muss deutlich werden: Unsere Köpfe und Straßen bekommt ihr nicht."