links-lang fetzt!

Nazi-Aufmarsch in Wolgast

zuletzt aktualisiert am 09.01.2002

Jung-Nazis...
Karte von Wolgast, 157 KB Sonnabend, den 12. Januar, hat die von der NPD angeleitete "Schülerinitiative für freie Meinungsäußerung und -bildung" zu einer Demo in Wolgast aufgerufen. Geht es nach den Jungnazis, so ist der Aufmarsch Teil der landesweiten Ausdehnung ihrer Bestrebungen, an Schulen Jugendliche für ihr rechtes Gedankengut zu gewinnen. Bis auf Greifswald, wo unregelmäßig Infostände und Demos der Initiative stattfinden, waren die Versuche bisher jedoch vergeblich - Ableger in Waren-Müritz und auf Usedom haben bis auf ein paar verteile Exemplare der eigenen Zeitung "Sprachrohr" nix zustande gebracht.

Die NPD versucht schon seit einiger Zeit von Greifswald aus, in Wolgast Fuß zu fassen. Am 14. August 2001 etwa veranstaltete sie einen Infostand, der jedoch mit nur vier Besuchern spärliche Resonanz fand. Wolgast liegt auch im Einflußbereich der neonazistischen Kameradschaftsszene Usedoms, die zu erwartenderweise mit der NPD-Klientel aus Greifswald und Stralsund das Gros der Faschos stellen wird.

...alt aussehen lassen!
Die PDS-Landrätin von Ostvorpommern, Barbara Syrbe, hat die Schirmherrschaft über die Gegenveranstaltung übernommen, die Stadt selber hatte wie üblich in McPomm kein Interesse an Aktivitäten gegen Rechts.
Von 10 bis 14 Uhr, dem selben Zeitraum, den die Nazis für ihre Demo beanspruchen, wird bei der Hufelandstraße am Rondell vor dem Finanzamt ein Straßenfest stattfinden. Neben verschiedensten Angeboten wird eine Schülerband aus der Region auftreten und der Film "Der gewöhnliche Faschismus" gezeigt, wird in Runden diskutiert und werden ab 10.30 Uhr VertreterInnen des Bündnis gegen Rechts Greifswald, von Bunt statt Braun Anklam sowie Angela Marquardt, PDS-Bundestagsabgeordnete, und Barbara Syrbe RednerInnen einer Kundgebung sein.
Die Schüler gegen Rechts mobilisieren nicht zu den Gegenaktionen. In einer Mitteilung auf ihrer Homepage vermuten sie, daß die Demo aufgrund der momentanen Schwäche der Neonazi-Szene Greifswald zu einer traurigen Veranstaltung werden wird. "Und die Schüler gegen Rechts wollen diese Trauerfeierlichkeiten nun wirklich nicht stören."

rechte Route
In Absprache mit der Polizei hat der Präventionsrat "erreicht", daß die Schülerinitiative nicht an der Gegenveranstaltung vorbeimarschiert. Sie werden dafür fast alle Straßen des Plattenbauviertels Wolgast Nord ablatschen und sicherlich auch den Weg vom Hauptbahnhof und zurück für eine Demo nutzen. Nähere Infos auf der Karte (157 KB).
Es werden maximal 100 Nazis erwartet, die Veranstalter der Gegenaktion rechnen mit etwa 150 AntifaschistInnen.

Hintergründe
Die "Schülerinitiative für freie Meinungsäußerung und -bildung" hat sich unter Anleitung der NPD Anfang vergangenen Jahres etwa zeitgleich mit einer rechten Bürgerinitiative in Greifswald gegründet. Caroline Beetz und Hannes Gerlach propagierten von da an für ihr Ziehväter Maik Spiegelmacher, NPD-Chef der Region, und Axel Möller, Macher des stoertebeker.nets, Revisionismus und Ausländerfeindlichkeit unter dem Deckmantel der Meinungsfreiheit. Die Initiative redete faschistische Verbrechen im Konzentrationslager Ravensbrück klein, wollte die DDR mehr als das Dritte Reich im Unterricht behandelt wissen und schlachtete Maßnahmen gegen Rechtsextremismus an den Schulen nach typischen Verschwörungsmustern aus.
Am 2. Juni dann führte die Initiative eine Demo "für den Erhalt von Schulen" mit Nazis der Region durch, bei der neben Gerlach auch Robert Rupprecht aus Stralsund auftrat. Im Anschluß führte die NPD ein Kinderfest durch. Zum Beginn des Schuljahres dann brachten die Jungnazis eine Zeitung für Schüler heraus, das "Sprachrohr". Oberflächliche Informationen werden in dem Heftchen mit Polemik gegen die üblichen Feinde der rechten Szene angereichert. Wenige Monate später folgte die zweite Ausgabe, die angeblich in einer Auflage von 1000 Stück unter die Leute ging.
Der 6. Oktober bescherte Greifswald wieder eine Demo der Schülerinitiative, die von knapp 50 dem Rechtsextremismus zuzuordnenden Menschen besucht wurde. Ein NPD-Drachenfest am Nachmittag lockte nur 40 Kinder an - etwa 300 Leute zogen es vor, ein antifaschistisches Kinderfest zu besuchen.
Mit weniger Gegenwehr müssen die Jungnazis bei ihren Infoständen rechnen. Unregelmäßig führen sie sie vor Schulen oder in Wohngebieten durch und verteilen ihre Propaganda.
Ableger der Initiative in Waren-Müritz und auf Usedom blieben bislang bedeutungslos. Konnten Lehrer auf Usedom noch ein paar Ausgaben des "Sprachrohrs" sichten, gelang ihnen nicht einmal dies in Waren. Eine Auszubildendeninitiative in Stralsund machte wie der Nationaldemokratische Hochschulbund der NPD in Greifswald nicht von sich reden.

Mit dem Streit zwischen Maik Spiegelmacher und Axel Möller im September, bei dem sich die NPD und ihr Umfeld von Möller lossagte, ist der Partei ein gewisses geistiges Potential verlorengegangen - Möller agitierte erkennbar geschickter und ortographisch richtiger als seine ehemaligen Kameraden. Mit einer neunmonatigen Haftstrafe ist nun auch Spiegelmacher erst einmal weg vom Fenster.
Nun wird es für den Rest der NPD-Szene und damit auch die Schülerinitiative darauf ankommen, selbständig zu arbeiten. Berücksichtigt mensch das Potential des rechtes Nachwuchs' und die übliche Bereitschaft von Jugendlichen zum Engagement, kann die Initiative bald Geschichte sein, wenn nun potentielle Interessenten abgehalten oder über die Nazis aufgeklärt und die jetzigen Macher demoralisiert werden. Die Demo in Wolgast bietet sich an...

Weitere interessante Infos über die greifswalder Faschos sind unter Likedeeler online zu finden.