links-lang fetzt!

30.01.2002
Menschenrechte nur für Deutsche?


Ein Interview aus der jungen welt vom 22. Januar, das ein bezeichnendes Licht auf die Politiker des Landes wirft.

jW sprach mit Siegfried Friese (SPD), Vorsitzender des Innenausschusses des Landtags von Mecklenburg-Vorpommern

F: Am Donnerstag mußte in Ihrem Bundesland erstmalig in der Geschichte der Bundesrepublik ein Flüchtling eine Haftstrafe antreten, weil er wiederholt gegen die Residenzpflicht verstoßen hatte, das heißt er hatte den ihm zugewiesenen Landkreis ohne Erlaubnis verlassen. Wie stellt sich die Regierungspartei SPD dazu?

Wir haben die Residenzpflicht beibehalten, weil wir nicht wollen, daß die Asylbewerber sich an einigen wenigen Stellen im Land konzentrieren. Sie wollen gerne in die Großstädte, und wir haben dann das Problem, daß durch eine Konzentration von Asylbewerbern Integration nicht gefördert wird, sondern Widerstände in der deutschen Bevölkerung aufgebaut werden. Deshalb sagen wir, wir wollen lieber die Asylbewerber gleichmäßig über das Land verteilen. Wenn sie in kleineren Einheiten wohnen, ist es für die deutsche Bevölkerung leichter, mit diesen Fremden umzugehen - und das wollen wir ja fördern. Deshalb sagt die hiesige SPD-Fraktion, die Residenzpflicht soll nicht aufgehoben werden.

F: Die Ausländer machen Ihnen also Probleme, wenn sie das Recht auf Freizügigkeit genießen, wie es zum Beispiel Ihr Koalitionspartner fordert?

Die fahren natürlich alle in die Zentren, da fühlt man sich als Ausländer am wohlsten, und das wollen wir nicht – auch aus den Erfahrungen von Rostock-Lichtenhagen 1991. Wir sind ja noch nicht so weit, wie in den westlichen Bundesländern, wo sie schon jahrelang Ausländer kennen. In Mecklenburg-Vorpommern haben wir, wenn man so will, ein Ausländerproblem, ohne daß wir viele Ausländer haben. Wir wollen keine Brennpunkte schaffen, wo Ausländer ein Problem für ihre Umwelt werden.

F: Das UN-Flüchtlingshilfswerk hat kritisiert, daß die Menschenrechte durch Residenzpflicht und Arbeitsverbot verletzt werden.

Das die Asylbewerber nicht arbeiten dürfen, ist in der Tat ein Mangel, aber da stehen Bundesgesetze dagegen. Allerdings können Asylbewerber und geduldete Ausländer nach einjähriger Wartezeit eine Arbeitserlaubnis beantragen.
Wenn man Integration will, muß man Bedingungen schaffen, mit denen sowohl die Asylsuchenden als auch die deutsche Bevölkerung zu recht kommen. Natürlich unterliegt jeder, der Asyl sucht bei uns, gewissen Einschränkungen. Das ist nun mal so. Ich finde das aber auch in Ordnung, weil wir ansonsten in der deutschen Bevölkerung eine Stimmung erzeugen, die den Gedanken des Asylbegehrens abträglich ist. Konservative Kräfte in Deutschland warten nur darauf, daß es immer wieder mal zu unerträglichen Zuständen kommt, damit sie dann das gesamte Problem Asylbewerber in Deutschland erledigen können. Wir wollen aber das Asylrecht als ein Menschenrecht schützen und sagen deshalb, daß es uns nur gelingt, wenn wir die Menschen auf der Straße mitnehmen, wenn sie also ein vernünftiges Verhältnis zu den Ausländern bekommen.

F: Sie meinen also nicht, daß die Menschenrechte der Flüchtlinge verletzt werden?

Nein, ich glaube in der Tat, daß die Regelung, die wir mit der Residenzpflicht getroffen haben, eine gute Lösung ist. Alles andere würde zu unbeherrschbaren Zuständen führen, die nicht im Interesse der Asylsuchenden sind. Sie sind nun mal Asylsuchende, sie sind keine freien Bürger in einem freien Land, wie wir.