links-lang fetzt!

"Den Volkstänzern ein Bein stellen!"

Am 1. Mai werden die Neonazis in Neubrandenburg ihren Protest gegen den G8 proben. Die Mobilisierung zur antifaschistischen Bündnis-Demo geht derweil in die heiße Phase.

29.04.2007

Aufruf zu Gegenaktivitäten
Aufruf gegen die Nazis, 568 KB
Antifa-Flyer
Antifa-Flyer, 266 KB
Antifa-Plakat
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Stadtplan mit Routen
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Erst kürzlich hat die ultra-rechte NPD mit einem bundesweiten Aktionstag die rechtsextreme Antiglobalisierungs-Kampagne "Gib8!" eingeläutet. In zahlreichen Städten Mecklenburg-Vorpommerns warteten Neonazis mit Infoständen auf und unterbreiteten den Passanten in gutbürgerlicher Manier ihre menschenverachtende Propaganda vom "nationalen Sozialismus". Auf ihren Internetseiten begutachtete und träumte die rechtsextreme Partei im Nachhinein von einer Aktion in der Landeshauptstadt Schwerin euphorisch: "Als (...) Udo Pastörs kommt, ist die Begeisterung der Schweriner übergroß, denn sie kennen ihn noch aus dem Wahlkampf."

"Gib8" vor Neonazis und ihrer Propaganda

Die Bürgerinnen und Bürger der Stadt Neubrandenburg hatten bisher noch nicht die "Ehre", den Nazi-Kader und Fraktionsvorsitzenden der NPD im Landtag von Mecklenburg-Vorpommern persönlich kennen zu lernen. Zum Ärgernis seiner Kameraden, blieb "Juwel-Uwe" aus Lübtheen nämlich den "Mai-Feierlichkeiten" im vergangenen Jahr fern. Nun will er es noch einmal wissen und hat sich, neben Michael Gielnik - Kameradschaftskader des "Sozialen und Nationalen Bündnis Pommern" (SNBP) und parlamentarischer Landtagsmitarbeiter - als Hauptredner für den 1. Mai in Neubrandenburg angekündigt. Im Schulterschluss mit "freien" Kameradschaften, wird die NPD unter dem Motto "Sozial statt Global! Wir fordern Arbeit im eigenen Land" durch den nördlichen Teil der Stadt Neubrandenburg ziehen und von dort aus, nach eigenem Bekunden, "den Auftakt zu den nationalistischen Protesten gegen den G-8-Gipfel einläuten." Für etwa 300 Kameraden hat Enrico Hamisch aus Bansin die Demonstration angemeldet und - als wäre die Zeit stehen geblieben - führt der Aufmarsch durch dieselben Straßen wie im Vorjahr. Sofern er pünktlich um 12 Uhr auf seine Gesinnungsbrüder am Bahnhof trifft, hat Spitzenrhetoriker Pastörs seine Chance wohl noch nicht vertan, "flotte Sprüche" gegen Globalisierung und "zionistischen One-World-Terror" unters Volk zu mischen. Ein viel versprechendes "Highlight" der Inszenierung dürfte auch die zu erwartende Trommelgruppe sein, die entsprechend der erteilten Auflagen, aus nicht mehr als 6 Demonstrationsteilnehmer/innen bestehen und weder im gleichen Takt gehen, noch einheitlich schlagen darf.

Quo vadis, Neubrandenburg?

Auch wenn der aktuelle Versuch der Nazis, ihre Ideologie als vermeintliche Lösung für soziale Probleme anzubieten, auch in Neubrandenburg nicht mehr neu und sich in eine Vielzahl von Andockversuchen bei Protesten gegen Sozialabbau, durch die Wahlkampfrhetorik der NPD und zahlreiche Propagandadelikte in den sozialen Brennpunkten der Stadt einreiht, konnten Neonazis ihre Aktivitäten in der "Hochburg des antideutschen Pöbels" kontinuierlich steigern und trafen dabei auf immer weniger Widerstand.

Seitdem jedoch die geplanten neonazistischen Umtriebe für den 1. Mai in der Vier-Tore-Stadt bekannt wurden, haben sich zahlreiche Neubrandenburger Vereine und Initiativen, Gewerkschaften und Parteien, sowie ein überregionales Bündnis von antifaschistischen Gruppen aus Mecklenburg-Vorpommern, Berlin und Brandenburg um die Organisation der Gegenaktivitäten bemüht. So verschieden die einzelnen Institutionen, so vielseitig die Aktionen: Im Anschluss an eine Bündnis-Demonstration wird es ab 11 Uhr eine DGB-Kundgebung am Reitbahnsee geben, an die sich das Kabarett der "Gesellschaft der Liebhaber des Theaters" anschließt. Für 11.45 Uhr ist auf dem Gelände der "Arche N", dem soziokulturellen Zentrum der Stadt, eine öffentliche Andacht der evangelischen Kirche mit Pastor Fritz Rabe geplant. Aus dem Neubrandenburger Lokalradio "NB-Radiotreff 88,0" werden ab 12 Uhr lateinamerikanische Klänge ertönen, die zum lautstarken Protest anregen sollen.

Von politischer Gewalt und "gewaltiger" Politik

Das "Unrecht in Gestalt des Oberbürgermeisters" Dr. Paul Krüger, so die NPD, hatte es sich zunächst erdreistet den geplanten Neonazi-Aufmarsch zu untersagen. Eigentlich kein neues Prozedere und so war schon im Vorfeld abzusehen, dass die Verbotsverfügung vor dem Verwaltungsgericht Greifswald nicht standhalten wird. Es besteht "keine hinreichende Wahrscheinlichkeit (...), dass tatsächlich Gefahren für die öffentliche Sicherheit und Ordnung zu befürchten sind," heißt es vom hohen Gericht zur Begründung. Auf dem rechtsextremen Web-Portal "Altermedia" geben sich Neonazis hingegen selbstbewusst und drohen offen mit Gewalt: "Haben die Zecken aus Wismar nichts gelernt, dass sie sich in Neubrandenburg wieder zu einer Gegendemo auf die Straße trauen? Wir werden sie gebührend empfangen! Anti-Antifa heißt Angriff!" Auch die Ostsee-Zeitung fragte sich unlängst "Werden wieder Stahlgeschosse fliegen?", doch auch bei aller Vorsicht, wäre dies ganz sicher kein guter Grund zu Hause zu bleiben.

In einem Aufruf der Landtagspräsidentin Sylvia Brettschneider heißt es: "Lassen Sie uns gemeinsam zeigen, dass Rechtsextremismus, Intoleranz und Ausländerfeindlichkeit in unserer Gesellschaft keinen Platz finden dürfen." Anstatt die Neubrandenburger ebenso zur Teilnahme an den zahlreichen Gegenaktivitäten zu ermuntern, hüllt sich der Oberbürgermeister der Stadt seither in Schweigen. In der Vergangenheit nutzte er ähnliche Aktivitäten von Neonazis auch schon als Anlass um in den Urlaub zu fahren. Stadtsprecher Rainer Nuklies gab sich unterdessen doch recht kämpferisch und verkündete: "(..) alle Fraktionen und der Oberbürgermeister (rufen) zu friedlichem und entschlossenem Widerstand auf!" Das Stadtparlament hatte zuvor eine überparteiliche Resolution verabschiedet, in der es nach Angaben der Lokalpresse heißt: "(..) man unterstütze alle Schritte zur Verhinderung oder Eingrenzung des Aufmarsches."

"Freund & Helfer": Manfred Dachner und die Neubrandenburger Polizeidirektion

Allerlei Verständnis wird den Bürger_innen der Stadt Neubrandenburg von der örtlichen Polizeidirektion abverlangt. Diese sollen im Vorfeld mit Handzetteln auf den planstabsmäßig geplanten Polizeieinsatz, einhergehend mit Verkehrseinschränkungen, ganztägigen Lärm durch einen Polizeihubschrauber und etwaige Personenkontrollen, vorbereitet werden. "Distanzieren Sie sich von Gewalttätern und nehmen Sie Ihr Recht auf freie Meinungsäußerung friedlich in Anspruch. Schützen Sie Ihr Eigentum und informieren Sie die Polizei bei auftretenden Problemen", fordert die Staatsgewalt in einer Pressemitteilung. Mit über 500 Beamten will die Polizei in Neubrandenburg im Einsatz sein. Ein Bürgertelefon soll ab 8 Uhr bis zum Ende der "Veranstaltung" den Kontakt zu wütenden Anwohnern halten.

Polizeidirektionsleiter Manfred Dachner hat am 1. Mai wieder den Hut auf, plant gegen Gewalttäter konsequent vorzugehen und erklärte der Presse "Überreaktionen der verschiedenen politischen Kräfte" durch ruhiges Auftreten entgegenwirken zu wollen. Wie das in der Realität aussieht, haben "Dachner & Co." mehrfach bewiesen. Bei zurückliegenden Aufmärschen von Rechtsextremisten hatte sich die Polizei durch überzogenes Vorgehen bzw. brutale Einsätze hervorgetan und Wasserwerfer und Knüppel gegen unliebsame Proteste von Bürgern und vielen Neubrandenburger Jugendlichen eingesetzt.

Es ist kein Geheimnis, dass die aktuellen Warnungen der Polizei vor gewaltbereiten Krawallmachern und Sachbeschädigungen reine Panikmache sind und jeglicher Grundlage entbehren. Die Androhungen dienen vor allem dem Zweck, Aktivitäten gegen den Nazi-Aufmarsch zu kriminalisieren und Verunsicherung bzw. Angst bei Anwohnern zu stiften, vom Demonstrationsrecht Gebrauch zu machen. Die Polizei ist mit dem Konzept, eine Entsolidarisierung unter den verschiedenen politischen Akteuren und ihren geplanten Gegenaktivitäten zu erwirken, bis dato gnadenlos gescheitert. Antifaschismus ist nicht kriminell, sondern angesichts einer erstarkten Rechten und hinsichtlich des Einzuges der NPD in den Landtag von Mecklenburg-Vorpommern nötiger denn je.

Komm! Mach mit! Das ist der Hit!

Der bunte "Antifascist Action Day" unter dem Motto "Let there be Rock! Den Volkstänzern ein Bein stellen", beginnt gegen 9 Uhr am Neubrandenburger Rathaus. Nach der Eröffnungskundgebung soll von dort aus - pünktlich um 10 Uhr - eine entschlossene Bündnis-Demonstration gegen den NPD-Aufmarsch starten.

Infos

Antifa-Infotelefon: 0178 - 190 99 82
Ermittlungsausschuss: 0176 - 65 764 701

Zugabfahrtszeiten: *Berlin: Treffpunkt: 07.30 Uhr // Berlin Gesundbrunnen; Abfahrt 07:46 Uhr // Gleis 9
*Rostock: Treffpunkt: 06.45 Uhr // Hauptbahnhof; Abfahrt: 07.14 Uhr // Gleis 1

Links

"Nazidemo sabotieren!"
Sonderseite gegen die Nazi-Demo
http://www.1mai-neubrandenburg.tk

"Let there be rock! Den Volkstänzern ein Bein stellen!"
Jingle gegen die Nazi-Demo
http://www.links-lang.de/0704/14.mp3

Generalprobe für Neonazi-Aktivitäten gegen G8
Artikel auf indymedia vom 27.04.2007
http://de.indymedia.org/2007/04/173949.shtml

Verbot gegen NPD-Aufmarsch in NB aufgehoben
Artikel auf indymedia vom 18.04.2007
http://de.indymedia.org/2007/04/173332.shtml

NPD-Aufmarsch am 1. Mai in Neubrandenburg
Artikel auf indymedia vom 13.04.2007
http://de.indymedia.org/2007/04/172972.shtml