links-lang fetzt!

Kein Vergeben, kein Vergessen

Transparentaktion von Rostocker Antifaschist/innen zum 11. Jahrestag der Pogrome von Rostock-Lichtenhagen

25.08.2003

Folgende Pressemitteilung kam heute an.

Transpi vor dem Rathaus, 640x411, 234 KB
640x340, 148 KB
Am Sonntag, dem 24.August 2003 jährten sich die rassistischen Pogrome gegen die Zentrale Aufnahmestelle für AsylbewerberInnen und ein von vietnamesischen Menschen bewohntes Haus in Rostock-Lichtenhagen zum elften Mal.

Im August 1992 griffen mehrere hundert Neonazis unterstützt, beklatscht und bejubelt von tausenden Rostocker Bürgern und Bürgerinnen die Häuser in der Mecklenburger Allee über mehrere Tage an und setzten diese schließlich in Brand. Die sich zu dieser Zeit noch im Haus aufhaltenden Menschen konnten dem Feuer nur knapp über die Dächer entkommen.

Das Pogrom steht für die sich damals wieder neu formierende mehrfache Gewalt- und Tötungsbereitschaft von Neonazis und rechten Jugendlichen sowie für die kollektive Zustimmung weiter Teile der Bevölkerung zur gewalttätigen Lösung von rassistisch herbeihalluzinierten Problemen.

Rostock-Lichtenhagen war darüber hinaus trauriger Höhepunkt in den fremdenfeindlichen Debatten um die Verschärfung der Asylgesetzgebung in der Bundesrepublik Deutschland. Die rassistische Hetze der BürgerInnen Rostocks und der Nazis wurde u.a. zum Anlass genommen, den Artikel 16 des Grundgesetzes zu streichen und damit faktisch das Recht auf Asyl abzuschaffen. Damit ist ein unvergleichbares Beispiel in der deutschen Nachkriegszeit entstanden, in dem bürgerliche, fremdenfeindliche, rassistische Hetze gepaart mit neonazistischer Gewalt und Zerstörung als legitimes Mittel zur Durchsetzung bzw. Einflussnahme politischer Ziele auf parlamentarischer Ebene akzeptiert und benutzt wurde. Diese Tatsache ist als Verletzung aller demokratischen Ideen und Prinzipien zu verstehen.

Wir haben am Morgen des 25. August 2003 am Rostocker Rathaus ein Transparent mit der Aufschrift "LICHTENHAGEN 1992-2003, Rassisten mit 'weltoffenem' image angreifen, KEIN VERGEBEN - KEIN VERGESSEN" angebracht. Damit versuchten wir, eindeutig gegen die Tendenz Position zu beziehen, diese Geschehnisse im stadt-, wirtschafts- und tourismuspolitischen Interesse aus dem öffentlichen Diskurs zu streichen. Die Ursachen und Auswirkungen der Pogrome sind noch lange nicht aufgearbeitet, um diese nach den "Feierlichkeiten zum 10. friedlichen Jahrestag 2002!!!" und im Taumel der Großprojekte IGA (Internationale Gartenausstellung 2003) und Olympia (2012) untergehen zu lassen.

Es gibt KEIN weltoffenes Rostock, gestellt für die Außenwelt, eingespielt für die internationale Öffentlichkeit, für InvestorInnen und TouristInnen und das Internationale Olympische Komitee (IOC)!

Es gibt ein Rostock inclusive aller typischen gesellschaftlichen (deutschen!!!) Erscheinungen, Werten und Tugenden.

Es gibt die Angst vor Fremdem, es gibt Vorurteile, es gibt das konstruierte völkisch, deutsche (Rostocker) Kollektiv in das "Bettler, alles Fremde, Sozialschmarotzer, Asylbewerber, ..." nicht passen.

Es gibt fremdenfeindliche, rassistische, antisemitische Äußerungen an den Stammtischen, zum Frühstück, in der Schule, in der Firma, in der Straßenbahn, auf dem Amt und...

Es gibt die Unterteilung in nützliche AusländerInnen und solche, die dem Volk bzw. den vermeintlichen Angehörigen dieser Volksgemeinschaft auf der Tasche liegen.

Es gibt Neonazis, Kameradschaften, die NPD und fremdenfeindliche, ausgrenzende Schmutzkampagnen etablierter Parteien.

Es gibt Übergriffe auf Andersdenkende, Andersaussehende, Nicht-Deutsche, Flüchtlinge, Homosexuelle, Obdachlose und beeinträchtigte Menschen.

Es gibt KEIN friedliches Miteinander! Keine 10, 11 oder 20 Jahre! Es gibt KEIN Rostock ohne Lichtenhagen!!!

Antifaschistische Gruppen Rostock